VC Magazin: Gibt es Unterschiede zwischen Entrepreneuren in China und in Deutschland?
Kübler: Chinesische Gründer sind deutlich hungriger und aggressiver, deutsche Gründer sind aber professioneller beim Auftreten, weil sie oft von etablierten Business Schools oder aus der Unternehmensberatung stammen.
Yang: Es gibt in China extrem viele Menschen, die sehr unternehmerisch denken und der chinesische Bill Gates werden wollen. Sie arbeiten sehr hart, um reich und erfolgreich zu sein. Auf der anderen Seite fehlt das Risikokapital für die frühe Phase, es gibt bisher nur eine Handvoll aktiver Business Angel wie in Europa oder den USA – Wachstums- und Pre-IPO-Finanzierungen sind besser aufgestellt. Dazu kommt, dass der überwiegende Teil der VC-Investoren aus dem Investment Banking kommt. Ihnen fehlt oftmals das unternehmerische Verständnis für die frühe Phase.
VC Magazin: Die hiesigen Venture Capital-Investoren habe ihre Lektionen nach dem Platzen der Internetblase auf die harte Tour gelernt. Sind die chinesischen Investoren in ihrer jungen Geschichte durch ein ähnliches Fegefeuer gegangen?
Yang: Auch sie mussten 2001 ihre Bewährungsprobe ablegen. Die wenigen Investoren, die es damals gab, haben aber alle überlebt. Derzeit stehen sie wieder vor großen Herausforderungen, haben aber zumeist noch Kapital zum investieren. Sie müssen jetzt zeigen, wie sie ihre finanzierten Unternehmen erfolgreich durch die Wirtschaftskrise manövrieren und gleichzeitig neue Shooting-Stars aus der Vielzahl der Startups auswählen können.
Kübler: China ist weiterhin ein interessanter Wachstumsmarkt, zudem ist die Burn-Rate der Unternehmen niedriger und die Überlebenschancen somit höher. Es gibt aber auch ausreichend „Stupid Money“, an Geld fehlt es in China nicht, sondern an Smart Money und aktiven Business Angels.
VC Magazin: Wie kommt eine Unternehmensbewertung zustande, und auf welche Aspekte legen chinesische Investoren in Verträgen wert?
Yang: Bei der Unternehmensbewertung gibt es keinen Standard, es kommt vor allem auf die Erfahrung des Investors und der Unternehmer an. Auch in China gibt es Diskussionen um die Bewertung, zumal die gezahlten Bewertungen im VC-Bereich recht hoch sind. Wir werden uns mit den Gründern aber immer einig, zum Beispiel indem wir mit Meilensteinen und erfolgsabhängigen Bewertungen arbeiten. Zudem sind den Unternehmen meist das Netzwerk und die aktive Unterstützung wichtiger als nur das Geld.
Kübler: Es gibt kaum Unterschiede zwischen den USA, Europa und Asien. Aus unserer Sicht dürfen Verträge nicht zu komplex sein, weil das gerade junge Unternehmen behindert. Verträge müssen aber auch fair sein. Optionsscheine bieten hier einen gewissen Spielraum. Anders als in Deutschland bestehen wir in China immer auf einen Sitz im Aufsichtsrat, auf der einen Seite, um die Unternehmen noch besser unterstützen zu können, auf der anderen Seite aber auch, um näher an den Gründern dran zu sein. Meist übernimmt diese Rolle ein befreundeter Business Angel von uns.
VC Magazin: Gibt es nennenswerte Unterschiede zwischen den Gründern aus den unterschiedlichen Regionen Chinas?
Yang: Zwischen den Regionen unterscheiden sich die Charaktere auf jeden Fall, oftmals auch zwischen den einzelnen Provinzen. Im Kern sind die Gründer aus dem Süden sehr detailorientiert, geerdet, gehen Schritt für Schritt vor und schätzen Transparenz. Nördliche Gründer dagegen legen einen besonderen Fokus auf strategische Fragen.
VC Magazin: Welche Sektoren bzw. Themen sind derzeit beliebt?
Yang: Wie in Europa und den USA sind Internet, E-Commerce, Gaming und Mobile populär. Steigendes Interesse hat in der jüngeren Vergangenheit der Bereich erneuerbare Energien erlebt. China gilt nicht mehr nur als Werkbank der Welt, und die Regierung unterstützt auch stark die technologische Entwicklung, z. B. im Cleantech-Bereich. Dies eröffnet interessante Chancen. Bei einer Bevölkerung von 1,3 Mrd. Menschen ist außerdem Healthcare ein Wachstumsmarkt, der staatliche Aufmerksamkeit genießt.
Kübler: Spannende Bereiche in China sind zudem noch Education, insbesondere für Kinder und Jugendliche. Aber auch der Retail- und Foodbereich bietet noch Opportunitäten.
VC Magazin: Was hat Serial Entrepreneurs aus China und den Schweizer Business Angel Mountain Partners zu dem Gemeinschaftsprojekt Taishan zusammengeführt?
Kübler: In China sind Kontakte und Kapital in großer Zahl vorhanden, der Business Angel-Markt ist aber noch sehr unterentwickelt. Als erster institutionalisierter Business Angel in Europa haben wir eine Infrastruktur bzw. eine Plattform für Business Angels etabliert und damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Plattform und die gesammelten Erfahrungen geben wir gerne unseren chinesischen Partnern weiter. Für uns war es wichtig, renommierte und sehr erfahrene Unternehmer wie Raymond Yang zu treffen und Taishan gleich als einen der wichtigsten Namen in diesem Bereich zu etablieren.
Yang: Als ich zum ersten Mal das Team von Mountain Partners getroffen habe, hat es gleich Klick gemacht. Wenn Unternehmer aufeinander treffen, spielt es meiner Meinung nach keine Rolle, ob sie aus unterschiedlichen Ländern oder Kulturen kommen. Wir teilen gleiche Ansichten und glauben sowohl an Business Angels und Wachstumsregionen für die nächsten Jahrzehnte als auch einen Transfer von Know-how, Kapital und Idee.
VC Magazin: Das Team hinter Taishan stammt aus dem Internetumfeld. Liegt darauf auch der Investmentfokus?
Yang: Die führenden Köpfe stammen zwar aus dem Bereich, aber wir verstehen uns als umfassende Plattform für Business Angel-Investments. Einige unserer Partner haben schon in sehr traditionelle Geschäftsmodelle wie Restaurants oder Produktionskonzerne investiert.
Kübler: Wir investieren bevorzugt in Unternehmen, denen wir mit unserer Expertise weiterhelfen können und bei denen bereits 500.000 Euro ausreichen, um einen großen Wachstumshebel zu erzielen. Der Sektor ist dann zweitrangig, Schwerpunkt sind aber sicherlich die eben genannten Wachstumsbereiche.
VC Magazin: Sie befinden sich noch im Fundraising. Von wem soll wie viel Geld eingesammelt werden?
Kübler: Wir zielen nicht auf die ganz großen Summen ab, da wir sonst in typische VC-Regionen vorstoßen. Wir streben zwischen 20 und 40 Mio. CHF an, die von Geldgebern aus Europa, Arabien und Asien stammen. Was ganz wichtig ist: Die Investoren sollten Interesse an bzw. eine Verbindung zu China haben, entweder als Privatperson oder aber auch als strategischer Investor, für den wir vor Ort in China agieren. Mit dem Shanghai-Pudong Software Park, einem staatlichen Inkubator, beteiligt sich auch die öffentliche Hand. Außerdem haben wir als Management eigene Mittel in deutlichem Umfang investiert.
VC Magazin: Was ist von Ihnen in den kommenden Monaten zu erwarten?
Kübler: In diesem Jahr liegt der Fokus noch auf dem Fundraising. Innerhalb von drei bis vier Jahren wollen wir zwischen 50 und 100 Start-ups finanzieren.
Yang: Wir haben uns in kurzer Zeit schon einen respektablen Status aufgebaut. Viele Gründer kommen auf uns zu, und der Dealflow ist bemerkenswert hoch. Außerdem reichen VC-Investoren Anfragen an uns weiter, wenn ihnen das Unternehmen noch nicht reif genug ist. Unser Ziel ist, Taishan als erster Ansprechpartner für Business Angel-Investments auf der Brücke zwischen Europa und China zu etablieren.
VC Magazin: Herzlichen Dank für das Interview.
Das Interview führte Torsten Paßmann.
Über die Gesprächspartner
Raymond Lei Yang hat in den USA und China verschiedene Unternehmen gegründet und ist später als Business Angel auf die Investorenseite gewechselt. Sebastian Kübler hat ebenfalls eine Internetfirma gegründet und für verschiedene deutsche Konzerne in Asien gearbeitet. Seit 2006 ist er für Mountain Partners tätig. Die beiden sind Gründungspartner von Taishan Invest, einem der sechs Investmentvehikel von Mountain Partners, einem institutionalisierten Business Angel aus der Schweiz.