Zwischen Demut und „back to normal“

Liebe Leserinnen und Leser,

nach der Champagnerlaune in den Jahren 2006/07 laboriert die Private Equity-Branche seit 2008 an einem Kater. Als die Finanzinvestoren damals noch zu gut einem Viertel an allen M&A-Transaktionen beteiligt waren, haben sie ihre schuldengehebelten Deals teuer mit billigen Krediten bezahlt. Weil viele der übernommenen Unternehmen Zins und Tilgung nicht mehr bedienen können, müssen schon jetzt gut 20 Mrd. EUR an Schulden refinanziert werden, so die Unternehmensberatung Deloitte in einer aktuellen Studie. Im Jahr 2014 soll die Summe der zu refinanzierenden Kredite ihren Höhepunkt mit 120 Mrd. EUR erreichen.

Eigentlich sollte dieser Umstand die Akteure zum Nachdenken anregen, ob das Geschäftsmodell des Leveraged Buyouts zukunftsfähig ist. Auf der diesjährigen SuperReturn, Europas größter Private Equity-Konferenz, fand Thomas Pütter, Chairman von Allianz Capital Partners und Ex-Vorstand des deutschen Branchenverbandes BVK, jedenfalls klare Worte: „Es wäre sehr gefährlich, jetzt keine Lehren aus der Krise zu ziehen.“ Die Strategie, seine Bank zu verklagen, wird er damit wahrscheinlich nicht gemeint haben. Guy Hands, Kopf von Terra Firma und seit Kurzem Bewohner der steuerfreundlichen Kanalinsel Guernsey, hat sich zu diesem Schritt entschlossen, weil die Citigroup den Preis für die Übernahme der renommierten Plattenfirma EMI (u.a. Beatles und Rolling Stones) hochgetrieben habe. Warum er trotzdem zugeschlagen hat, bleibt offen. Auf jeden Fall beschädigt er damit sein Image weiter und auch das Ansehen der Branche.

Ansonsten war die SuperReturn (siehe Bericht S. 20–21) von Zweckoptimismus gekennzeichnet – und einer gewissen Demut. Denn seit dem Untergang der amerikanischen Häuslebauer sieht sich die Private Equity-Branche einem schwierigen Finanzierungsumfeld ausgesetzt: Die Banken tolerieren nur noch moderate Verschuldungsgrade, und da strategische Investoren bis zu 25% höhere Bewertungen ansetzen können, ist der Anteil der Finanzinvestoren am M&A-Geschehen auf einen einstelligen Prozentsatz zusammengeschrumpft. Dazu passt, dass jüngst in einer Umfrage 70% der Teilnehmer der Ansicht waren, die Nachwirkungen seien noch viele Jahre zu spüren oder die Branche habe sich für immer verändert (siehe Grafik des Monats, S. 6).

Bei einigen (Mega-)Buyout-Häusern scheint die Katerstimmung aber mittlerweile verflogen: Der Private Equity-Gigant Blackstone wird nach zweieinhalb Jahren Sendepause ab Herbst 2010 wieder am Standort Deutschland vertreten sein. Die ersten Milliarden-Deals wie die Übernahme von Pets at Home in Großbritannien oder hierzulande Springer Science + Business Media wurden schon geschlossen (siehe Artikel S. 24–25). Den größten Kabelnetzbetreiber des Landes, Kabel Deutschland, wollen verschiedene Gruppen von Finanzinvestoren gerne übernehmen – und dafür bis zu 5,2 Mrd. EUR lockermachen. Bei einem erwarteten operativen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von 570 bis 650 Mio. EUR entspricht das einem Multiple zwischen acht und neun. Aktuell strebt Verkäufer Providence aber offiziell einen Börsengang an und will die Mehrheit der Anteile behalten. Einen noch heißeren Ritt wollen die Investoren fahren, die es auf SAT, die Hörgeräte-Sparte von Siemens, abgesehen haben: Der kolportierte Kaufpreis von mindestens 2 Mrd. EUR wäre ein Multiple von 13 auf den für 2010 prognostizierten EBITDA. Angesichts solcher Zahlen scheint die Warnung Thomas Pütters als frommer Wunsch zu verhallen.

Eine interessante Lektüre wünscht Ihnen

torsten.passmann [ at ] vc-magazin.de