VC Magazin: Was treibt den Markt für Online-Partnervermittlung in den nächsten zwei Jahren an?
Schmid: Es gibt drei wichtige Treiber. Der erste ist die gesellschaftliche Akzeptanz, die noch nicht uneingeschränkt bei allen Altersgruppen da ist. Wir bedienen ja stark Akademiker, besserverdienend, ab etwa 35 Jahren. Wenn Sie heute einen 55-Jährigen fragen, sagt vielleicht jeder Dritte: „Parship kenne ich“, aber es sind eben nicht 90%. Bei den Älteren hat die Online-Partnersuche noch keine 100%ige Durchdringung wie heute bei den 18-Jährigen. Das zweite Thema sind die enormen technischen Veränderungen wie z.B. beim datenbankgestützten Matching oder mobilen Matching-Applikationen mit dem iPhone. Drittens versuchen heute ganz wenige, sich international online zu matchen. Das wird aber zunehmen.
VC Magazin: Was gibt es für technische Neuerungen?
Schmid: Ich habe gerade mit Leuten eines US-Unternehmens gesprochen: Da können Sie sagen, meine Exfreundin sah so aus, und sich eine ähnlich Aussehende in der Datenbank suchen lassen. Zudem können wir aufgrund der zunehmenden Zahl der Mitglieder viel spezifischer werden, d.h. Plattformen aufbauen für alleinerziehende Mütter, Senioren oder Gruppen unterschiedlicher Glaubensrichtungen. Über neue technische Möglichkeiten des Match-Making-Mechanismus bekommen Sie dann Partnervorschläge anhand von Persönlichkeitsmerkmalen und auch Interessen wie Golfspielen, Bergwandern oder auch Kriterien wie Anwalt, Nichtraucher. Es gibt auch neue Matching-Ansätze über Geruchsvorlieben oder DNA-Abgleiche – eine interessante Ergänzung zum Persönlichkeits-Matching, wie Parship es anbietet.
VC Magazin: Wie teilt sich der Markt für Partnervermittlung in Deutschland und in Europa auf?
Schmid: Der Markt ist sehr fragmentiert und aufgeteilt in zwei Produktgruppen. Die eine ist Dating. Da sucht der Kunde nach Bildern, legt seine eigenen Bilder und Daten sofort offen und kontaktiert andere schnell. Die andere ist Match-Making auf Basis eines Persönlichkeitstests. Man lernt sich mehr in einer Eins-zu-eins-Beziehung kennen. Man gibt ein Foto erst frei, wenn man jemanden wirklich kennenlernen möchte. Dating-Plattformen geraten enorm unter Druck: Die Margen sinken, es wird immer schwieriger, das Angebot zu monetarisieren. Denn Gemeinschaften wie Facebook oder studiVZ bieten fast schon das Gleiche wie eine Dating-Plattform. Deshalb gehen viele Anbieter wie FriendScout24 in Richtung Match-Making.
VC Magazin: Welche Unternehmen dominieren im Markt?
Schmid: Im Markt gibt es drei große internationale Spieler. Erstens Meetic, ein französisches börsennotiertes Unternehmen, das aus dem Dating kommt und versucht, sich in die Richtung Match-Making zu entwickeln. Zweitens eHarmony aus den USA, die Match-Making machen und über eine Minderheitsbeteiligung an eDarling in den europäischen Markt getreten sind. Schließlich gibt es noch Match.com, das zur IAC von Barry Diller in den USA gehört, die primär Dating, aber auch Match-Making betreiben. Dazu kommen in sehr vielen Ländern lokale Spieler: in den Niederlanden z.B. Relatieplanet, die zur Telegraaf Media Group gehören und geschätzt rund 13 Mio. EUR Umsatz machen, oder in Deutschland Elite-Partner von Burda. Wir werden uns jedenfalls durchsetzen, denn wir wachsen, sind profitabel und wir haben die hochwertigste Zielgruppe. Testsieger.de hat uns kürzlich zum Testsieger gekürt.
VC Magazin: Die Basis des Parship-Tests wurde vor 30 Jahren entwickelt. Warum ist er seit Langem nicht mehr verbessert worden?
Schmid: Viel Arbeit ist am Anfang reingeflossen. Es gab Zeiten, in denen nicht so viel Zeit und Geld floss, wie es vielleicht hätte sein sollen. Aber ich bin jetzt sechs Monate Geschäftsführer und treibe die Testweiterentwicklung und Verbesserung des Match-Makings substanziell voran. Der Test ist der Kern unseres Produktes.
VC Magazin: Aber Erfolg reduziert die Einnahmen. Sie verdienen doch Geld, je länger der Kunde bei Ihnen am Suchtropf hängt, oder?
Schmid: Diese Diskussion führen wir seit über zehn Jahren. Wir leben doch von Kundenzufriedenheit. Wenn ein Kunde zwei Jahre bei uns keinen Partner findet, läuft er nicht draußen rum und sagt: Parship musst Du unbedingt ausprobieren.
VC Magazin: Wie sehen Sie die Partnerschaft von Venture Capital und dem Dating-Bereich?
Schmid: In Großbritannien gibt es 1.400 Dating- und Match-Making-Plattformen für jegliche kleine Zielgruppen. Da bin ich baff, wie viel Geld immer wieder in neue Plattformen gesteckt wird, insbesondere wenn es Facebook-Applikationen ohne klares Geschäftsmodell sind. Vielleicht hilft es der Branche, innovativ zu bleiben. Man merkt aber, was von Venture Capital-Investoren getrieben ist und was ernsthaftes Geld ist. Bestes Beispiel ist eDarling, die aufgrund ihrer kurzfristigen Exit-Strategie viel Geld für aggressive Werbung ausgeben. Rational finanzieren und rational handeln ist etwas anderes. Börsennotierte Unternehmen wie Meetic und Partner.de geben Geld mehr mit Bedacht aus.
VC Magazin: Welche Rolle spielen Käufe und Fusionen?
Schmid: Da sind Match.com und Meetic fast ein Harvard Business Case. Beide hatten wenig profitabel gearbeitet. Dann hat Match.com seine europäischen Unternehmen an Meetic abgegeben und wurde dafür mit 27% an Meetic beteiligt. So hat man die Profit-Marge von quasi null auf über 20% gehoben. Statt Krieg und Werbeschlacht gehen Meetic und Match.com nun seit drei Monaten gemeinsam auch in den südamerikanischen Markt, um Profit-Margen von über 20% zu ermöglichen. Auch wir arbeiten an M&A-Themen. So schauen wir national wie auch international nach Unternehmen, die auf qualitatives Matching oder Dating abzielen.
VC Magazin: Wer hilft dann beim Finanzieren – Private Equity oder eher die Bank?
Schmid: Wir haben 2008 und 2009 Millionengewinne gemacht. Wir haben Geld auf dem Sparbuch, und auch die Holtzbrinck-Gruppe ist gut aufgestellt. Kleine Expansionen können wir heute aus eigener Kraft durchführen. Für die USA, Südamerika oder Asien schauen wir aber ganz konkret nach einem angestammten Partner, der ja neben Geld noch mehr mitbringt.
VC Magazin: Was sollten Politik und Gesetzgebung in Ihrem Bereich beachten?
Schmid: Neben dem Thema Datensicherheit sollte der Gesetzgeber die Geschäftsregeln prüfen. Wie transparent funktioniert ein Abo-Modell? Bei einem Wettbewerber können Sie z.B. nur per Fax oder Brief, nicht per E-Mail kündigen. Das treibt deren Umsatz, behandelt aber den Verbraucher schlecht. Ein anderer ernst zu nehmender Wettbewerber bietet eine Zwei-Wochen-Mitgliedschaft an, die automatisch auf zwölf Monate verlängert wird, wenn Sie nicht kündigen. Das ist zwar gesetzlich erlaubt, aber problematisch. So etwas sollte man im Sinne der Branche regulieren. Oder nehmen Sie Fake-Profile. Bei neuen Wettbewerbern bekommt der Kunde plötzlich 100 Kontaktvorschläge im tiefsten Mecklenburg-Vorpommern. So etwas wirft ein negatives Licht auf die ganze Branche. Deshalb sollte die Branche einen Verhaltenskodex definieren, der eingehalten wird.
VC Magazin: Danke für das Gespräch.
Georg von Stein
redaktion(at)vc-magazin.de
Zum Gesprächspartner
Peter Schmid ist seit November 2009 Geschäftsführer der Online-Partnervermittlung Parship GmbH. Zu seinen früheren Stationen gehören u.a. Procter & Gamble, Autoscout24 und mobile.de.