„Wir investieren bewusst in junge Venture Capital-Fonds“

VC Magazin: Wie nehmen Sie die deutsche Venture Capital-Branche von außen wahr?

Schillo: Wir kommen aus einem Zyklus, in dem viele deutsche Venture Capital-Fonds verschwunden sind – in anderen Ländern wie beispielsweise Großbritannien oder den Niederlanden ist dies noch nicht so ausgeprägt sichtbar. Allerdings entstehen seit einiger Zeit auch neue Investitionsmodelle und insbesondere Deutschland ist hier Vorreiter bei innovativen Ideen. Ebenso erleben wir derzeit eine Renaissance der Business Angels. Bald wird es endlich auch mal wieder einen privat finanzierten Seed-Fonds geben.

VC Magazin: Im Mai 2010 hat der ERP-EIF-Dachfonds in einer zweiten Runde weitere 500 Mio. EUR erhalten. Wie sieht die bisherige Mittelverwendung aus?

Schillo: Im Kern wurde der bisherige Dachfonds auf 1 Mrd. EUR aufgestockt. Insofern differenziere ich kaum zwischen alten und neuen Mitteln. Konkret ist es so, dass wir 2010 vier neue Fonds-Commitments eingegangen sind und wir uns derzeit in fortgeschrittenen Gesprächen mit vier weiteren Teams befinden. Auch der Dealflow sieht derzeit sehr gut aus. Bislang haben wir uns an 20 Fonds beteiligt, die unseren Einsatz etwa mit dem Faktor 3,8 hebeln konnten. Dies entspricht einem zusätzlichen Volumen von etwa 1,8 Mrd. EUR. Bei etablierten Teams liegt dieser Hebel deutlich höher, bei sogenannten Emerging Teams – also jungen Teams mit geringer gemeinsamer Erfahrung – sind wir anfangs auch mal bis knapp unter 50% beteiligt, um die Realisierungswahrscheinlichkeit solcher neuen Fondsprojekte zu erhöhen.

VC Magazin: Welche Kriterien legen Sie an, wenn Fonds bei Ihnen anklopfen?

Schillo: Aus unserer Sicht sieht das Erfolgsmuster so aus, dass es eine Kohärenz gibt zwischen der Strategie, dem Zugang zum Markt, d.h. dem Dealflow, der Zusammensetzung des Teams und den Erfahrungen und Historie der Teammitglieder. Wenn diese Elemente sinnvoll zueinander in Beziehung gesetzt werden, kann der harte Track Record auch mal eine untergeordnete Rolle spielen. Tatsächlich investieren wir bewusst in junge Venture Capital-Fonds, weil gerade Emerging Teams die Branche zukünftig unterstützen können und häufig innovative und Erfolg versprechende Investitionsstrategien verfolgen. Wer außer uns sollte sonst für eine breitere Basis sorgen? Dafür wenden wir bewusst Zeit und Engagement auf: Wir helfen u.a. dabei, die Fonds zu strukturieren oder eine nachhaltige Portfoliostrategie zu entwickeln.

VC Magazin: Wie viele Venture Capital-Gesellschaften befinden sich bereits im Fundraising oder werden 2011 voraussichtlich darin einsteigen?

Schillo: Ich schätze, dass derzeit 20 bis 30 deutsche Gesellschaften im Fundraising sind, aber davon werden es etliche nicht schaffen. Das gilt für junge Teams, aber auch für einige etablierte Gesellschaften. Abhängig vom Netzwerk können manche Gesellschaften in weniger als einem Jahr das Final Closing melden. Die Mehrheit wird aber deutlich darüber liegen – und teilweise auch mal 30 Monate brauchen. Ich erachte es als extrem großen Vorteil gegenüber anderen Fondsinvestoren, dass wir beim European Investment Fund fast jedes Proposal dieses Kontinents sehen und daher sehr gute Einblicke in die Fundraising-Erfolge und Investmentstrategien und somit eine klare Benchmarking-Kapazität haben.

VC Magazin: Wie hat sich der gemeinsam mit LfA Förderbank speziell für Bayern aufgelegte Dachfonds entwickelt? Können Sie sich weitere regionale Dachfonds vorstellen?

Schillo: Der Dealflow ist gut und wir haben seit Einführung im Mai 2009 schon über die Hälfte des Kapitals von 50 Mio. EUR zugesagt. Das Ziel ist es, die Investorenlandschaft in Bayern zu stärken und so lautet die Grundbedingung, dass es ein Büro in der Region gibt. Allein drei Fonds haben sich daher bereits vor Ort angesiedelt. Grundsätzlich stehen wir der Idee offen gegenüber, einen solchen Fonds auch andernorts aufzulegen. Allerdings müssen dafür aber auch alle Rahmenbedingungen stimmen.

VC Magazin: Wie nehmen Sie derzeit die KfW Bankengruppe als Förderpartner der deutschen Venture Capital-Szene wahr?

Schillo: In der jüngeren Vergangenheit ist sie sehr wenige neue Zusagen eingegangen und Dachfonds-Investments wurden kaum kommuniziert. Das hat einige der Fonds, die fest auf das Engagement der KfW gebaut haben, schon hart getroffen. Wir versuchen das aufzufangen, aber das ist nur in einem begrenzten Umfang möglich. Der ERP-Startfonds als Direktinvestor ist aber weiterhin eine wesentliche Stütze für Frühphasenunternehmen – wie auch der High-Tech Gründerfonds.

VC Magazin: Auch um Ihr Haus ranken sich Gerüchte, dass Sie Ihre Strategie neu ausrichten wollen. Wie sehen die Pläne konkret aus?

Schillo: Bislang haben wir traditionell als Dachfonds in Venture Capital-Fonds investiert. Allerdings haben wir damit große Bereiche des Marktes schlichtweg nicht erreicht. Wir sind daher dabei, eine Reihe von neuen Initiativen zu entwickeln, in die wir alle wichtigen Akteure des Frühphasenmarktes einbinden werden – von Business Angels bis hin zu Industrieunternehmen. Ziel dieses integrierten Konzeptes ist es, jungen Unternehmen neben zusätzlichen, innovativen Finanzierungsmöglichkeiten auch das Know-how erfahrener Partner zugänglich zu machen. Wir wollen die Frühphase noch stärker unterstützen und Innovationen wie auch die Unternehmermentalität stärken! Bei einigen dieser Pilotprojekte wird Deutschland wieder die Vorreiterrolle übernehmen – die ersten Gespräche diesbezüglich laufen bereits. Direkte Investments wird es von uns weiterhin nicht geben. Aber um das noch einmal klarzustellen: Wir haben das Volumen des ERP-EIF-Dachfonds erst im Mai 2010 auf das Doppelte erhöht, weil er unser Kerngeschäft ist und auch bleibt.

VC Magazin: Herzlichen Dank für das Gespräch!       
 
Das Interview führte Torsten Paßmann.

 
Zum Gesprächspartner

Dr. Markus Schillo ist seit September 2010 Leiter des ERP-EIF-Dachfonds beim European Investment Fund (EIF) und ist mit für die Entwicklung der neuen Initiativen unter der EIF-Equity-Strategie verantwortlich. Er gehört seit 2006 zum ERP-Team und war zuvor Geschäftsführer bei BioFutura Equity-Partners und Investmentmanager bei der Beteiligungsgesellschaft für die deutsche Wirtschaft (BdW).