Inzwischen hat sich bei vielen Early Stage-Investoren der Eindruck verfestigt, dass Start-up-Unternehmer nicht verkaufen können: „Wir haben es halt mit Wissenschaftlern und Ingenieuren zu tun, es fehlt der Kaufmann.“ Also heuern wir Investoren neue Manager an, die den Vertrieb befeuern sollen. Die kaufmännischen Manager stellen Verkäufer ein, sprechen eher unsere Sprache, machen Hoffnung und können die Umsatzverfehlungen schließlich besser verkaufen. Alle Investoren kennen die mit „konkreten“ Erwartungen gewichteten Umsatzziele, die aber immer wieder krass verfehlt werden. Was kann zur Lösung des Problems beitragen?
Einige Investoren meiden Start-ups, die die Industrie oder öffentliche Institutionen als Kunden adressieren. In der Tat ziehen große Unternehmen und Kommunen regelmäßig Produkte etablierter Anbieter den besseren Innovationen der Start-ups vor. Einkaufsabteilungen großer Institutionen gelten als innovationsfeindlich. Einige Investoren setzen nun auf neue B2C-Geschäftsmodelle, die sich via Internet an Endkunden richten. Wenn diese Unternehmen geschickt den Nerv der Kunden treffen, geht das auf. Zalando oder Mister Spex sind Beispiele, die ihre Planumsätze übertreffen.
Viele Unternehmen im Life Sciences-Sektor wissen schon längst, dass der Verkauf ihrer Produkte nur mit Partnern aus der Industrie gelingt. Daher haben sich in dieser Branche bereits sogenannte Partnering-Konferenzen etabliert, die systematisch die kleinen Biotechnologie-Unternehmen mit den Pharmariesen zusammenbringen. Das gilt auch für andere Branchen: Technologieunternehmen mit einem „Friendly Customer“, der am besten an der eigenen Einkaufsabteilung vorbei als Kunde und Entwicklungspartner zur Verfügung steht, machen nicht nur Umsätze, sondern kennen ihren Kunden und ihre erste Referenz. Im Idealfall bringt das Start-up solche Schlüsselkunden selbst mit. Investoren, die zusätzlichen Wert stiften wollen, sollten allerdings belastbare Netzwerke entwickeln, um solche Partner für ihre Portfoliounternehmen zu finden.
Zum Autor
Dr. Michael Brandkamp ist Geschäftsführer der High-Tech Gründerfonds Management GmbH mit Sitz in Bonn. Vor dem Aufbau des High-Tech Gründerfonds verantwortete er als Abteilungsdirektor innerhalb der KfW Bankengruppe den Bereich Innovationsfinanzierungen und Beteiligungen.