Mit E-Bike und Private Equity an die Börse

Mit dem Fahrrad zum Aktienmarkt

Zum Börsenstart der Derby Cycle AG sorgte der Vorstandsvorsitzende Mathias Seidler nicht nur für Aufsehen, als er persönlich mit dem Fahrrad auf das Frankfurter Parkett fuhr. Das IPO im Februar war gleichzeitig die erste Börsenemission des Jahres 2011 in Deutschland und bewegte sich mit einem insgesamt platzierten Volumen von rund 76,1 Mio. EUR in einer Größenordnung, die auch bei einem großen Kreis institutioneller Investoren auf Resonanz stieß. Die Voraussetzung dafür war durch die Finanzierung mit Private Equity geschaffen worden. „Finatem hat von Beginn an unser Potenzial geglaubt und das Unternehmen in einer wichtigen Wachstumsphase begleitet“, sagt Seidler.

Mit Private Equity auf Wachstumskurs

Im Jahr 2005 hatte der frühere Eigentümer Raleigh Cycle Ltd. beschlossen, Derby Cycle zu verkaufen und sich auf eigene Kernmarken zu konzentrieren. Nach dem MBO, bei dem Finatem 85% der Anteile übernahm, konnten auf Basis der neuen Finanzierungsstruktur die Weichen umso besser auf Wachstum gestellt werden. „Aus unserer Sicht versprach der Fahrradmarkt – im Gegensatz zur damals vorherrschenden, vom Preisverfall im Discountervertrieb geprägten Meinung – interessante Perspektiven“, sagt Dr. Robert Hennigs, Geschäftsführer und Partner bei Finatem. Potenzial sahen Investor und Unternehmen u.a. in einer konsequenten Ausrichtung des Vertriebs auf den Fachhandel und in der Bearbeitung der internationalen Märkte. „Mit seinem starken Management und der führenden Rolle bei hochwertigen Markenfahrrädern brachte Derby Cycle alle Voraussetzungen mit, um diese Chancen zu nutzen“, erinnert sich Hennigs. Der Finanzinvestor begleitete im Beirat die strategische Ausrichtung, die das Management dann selbstständig umsetzte. So gelang es, die Umsätze innerhalb von fünf Jahren nahezu zu verdoppeln und die EBIT-Marge deutlich zu verbessern. Ein guten Teil dazu beigetragen hat der wachsende Markterfolg der Elektrofahrräder, bei denen Derby Cycle zur Nummer eins in Deutschland wurde. „Finatem hat während dieser Zeit keinen einzigen Euro aus dem Unternehmen herausgezogen“, sagt Finanzvorstand Uwe Bögershausen.

IPO im Visier

Angesichts der gemeinsam erzielten Erfolge sah sich der Finanzinvestor beim geplanten Verkauf seiner Anteile in einer komfortablen Situation. „Wir bleiben im Durchschnitt fünf Jahre in einem Unternehmen und wollen in dieser Zeit eine Wertsteigerung erzielen“, erläutert Hennigs. Dass dies im Falle von Derby Cycle überzeugend gelungen war, belegte auch das gewachsene Interesse strategischer Investoren an einem Erwerb des Unternehmens. Letztlich aber erwies sich das IPO als die interessanteste Exit-Variante. Der Grund: Das Unternehmen konnte mit einer herausragenden Equity Story aufwarten, die auch nach Einschätzung der involvierten Banken einen attraktiven Emissionspreis versprach. So hatte Derby Cycle in zahlreiche Produkte und Märkte investiert und stand somit in mehrfacher Hinsicht vor einem vielversprechenden Rollout. Der Auftragsbestand war im Vorfeld des IPO so hoch wie noch nie und nicht zuletzt konnte man sich aufgrund der Fachhandelsorientierung, der internationalen Ausrichtung und des Produktsortiments als außergewöhnlicher Fahrradhersteller präsentieren. Allen voran die starke Positionierung im Segment der E-Bikes wies die Aktie als zukunftsträchtiges Investment aus. „Wir haben klar herausgestellt, dass das E-Bike für den wachstumsstarken Markt der modernen Mobilität steht und das wurde bei Analysten und Banken gut aufgenommen“, sagt Joachim Dübner, Managing Partner der Beratungsgesellschaft Network Corporate Finance, die das IPO begleitet hat.

Vorbereitung auf den Börsengang

Nicht minder außergewöhnlich war der geplante Zeitpunkt der Emission. So früh im Jahr hatte im letzten Jahrzehnt kein anderes Unternehmen den Gang an die Börse geschafft und Derby Cycle war dazu nicht zuletzt deshalb in der Lage, weil das Geschäftsjahr der Gesellschaft bereits am 30. September endet. „So konnten wir bereits im Januar die Roadshow starten und uns ein hohes Maß an Aufmerksamkeit in den Medien sichern“, erläutert Dübner. Und es wurden dabei nicht nur Zahlen und Fakten präsentiert. Vorstandschef Seidler geleitete Interessenten bei Konferenzen und Gesprächen stets auch zu einer Probefahrt vor die Tür. Sein Credo: Je intensiver man das Produkterlebnis vermittelt, umso überzeugender wirkt der Business Case. Eine wichtige Rolle für den Emissionserfolg spielte nicht zuletzt die Qualität des Führungspersonals. Seidler gilt unter Branchenkennern als „Mister Fahrrad“ und Finanzvorstand Bögershausen hatte bereits einmal ein Solarunternehmen an die Börse gebracht.

Umplatzierung in großem Stil

Offen war zunächst die Frage, wie viele seiner Anteile Finatem am besten abgeben sollte. Würde eine zu hohe Umplatzierung für Skepsis bei den Investoren sorgen? Die Private Equity-Gesellschaft beschloss, zunächst abzuwarten und auch die Vorteile eines möglichst hohen Free Floats für die Aktie deutlich zu machen. Denn solange der Finanzinvestor noch größere Anteile hält, belastet der irgendwann doch einmal absehbare Verkauf bis zu einem gewissen Grad den Kurs. Am Ende hätte sich Finatem angesichts der starken Überzeichnung auch vollständig von seinen Anteilen trennen können, hielt aber wegen der positiven Unternehmensperspektive an einem Engagement von 10% fest. „Letztlich war die Umplatzierung weder in der Presse noch bei den Investoren ein so großes Thema, wie wir befürchtet hatten“, resümiert Hennigs. Bei einem Emissionskurs von 12,50 EUR je Aktie musste Derby Cycle bei der Bewertung nicht einmal den üblichen Abschlag von Börsenneulingen in Kauf nehmen. „Damit haben die Investoren die Ertragsdynamik und die Rolle des Marktführers honoriert“, sagt Dübner. Insgesamt flossen 54 Mio. EUR aus dem IPO an den Finanzinvestor, der damit eine gute Rendite erzielte. Auf das Unternehmen, dessen Aktien sich jetzt zu über 80% in Streubesitz befinden, entfielen rund 17 Mio. EUR.

Fazit:

Für Derby Cycle steht durch den Börsengang langfristig der Zugang zu Wachstumskapital offen und an Investoreninteresse mangelt es schon jetzt nicht. So hat das erste Geschäftshalbjahr alle Erwartungen der Analysten übertroffen und das Management die Prognosen für das Gesamtjahr danach noch zweimal angehoben. Mit der Beteilung an der Daum Forschung & Entwicklung GmbH, einem Kooperationspartner bei der Entwicklung von Elektroantrieben, wurde zudem die Innovationsfähigkeit vorangetrieben. All diese positiven Nachrichten spiegelten sich schon bis Anfang Juni in einer starken Kursentwicklung wider, zu der sogar der niederländische Wettbewerber Accell mit dem Erwerb eines größeren Aktienpakets beigetragen hat. Aus Sicht des Managements fängt die Zukunft gerade erst an. „Der E-Bike-Boom ist noch längst nicht zu Ende, die Internationalisierung bleibt auf unserer Agenda und allen voran im Segment der sportiven Fahrräder wollen wir mit unserer Marke Focus weiter stark wachsen“, sagt Seidler.

Norbert Hofmann

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