Gesco AG – Mit dem Mittelstand an die Börse

Von der Idee zum Geschäftsmodell

Unternehmer und Wirtschaftsprüfer gehörten zu der kleinen Gruppe von Privatpersonen, die vor mehr als zwei Jahrzehnten die Gesco AG (www.gesco.de) gründeten. Ihnen war aufgefallen, dass schon damals nicht wenige Mittelständler vor Nachfolgeproblemen standen. Warum sollte man mit seinem Kapital nicht auf das Potenzial solcher Firmen mit all ihren Stärken setzen, wie schlanke Strukturen, Kundennähe und Flexibilität? Und wäre es nicht ganz besonders aussichtsreich, wenn eine übergeordnete Dachgesellschaft dieses Potenzial durch effiziente Betreuung sogar noch ausbauen würde? Aus den vorsichtigen Anfängen heraus entwickelte Willi Back, der die Firmengruppe kurz nach der Gründung 14 Jahre lang als Vorstandsvorsitzender leitete und seit September 2004 einen Sitz im Aufsichtsrat bekleidet, das bis heute gültige Geschäftsmodell mit drei wesentlichen Komponenten: Gesco will mittelständischen Firmenchefs nach ihrem Rückzug aus dem Geschäft eine Heimat für ihr Unternehmen bieten. Das Management wird über eine Eigenbeteiligung eng eingebunden, die Holding selbst strebt ein langfristiges Engagement an. „Wir wollen die Unternehmen weiterentwickeln und unsere Rendite aus den laufenden operativen Erträgen ziehen“, sagt Dr. Hans-Gert Mayrose, einer der beiden heutigen Vorstände

Die Börse als stabile Kapitalquelle

Im März 1998 brachte der erfolgreiche Börsengang einen Erlös von 22 Mio. EUR und bis Anfang August 2011 hatte sich der Kurs der Aktie seitdem mehr als verdreifacht. Doch passen Kapitalmarkt und Mittelstand überhaupt zusammen? Mayrose und sein gleichberechtigter Vorstandskollege Robert Spartmann sehen eine Reihe von Gründen, die dafür sprechen. So habe sich der Aktienmarkt bislang als stabile Quelle für die Eigenkapitalbeschaffung erwiesen. Beleg dafür seien die zwei erfolgreichen Kapitalerhöhungen um jeweils 10%, die unter Ausschluss der Bezugsrechte in den Jahren 2005 und 2007 durchgeführt wurden. Die Zahl der Portfoliounternehmen ist seit dem Börsengang auf 14 gestiegen und hat sich damit fast verdoppelt. Der Vorstand verweist zudem auf die positiven Folgen, die aus der mit der Börsennotierung verbundenen Publizitätspflicht resultieren. „Ein an uns verkaufender Unternehmer weiß, dass wir zu dem stehen müssen, was wir sagen“, erläutert Mayrose. In diesem Sinne sei das Listing ein Aushängeschild, das sich positiv umsetzen lasse. Allerdings gebe es auch Nachteile. So müsse sich die Holding als börsennotierte Gesellschaft bei Akquisitionen die Angemessenheit eines Kaufpreises durch externe Expertisen bestätigen lassen. Das koste Zeit, die andere Käufer nicht aufbringen müssten. Auch Erwartungen in eine mögliche Verwendung der Aktie als Akquisitionswährung hätten sich nicht bestätigt, berichten die Gesco-Manager. Denn verkaufende Firmenchefs wollten den Kaufpreis lieber in Cash sehen.

Investments in Hidden Champions

Das Geschäftsmodell stoße allerdings ohnehin auf genügend Anlegerinteresse. Die Dachgesellschaft investiert in Unternehmen aus dem Maschinen- und Werkzeugbau sowie der technischen Metall- und Kunststoffverarbeitung. Diese Segmente bieten alles, was zu einem beherrschbaren Mittelstandsportfolio gehört: Technologieführer, Hidden Champions in ihren Nischen und die Möglichkeit einer auch nach Produkt- und Branchenzyklen breiten Streuung. Investiert wird in Firmen mit Hauptsitz in Deutschland, die mindestens 10 Mio. EUR, in der Regel bis zu 50 Mio. EUR Umsatz erzielen. Das Geschäftsmodell unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von der klassischen Herangehensweise von Private Equity-Investoren: So verbleibt der Kapitaldienst für das zur Renditeoptimierung bei den Akquisitionen eingesetzte Fremdkapital auf der Ebene der Holding und wird nicht auf das erworbene Unternehmen übertragen. Ebenso sieht das Modell laut Management weder Anlage- noch Exit-Druck vor.

Optimierung unter dem Holding-Dach

„Unsere Mittel investieren wir vor allem in die Weiterentwicklung der Portfoliounternehmen“, sagt Mayrose. Nach einer Akquisition strebt die Dachgesellschaft zunächst qualitative Optimierungen an. So werden Finanzwesen, Reporting und Controlling in den Portfoliofirmen professionalisiert und die Daten in das Management- und Informationssystem der Holding integriert. Die Portfoliofirmen arbeiten zwar operativ unabhängig und streben ihren Erfolg auch nicht aufgrund von Synergieeffekten an. Monatlich treffen sich jedoch die Experten der Holding mit den Firmenchefs zur Situationsanalyse und mindestens einmal jährlich zu Strategiegesprächen. Nach einer Übernahme muss das bisherige Management noch rund ein Jahr zur Verfügung stehen. Gesco sucht während dieser Zeit geeignete neue Geschäftsführer, die dann von ihren Vorgängern eingearbeitet werden. Wichtig: Die Holding übernimmt in aller Regel zwar die Anteilsmehrheit. Nach der Einarbeitung soll sich aber auch das neue Management mit 10 bis 20% beteiligen.

Warten auf Kaufgelegenheiten – und dann bleiben

Die bislang letzte Akquisition war die Übernahme des in Kempten ansässigen Werkzeugmaschinenbauers Georg Kesel GmbH & Co. KG (www.kesel.com) im April 2009 – auch Gesco ist mit den typischen Phasen des M&A-Marktes konfrontiert, geben die Manager zu bedenken. Derzeit hoffe man, dass sich eine gewisse Stabilität herausbildet. „Dann ist eine bestimmte Ertragskraft nachweisbar, die Erwartungen aber auch nicht zu hochgesteckt“, sagt Mayrose. Gesco selbst ist an langfristigen Engagements interessiert und verkauft Portfoliounternehmen nur in Ausnahmefällen – zum Beispiel, wenn sich keine strategischen Perspektiven mehr bieten.

Ausblick

Laut Vorstand prüft Gesco derzeit eine Reihe potenzieller Akquisitionsgelegenheiten im Rahmen von Due Diligence-Prozessen. Oberste Priorität habe weiterhin das organische Wachstum der Gruppe, das angesichts des immer noch positiv eingeschätzten konjunkturellen Hintergrunds durch ein Rekord-Investitionsprogramm in den Unternehmen unterstützt wird, so die Gesco-Manager. Die Holding verfügt über 40 Mio. EUR Liquidität, von denen etwa die Hälfte für Akquisitionen zur Verfügung stünde. Für das laufende Geschäftsjahr prognostiziert das Management 390 Mio. EUR Umsatz und 19 Mio. EUR Jahresüberschuss nach Anteilen der Geschäftsführer.

Norbert Hofmann
redaktion (at) vc-magazin.de

Kurzprofil: Gesco AG

Typ:

Börsennotierte Industrieholding

Standort:

Wuppertal

Gründung:

1989

Zahl der Investment Professionals:

5

Anzahl Portfolio-Unternehmen:

14

Internet: 

www.gesco.de

Portfoliounternehmen Gesco AG (Auswahl)

Name

Geschäftsfeld

Sitz

Astroplast Kunststofftechnik

Spritzgussteile

Sundern
Dömer Stanz- und Umformtechnologie Lennestadt

Dörrenberg Edelstahl

Metallurgie

Engelskirchen-Ründeroth

Frank-Gruppe

Walzen und Schmieden

Hatzfeld 

Haseke

Ergonomie+Design

Bad Oeynhausen 

Hubl 

Edelstahl+Gestaltung

Vaihingen/Enz
MAE Maschinen- und Apparatebau

Richtmaschinen, Radsatzpressen

Erkrath 

SVT

Verladetechnik

Schwelm