M&A am Scheitelpunkt? Von einer Krise ist trotz volatiler Märkte (noch) nichts zu spüren

„A lot can change in a few months, even for private equity royalty”, titelte das Forbes Magazin im Juli 2007, als klar wurde, dass das Bankenkonsortium um Deutsche Bank, JPMorgan und Unicredit, das die Private Equity-Ikone KKR bei der Akquisition des britischen Pharmahändlers Alliance Boots bei der Syndizierung unterstützte, auf über 10 Mrd. USD an Krediten sitzen blieb. Diese 23 Mrd. USD-Akquisition, der größte Private Equity-Deal in der europäischen Geschichte, markierte den Höhepunkt des Buyout-Booms von 2004 bis 2007. Der „Credit Crunch“ führte zur Implosion des Private Equity-Marktes, der sich erst 2010 wieder auf altem Niveau erholen konnte.

Doch nun droht neues Ungemach: Die finanzierenden Banken konnten im August ihre Darlehen für den 700 Mio. EUR schweren Kauf des Outdoor-Spezialisten Jack Wolfskin nicht wie geplant weiter platzieren. Sind wir wieder an einem Scheitelpunkt und droht uns, dass der Private Equity-Markt in den nächsten Monaten in eine Krise wie im Jahr 2008 abgleitet?

Wir denken nein! Das makroökonomische Umfeld ist nicht vergleichbar: Die Subprime-Krise traf 2008 auf eine heiß gelaufene Konjunktur sowie einen mehrstufig gehebelten und aufgeblähten Finanzierungssektor. Die heutige Krise ist demgegenüber eine Krise der Staaten und ihrer Finanz- und Währungssysteme. Die deutschen Unternehmen haben dagegen in den letzten drei Jahren zum Teil erhebliche Restrukturierungsprogramme durchgeführt und Kostenpotenziale gehoben.

Von einer Krise auf dem M&A-Markt ist bislang nichts zu erkennen, die Anzahl der Transaktionen nimmt weiter zu (15% Steigerung im ersten Halbjahr 2011 gegenüber dem Vorjahreszeitraum!). Und dies gilt insbesondere für Transaktionen mit Private Equity-Beteiligung. Zudem sieht auch die Pipeline an Unternehmen, die zurzeit für den Verkauf vorbereitet werden, sehr vielversprechend aus.

Viele Unternehmen können wieder eine ordentliche Ertragshistorie mit positivem Trend aufweisen und – basierend auf guten Auftragszahlen – attraktive Geschäftspläne aufstellen. Insbesondere bei kleineren und mittleren Transaktionen sind Banken auf dieser Basis auch immer noch zur Akquisitionsfinanzierung bereit – nicht mehr zu Covenant Light-Konditionen und fast zweistelligen EBITDA-Multiples, aber die erhältlichen Finanzierungspakete machen Buyouts weiterhin möglich.

Akquisitionen über 500 Mio. EUR, die meist über die Ausgabe von Unternehmensanleihen finanziert werden, wurden durch die Unruhe an den öffentlichen Märkten dagegen erschwert. Die High Yield Bonds-Märkte, die dieses Jahr schon auf Rekord-Kurs waren – in den ersten sieben Monaten wurden in Europa 59 Mrd. High Yield-Anleihen platziert, fast 79% mehr als im Vorjahreszeitraum – wurden im Juli und August stark getroffen, als Anleger Gelder aus den Unternehmensanleihemärkten in vermeintlich sicherere Anlageformen umschichteten. Erstaunlich ist, dass von dieser Umschichtung – trotz der Fiskalkrise – besonders Staatsanleihen profitierten.

Fazit:
Trotz der hohen Börsen-Volatilität der letzten Wochen erweist sich der M&A-Markt in Summe als außerordentlich resistent. Wir erwarten auf Sicht der nächsten Monate auch keine signifikante Änderung. Wer jedoch von einer anhaltenden Verunsicherung an den Finanzmärkten ausgeht, sollte das aktuelle positive M&A-Umfeld nutzen, geplante Verkäufe umzusetzen.

Zum Autor

Dr. Gernot Wunderle ist Managing Partner der goetzpartners Corporate Finance (www.goetzpartners.com), eines unabhängigen M&A- und Beratungshauses mit neun Büros in Europa. Goetzpartners beriet bei über 20 M&A-Transaktionen in den letzten zwölf Monaten.