Einfachheit ist Trumpf. So sind im produzierenden Gewerbe Innovationen fast immer verbunden mit neuen Anlagen und Einrichtungen, die äußerst kapitalintensiv sind. Ist die dafür notwendige langwierige Entwicklungsarbeit erst realisiert und getestet worden, folgt die Umstellung eines Prozesses, der zudem zu ungewünschten Kapazitätsschwankungen und unkalkulierbaren Risiken führt. Im Idealfall erfüllen deshalb Neuerungen im Portfolio vor allem zwei Prinzipen: Sie liegen zum einen innerhalb einer Closed World. Sie lassen sich also mit den bereits zur Verfügung stehenden Ressourcen verwirklichen. Des Weiteren unterliegen sie dem Simplizitätsprinzip, getreu dem Motto: Die einfachste Lösung ist stets die Beste. Ein auffälliger Großteil aller erfolgreichen Innovationen entspricht diesem Prinzip, was ein universitäres Forscherteam veranlasste, das Thema näher zu untersuchen. Als Ergebnis identifizierten sie neben den Prinzipien strukturelle Muster, die bei allen erfolgreichen Innovationen unabhängig der Branche immer wiederkehren. Diese Muster können also genutzt werden, um die Entstehung von Innovationen theoretisch zu erklären. Im Umkehrschluss können diese Muster aber auch genutzt werden, um Innovationen gezielt zu generieren. Überspitzt gesagt verhalten sich die nachgewiesenen Muster wie ein Dynamo, der am Fahrrad Strom erzeugt: Wird dem Dynamo kein Strom mehr entnommen, sondern zugeführt, so wird aus dem Stromgenerator ein Elektromotor. „Musterhafte“ Innovation Wendet man nun diese immer wiederkehrenden Muster auf die bestehenden Produkte oder Prozesse eines Unternehmens an, so werden automatisch Innovationen entstehen – und das auf Basis der Closed World, also den vorhandenen Ressourcen. Die reproduktive Anwendung der Muster führt zum Teil soweit, dass ein deutsches mittelständisches Unternehmen binnen drei Jahren ein Wachstum um 230% realisieren konnte, ohne dafür finanzielle Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Die Anwendung der Innovationsmuster führte in diesem Fall zu sechs selbst entwickelten Patenten, die dieses Wachstum trotz des konservativen Zielmarktes sicherten und erst ermöglichten. Systematisch in Frage stellen. Die genannten Muster können wie im obigen Beispiel für das Generieren innovativer Produkte dienen, ebenso wie für das Neudesignen etablierter Prozesse. So kann die Reinvestitionsfähigkeit einer chemischen Anlage durch Neugestaltung der chemischen Abläufe ebenso systematisch in Frage gestellt werden wie der Prozess einer bestimmten Dienstleistung. Für beide Fälle gilt, dass das Infragestellen systematisch in verschiedenen Perspektiven erfolgt und dabei völlig neue Wege und Möglichkeiten zur Realisierung/Erneuerung identifiziert werden. Interessanterweise werden dabei Wege aufgedeckt, die einen bisher unbekannten Mehrwert für Kunden und/oder Unternehmen selbst darstellen. Denn das Infragestellen führt uns in seltsame Situationen, wie es bei Zufällen oder gar Unfällen geschehen kann. Das Prinzip Zufall. Und wie Unternehmen oder Entdecker durch einen solchen Zufall wachsen konnten, haben wir in der Geschichte oft genug erlebt: Der Zufall wollte es, dass Alexander Flemming ein Substrat über die Sommerferien verschimmeln ließ und so Penicillin entdeckt wurde. Das Pharmaunternehmen Pfizer wäre an der Entwicklung eines neuen Herzmittels fast gescheitert, bis ein überraschender Nebeneffekt bei den männlichen Probanden festgestellt wurde. Und ein gefloppter Superkleber von 3M entpuppte sich zufällig als Grundlage für Post-it. Alle drei Innovationen waren ein echtes Novum auf dem Markt und wären ohne den Zufall heute unter Umständen noch nicht erhältlich. Und alle drei Innovationen waren zudem einfach zu realisieren bzw. zu kommerzialisieren. Denn alle drei bewegen sich innerhalb der schon genannten Closed World, also den verfügbaren Ressourcen. Alle ins Boot holen. Besonders wichtig bei der Wertsteigerung durch Innovation innerhalb eines Unternehmens ist das Einbinden von Experten aller betroffenen Abteilungen. Denn nur eine Idee, die von allen unterstütz wird, kann schnell durch das Unternehmen getragen werden und unverzüglich bzw. erfolgreich umgesetzt werden. Die Erfahrung in über 46 Industrien hat SIT dabei etwas Überraschendes gelehrt: Jeder der eine Idee kippen kann, muss schon während der Entwicklungsphase miteingebunden sein. Unternehmen, die Ihren Marktwert durch Innovation erhöhen möchten, tun gut daran, sich nicht nur auf eine Stütze zu verlassen. Eine Innovation ohne die benötigten Fähigkeiten der Mitarbeiter führt nicht zu einem erfolgreichen Ergebnis, ebenso wenn die Unternehmensinfrastruktur bzw. die interne Organisation die Innovation nicht stemmen kann. Fazit- hier schließt sich der Kreis beider Hebel, die den Unternehmenswert langfristig steigern können: Ordentliches Management zum Schaffen einer innovationsfreundlichen Unternehmensstruktur ermöglicht erst erfolgreiche Entwicklung und Innovation. Und eine erfolgreiche Entwicklung durch Innovation ermöglicht erst Management eines Wachstums von innen heraus. Zum Autor: Andreas Reiser ist Innovations-Experte für Mittelstand bei der Innovationsberatung SIT – Systematic Inventive Thinking.