10 Jahre AVCO

Dr. Jürgen Marchart ist Geschäftsführer der Austrian Private Equity and Venture Capital Organisation (AVCO).

Branchenstandards schaffen

Vor zehn Jahren befand sich die österreichische Private Equity- und Venture Capital- Industrie zwar nicht mehr in den Kinderschuhen. Sie war (und ist) im internationalen Vergleich jedoch jung und weist bis 2007 stetig steigende Investmentvolumina bis hin zu 335 Mio. EUR auf. Im selben Zeitraum schritt auch die Professionalisierung laufend voran. Die AVCO nimmt dabei von Anfang an eine moderierende und gestaltende Rolle ein. Mit dem AVCO-Verhaltenskodex, mit dem sich die AVCO-Mitglieder zu fairem und verantwortungsvollem Verhalten gegenüber Investoren, Beteiligungsunternehmen und Syndikatspartnern kommittieren, aber auch mit den AVCO „Investor Relations Richtlinien“ (IRR) erhöht der Verband zusammen mit seinen Mitgliedern die Transparenz und Professionalität der Branche. Insbesondere gilt das für die IRR, die auf Basis guter internationaler Praxis die Beziehungen zwischen Investoren und dem Fondsmanagement sowie die damit verbundenen Rechte, Pflichten und Gestaltungsmöglichkeiten in verständlicher Weise darstellen und für eine produktive Partnerschaft zwischen Investoren und Management festschreiben. Dadurch wird die Transparenz und Zugänglichkeit der Assetklasse erhöht und das Private Equity Investing für Investoren erleichtert.

Erklärungsnot durch MiFiG

Die rechtlichen Rahmenbedingungen in Form der Mittelstandsfinanzierungsaktiengesellschaft (MiFiG) waren in dieser Phase der Entwicklung der Beteiligungsindustrie und den Anfangsjahren der AVCO in Österreich wenn auch ausreichend, so doch eine Insellösung und im Ausland weitgehend unbekannt und sorgten daher im internationalen Fundraising nicht nur für erhöhten Erklärungsbedarf, sondern erwiesen sich sogar als Hürde. Seit der Abschaffung der MiFiG „alt“ bzw. Einführung der nicht praxistauglichen MiFiG „neu“ Anfang 2008 herrscht ein Gesetzesvakuum bei den Fondsstrukturen. Als ob das nicht schwierig genug gewesen wäre, begann zeitgleich die internationale Wirtschaftskrise – und die österreichische Branche kam damit doppelt unter Druck.

Warten auf Neuinvestments

Von 2008 bis heute sank das Investmentvolumen wieder bis auf 127 Mio. EUR, und auch das Fundraising erwies sich in der jüngeren Vergangenheit als Herausforderung. Die Maßnahmen zur Transparenzsteigerung und Professionalisierung der Branche erwiesen sich jedoch als Erfolg, und es kam zu so gut wie keinen Zurücknahmen von in der Vergangenheit getätigten Kapital-Kommittents. Einen Beteiligungsinvestor im Kreise der Eigentümer zu haben, erwies sich für die Unternehmen einmal mehr als entscheidender Vorteil, um den Herausforderungen der internationalen Wirtschaftskrise zu begegnen. Neben dem Einbringen von Know-how und Netzwerken nutzten die österreichischen Fonds ihre (noch) vollen Tanks, um ihre bereits bestehenden Portfoliounternehmen als starker Partner gegebenenfalls auch mit Folge-Investments durch die Krise zu bringen. Gleichzeitig gingen zwar die Neuinvestments zurück, es wurden jedoch zahlreiche Projektanbahnungen und Due Diligence-Prozesse durchgeführt, um zukünftige Investments auf Schiene zu bringen. Nach diesen schwierigen Zeiten bleibt es nun abzuwarten, wann diese Investments realisiert werden.

Neue Herausforderung AIFM

Bisher sind die österreichischen Marktteilnehmer und die österreichischen kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU), die auf das Wachstumskapital angewiesen sind, trotz doppelter Belastung durch Finanzkrise und fehlender nationaler Rahmenbedingungen gestärkt aus der Krise hervorgegangen. Wir erwarten mit Spannung die Entwicklungen der nächsten zehn Jahre. Diese werden insbesondere deshalb interessant, weil auf EU-Ebene Mitte 2010 die Alternative Investment Fund Manager (AIFM) Directive beschlossen wurde, die zum Ziel hat, systematische Risiken des Finanzmarkts zu kontrollieren, die Interessen der Investoren zu schützen und für mehr Transparenz zu sorgen. Ziele, die der AVCO und der österreichischen Private Equity und Venture Capital-Industrie ebenfalls ein Anliegen sind und daher voll inhaltlich unterstützt werden.

Unternehmen brauchen optimierte Richtlinie

Die vorliegende Directive unterscheidet jedoch leider nicht zwischen den verschiedenen Anlageklassen und dem damit verbundenen, variierenden Risiko für den Finanzmarkt und hat daher im Zuge der Implementierung der AIFM-Richtlinie in nationales Recht noch großes Optimierungspotenzial, um die genannten Ziele tatsächlich zu erreichen. Nur wenn durch internationale Best Practice-Regelungen sowohl die EU als auch Österreich zu attraktiven Finanz- und Wirtschaftsplätzen ausgebaut werden, ist auch in Zukunft die Eigenkapitalausstattung österreichischer KMU garantiert. Damit wären die Unternehmen gut gerüstet, um die aktuelle Krise hinter sich zu lassen.

Fazit

Man darf annehmen, dass diese turbulenten Zeiten, die die österreichische Private Equity und Venture Capital-Industrie durchgemacht hat, den Gründungsmitgliedern der AVCO nicht vor Augen waren, als der Dachverband vor einem Jahrzehnt aus der Taufe gehoben wurde – sehr wohl aber die Funktion, die die AVCO während dieser Zeit und unter diesen Umständen übernimmt. Sie bildet eine Stimme für die gesamte österreichische Beteiligungsindustrie, ist unermüdlich für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen aktiv, erarbeitet Know-how über die Private Equity- und Venture Capital-Branche und ist ein verlässlicher Partner und engagierte Interessenvertretung für ihre Mitglieder gegenüber Politik und Wirtschaft.

Zum Autor

Dr. Jürgen Marchart ist seit Januar 2007 Geschäftsführer der Austrian Private Equity and Venture Capital Organisation (AVCO), der Dachorganisation der österreichischen Beteiligungskapitalindustrie. Die AVCO deckt mit ihren 44 Mitgliedern über 80% des privaten österreichischen Beteiligungsmarktes ab und fungiert als unabhängige Informations- und Know-how-Stelle, engagierte Interessenvertretung, aktive Networking-Einrichtung und als Nahtstelle zu nationalen und internationalen Organisationen.