VC Magazin: Pontis Capital hat im Juli das First Closing des Pontis Growth Capital Fund II bekannt gegeben. Wie nehmen Sie das Fundraising-Umfeld in Österreich derzeit wahr?
Moser: Derzeit findet ein deutlicher Wechsel in der Investorenlandschaft statt. Gerade bei Banken und Versicherungen führen die regulativen Neuerungen durch Basel III und Solvency II zu Zurückhaltung. Beispielsweise hat sich in Gesprächen mit Versicherungen herausgestellt, dass sie noch nicht wissen, wie viel Eigenkapital im Einzelnen für Kapitalzusagen an Private Equity-Fonds wie den unseren unterlegt werden muss – oft schiebt man solche Engagements daher lieber auf, bis Klarheit herrscht. Hier spürt man eben noch die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise. Auch wir haben bis zum ersten Closing deutlich länger gebraucht als ursprünglich vorgesehen.
Chapman: Gleichzeitig gibt es europaweit die positive Entwicklung hin zu öffentlichen Koinvestment-Programmen, die sehr hilfreich sind. Der European Investment Fund (EIF) ist hier sicher ein sehr wichtiges Instrument – der EIF ist übrigens auch bei uns investiert. So ein Commitment ist immer auch ein Argument für andere Investoren, bei einem Fonds einzusteigen.
VC Magazin: Welche weiteren Investoren konnten Sie für den PGC II gewinnen?
Moser: Zum Stand des First Closings stammten etwa zwei Drittel der 30 Mio. EUR, die wir bis dahin eingesammelt hatten, von institutionellen Investoren aus Österreich. Der Rest kommt vom EIF und von einem kleineren Family Office. Etwa die Hälfte der Investoren aus unserem ersten Fonds konnten wir von einem Folgeengagement überzeugen. Darüber hinaus haben wir einige Soft Commitments erhalten, die es bis zum Final Closing Mitte 2012 zu finalisieren gilt.
VC Magazin: Der neue Fonds setzt auf das Thema Wachstum und Mittelstand, der erste Fonds aus Ihrem Hause lief noch unter dem Label Venture Capital. Wie kam es zu dieser Änderung in der Investitionsstrategie?
Chapman: Wir begreifen das mehr als eine organische Weiterentwicklung denn als einen radikalen Kurswechsel. Wir sind hier vor allem den Anforderungen unserer Investoren gefolgt, die nur schwer für das Thema Venture Capital zu begeistern sind. Außerdem gibt es für den Seed-Bereich inzwischen viele gute Finanzierungsinstrumente und spezialisierte Fonds. Wir sehen den großen Bedarf eher bei der Stärkung der Eigenkapitalpositionen etablierterer Unternehmen und bei der Finanzierung von Internationalisierungsschritten.
Moser: An den grundsätzlichen Kriterien, nach denen wir Unternehmen auswählen, hat sich im Übrigen nichts geändert: Die Unternehmen müssen einen gewissen Reifegrad vorweisen und Beweise für ihr weiteres Wachstumspotenzial erbracht haben. Wir wollen Unternehmen dabei unterstützen, in Auslandsmärkte zu expandieren. Gerade in den USA oder auch Asien bieten sich jungen europäischen Firmen viele Chancen – wir haben das richtige Netzwerk, um ihnen diese Internationalisierung zu ermöglichen.
VC Magazin: Viele Investoren sind auch deswegen zurückhaltend mit Neucommitments an Beteiligungsfonds, weil sie mit den Renditen in den vergangenen Jahren unzufrieden waren. Wie entwickeln sich die Rückflüsse Ihres bereits ausinvestierten ersten Fonds?
Moser: Wir haben bislang knapp die Hälfte des eingesetzten Kapitals an unsere Investoren zurückgezahlt, das ist verglichen mit dem Branchendurchschnitt bei Vintage Year-Betrachtung recht ordentlich. Welche Rendite am Ende erzielt werden kann, hängt allerdings von den Exits ab, die noch ausstehen. Von den zwölf Investments des Fonds hatten wir mit UC4 Software und SensorDynamics zwei sehr erfolgreiche Exits. Im Portfolio stehen derzeit noch fünf Beteiligungen zum Verkauf an.
Chapman: Die größte Herausforderung für europäische Beteiligungsgesellschaften wird genau hier liegen: Das Exit-Klima ist relativ schwierig, die hohe Volatilität an den Börsen erschwert Peergroup-Vergleiche. Die Bewertungen sind eher rückläufig.
VC Magazin: Der PGC II legt seinen regionalen Schwerpunkt auf die DACH-Region. In welchen Bereichen sehen Sie derzeit interessante Investitionsmöglichkeiten?
Chapman: Wir sehen interessante Unternehmen derzeit in Bereichen wie E-Commerce oder Online Retail, aber auch in der Reisebranche, z.B. im Segment Online Travel. Gerade in Österreich sind auch Machine to Machine-Konzepte spannend. Die Unternehmen hierzulande haben außerdem eine starke Marktstellung im Bereich Mobile Media, in der Medizintechnik oder im Umweltbereich.
Moser: Österreichische Unternehmen werden oft in zweierlei Hinsicht unterschätzt: Zum einen, was die Innovationsfähigkeit angeht, zum anderen bezüglich der Qualität des Führungspersonals. Der österreichische Heimatmarkt ist ohne Zweifel klein, aber gerade deshalb müssen Unternehmen früh auf Expansion setzen. Dieses Denken ist hierzulande tief verwurzelt, gerade nach Osteuropa bestehen beispielsweise auch starke Verbindungen. Und weil viele österreichische Unternehmer z.B. in Großkonzernen bereits international gearbeitet haben, bringen sie für die schnelle Internationalisierung auch die besten Voraussetzungen mit.
VC Magazin: Die Rahmenbedingungen für Finanzinvestoren in Österreich sind nach wie vor schwieriger als in Nachbarstaaten. Welche Verbesserungen würden Sie sich wünschen?
Moser: Dies würde ich so nicht pauschal sagen. Es gilt aber aus unserer Sicht jedenfalls zu beachten, dass bei einer geplanten Umsetzung der AIFM-Richtlinie durch die österreichischen Aufsichtsbehörden (die dafür ein Wahlrecht haben) nicht auch kleine Fonds unter das Regelwerk gestellt werden, die ja gerade die heimische Branche dominieren. Der Fokus sollte verursachungsgerecht dort liegen, woher der Bedarf an zusätzlicher Regelung durch AIFM auch kommt, nämlich im Bereich großvolumiger Buyout- sowie Hedgefonds. Der volkswirtschaftliche Nutzen, den gerade auch kleinere Private Equity-Fonds stiften, würde hiermit erheblich negativ beeinträchtigt werden. Darüber hinaus wäre auch eine echte Alternative bei der Wahl der Rechtsform wünschenswert, die den Branchenbedürfnissen tatsächlich Rechnung trägt. Wir haben unseren zweiten Fonds als GmbH & Co. KG etabliert, was in Ordnung ist, aber eben auch kein Königsweg.
VC Magazin: Herr Chapman, Sie sind kürzlich neu als dritter Managing Partner zu Pontis gestoßen. Welche Impulse möchten Sie geben?
Chapman: Mein Einstieg bei Pontis Capital wurde erst im Oktober kommuniziert, aber die Zusammenarbeit besteht schon seit über einem Jahr. Ich war früher u.a. bei dem deutschen Investor TVM Capital als General Partner sieben Jahre tätig und habe somit viel Erfahrung im Bereich von Technologie-Investments in Europa entwickeln können. Ich konnte erfreulicherweise ein großes internationales Netzwerk über die vielen Jahre aufbauen, das ich entsprechend nutzen werde, um noch mehr Dealflow zu generieren. Auch bei der Weiterentwicklung des Portfolios und gerade bei der Internationalisierung von Unternehmen denke ich, mich und mein Netzwerk gut einbringen zu können. Und auf der Exit-Seite habe ich ebenfalls einen zusätzlichen Blickwinkel, der die langjährige Erfahrung des bestehenden Managementteams noch weiter ergänzt.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Susanne Gläser.
Zu den Gesprächspartnern:
Thomas Moser (unten) und John Chapman (oben) sind Managing Partner bei der Wiener Beteiligungsgesellschaft Pontis Capital GmbH. Moser ist Spezialist für Beteiligungen im Hochtechnologiebereich, als Aufsichtsrat und Beirat mehrerer Portfoliounternehmen tätig und war als Finanzvorstand Mitglied im Leitungsgremium der AVCO. Chapman ist im Oktober 2011 zu Pontis gestoßen. Frühere Stationen waren u.a. die Banken Bankers Trust, PNB Paribas und die Venture Capital-Gesellschaft TVM Capital.