Robuster Markt in Deutschland
Auf den ersten Blick klingen die Zahlen erfreulich: Nach dem dritten Quartal stehen insgesamt 4,7 Mrd. EUR an Private Equity-Investitionen in Deutschland zu Buche. Damit wurde frühzeitig die Zahl der Gesamtinvestitionen aus dem Vorjahr (3,23 Mrd. EUR) klar übertroffen. Doch mag der Schein trügen, denn gleichzeitig gingen die Investitionen zwischen Juli und September um fast ein Viertel im Vergleich zum Vorjahr zurück. Lediglich 1,47 Mrd. EUR konnten im Rahmen von Buyout-Investitionen, Venture Capital-, Wachstums- oder Turnaround-Finanzierungen platziert werden. Zwar erwies sich der Private Equity-Markt hierzulande noch als relativ robust gegenüber aktuell widrigen gesamtwirtschaftlichen Bedingungen. Doch zunehmend sorgt die Eurokrise für eine sinkende Investitionsbereitschaft der Unternehmen. „Einerseits hat sich der Zugang zu Finanzierungen im letzten Jahr verbessert, was einen belebenden Effekt auf die Aktivitäten im Markt hatte. Andererseits haben Zuversicht und Vertrauen im M&A-Marktumfeld, in dem sich auch Private Equity-Unternehmen bewegen, abgenommen“, meint Leon Saunders Calvert, Leiter Private Equity und M&A bei Thomson Reuters. So forderte auch BVK-Geschäftsführerin Ulrike Hinrichs unlängst dazu auf, Maßnahmen zu ergreifen, die eine weitere positive Entwicklung des Private Equity-Marktes unterstützen: „Es bleibt zu hoffen, dass die Politik durch nachhaltige Lösungen für den Euroraum das Vertrauen der Märkte zurückgewinnt.“
Renditeträchtig in der Krise
Dabei bietet Private Equity insbesondere in Krisenzeiten gute Möglichkeiten für lohnende Investments und starke Finanzpartner. So erzielen Private Equity-Investments in der Regel höhere Renditen als vergleichbare Aktivitäten an der Börse und das bei geringerem Risiko. Während der jüngsten Finanzkrise zwischen September 2007 und September 2009 übertraf die Rendite von Private Equity-Investments die des MSCI-Aktienindex (Morgan Stanley Capital International) in Nordamerika um 21,3% und in Europa immerhin um 15,1%. Ausschlaggebend dafür ist vor allem die operative Leistung eines Unternehmens, die beim Kauf durch einen Investor eine ganz wesentliche Rolle spielt. Im Rahmen einer Due Diligence werden die Stärken und Schwächen des potenziellen Portfolios genauestens überprüft. Aufgrund des längeren Anlagehorizonts von bis zu fünf Jahren spielen kurzfristige Gewinne keine wesentliche Rolle. Vielmehr hätten Investoren zudem die Möglichkeit, durch ihr Mandat Einfluss auf wesentliche strategische Entscheidungen in der Unternehmensführung zu nehmen.
Fazit
Trotz der Attraktivität steht der Beteiligungsmarkt vor großen Herausforderungen. Die Gesellschaften sehen sich bei Neuakquisitionen mit immer schwierigeren Refinanzierungsmöglichkeiten seitens der Banken konfrontiert. Angesichts der Eurokrise gilt dies vor allem für Europa. Saunders Calvert sieht auch die Branche selbst in der Pflicht: „Es muss das Ziel sein, den Nutzen, den die Branche für die wirtschaftliche Marktstimulierung stiftet, nämlich weil sie Geschäftstätigkeit und Unternehmertum unterstützt, besser zu erklären“, so Saunders Calvert. „Gleichzeitig kann die Branche durch Kommunikation ihren mit Makeln behafteten Ruf der ‚ungesunden Hebeler‘ und ‚Zerschlager‘ korrigieren.“
Holger Garbs