Gründer sollten bei Finanzierungsrunden langfristig denken

Als aktiver Wagniskapitalinvestor kommt man im Jahr auf zwischen sechs und zwölf Deals, als Partner oder für den Venture-Fonds an sich. Dies geschieht jahrein, jahraus, und als Resultat wird der Venture Capitalist zum geschulten Dealmaker – was okay ist, dafür werden Venture Capitalists schließlich bezahlt. Ein europäischer Gründer dagegen wird in seiner Unternehmerlaufbahn im Schnitt zwischen vier- und achtmal eine Finanzierungsrunde verhandeln und bringt somit andere Voraussetzungen und Stärken an den Verhandlungstisch – auch das ist okay, ein Unternehmer wird schließlich dafür bezahlt, dass er ein Unternehmen operativ aufbaut.
 
Somit besteht ein offensichtliches, asymmetrisches Gefälle zwischen Erfahrungswerten in Bezug auf Verhandlungen und die Interpretation der verschiedenen zur Verhandlung stehenden Punkte. Dieses Gefälle wird besonders offensichtlich, wenn es um das Thema Werte geht. Meist konzentriert sich der Unternehmer entweder auf den Wert des Unternehmens vor der Transaktion (Pre-Money Valuation) zu einem Preis X oder die Höhe seiner für sich beanspruchten Unternehmensanteile nach der Transaktion, ohne sich um die eigentliche Finanzierungssumme zu kümmern.
 
Dagegen geht es einem Venture Capitalist um eine deutlich vielschichtigere Sichtweise auf die verschiedenen Verhandlungspunkte, die allesamt einen wirtschaftlichen Einfluss auf die Transaktion oder die langfristige Wertentwicklung der Anteile haben. Manche dieser Verhandlungspunkte betreffen Themen wie beispielsweise die Strukturierung eines Optionspools und zu welchem Zeitpunkt dies geschehen sollte sowie die Liquidation Preference, Sonderdividenden, Finanzinstrumente, Schutzbestimmungen etc. Gleichzeitig gibt es für Gründer ein weiteres nicht mit dem Unternehmenspreis zusammenhängendes Thema, das für den Wert der Anteile wichtig ist: Viele Gründer bekommen die Gelegenheit, mehr Geld aufzunehmen, als in ihrer eigentlichen Planung notwendig ist. Das ist natürlich schmeichelhaft und eine Gelegenheit, die viele intuitiv annehmen würden. Daraus resultiert jedoch eine Aufgabe von Anteilen zur aktuellen Bewertung für die Gründer und die verpasste Chance, bei einer späteren absehbaren Runde in acht bis zwölf Monaten eine bessere Bewertung der Anteile zu erreichen.
 
Mein Rat für Gründer ist es, sich nicht nur auf die Pre-Money Valuation zu fokussieren, sondern sich der unterschiedlichen und vielschichtigen Aspekte bewusst zu werden und auch langfristige Elemente nicht aus dem Auge zu verlieren wie z.B. das Anteilsvolumen im Falle eines Exits. Das würde gleichermaßen den Gründern und den Investoren nützen und dazu beitragen, den gesamten Finanzierungsprozess reibungsloser zu gestalten. Abschließend gilt es zu sagen, dass heutzutage die meisten Venture Capitalists Unternehmern gegenüber eine hohe Transparenz an den Tag legen und hier auch die verschiedenen Sichtweisen aufzeigen, was Basis einer erfolgreichen Zusammenarbeit ist.

Zum Autor
Jens Munk ist Managing Director von venturecapital.de powered by CFP & Founders (www.cfpartners.com). Er blickt auf mehr als 20 Jahre Erfahrung als Unternehmer und Investor zurück. Das Unternehmen ist eine der führenden Growth Equity-Investmentfirmen mit einem klaren Fokus auf Software, Internet, Mobile-, IT- und Business-Dienstleistungen.