Christian Neureuther, ehemaliger Skirennläufer: „Es kommt darauf an, unverwechselbar zu sein“

VC Magazin: Hier auf der ISPO (www.ispo.com) begeistern vor allem neue Technologien bei der Sportausstattung die Besucher. Was war die größte Innovation, die Sie in den vergangenen Jahrzehnten beobachten konnten? Neureuther: Die größte Errungenschaft ist ganz klar das Smartphone. Es ist gigantisch, was damit bereits heute alles möglich ist, und die Zukunft hält da noch viel größere Möglichkeiten bereit. Das Smartphone wird in Zukunft auch im Sport alles steuern. Wir stehen hier sicher erst am Anfang der Entwicklung. Jeder wünscht sich ja, gesund zu bleiben. Aufgrund der demografischen Entwicklung und des allgemeinen Trends zu Wellness und Fitness auch im Alter entstehen hier große Märkte. Das Smartphone ermöglicht z.B. eine permanente Überwachung meiner Vitalwerte während des Trainings, und wenn ich das möchte, kommt aus der Cloud der Hinweis, dass ich meine Tabletten nicht vergessen darf. Für das Älterwerden stimmt mich das sehr hoffnungsfroh.

VC Magazin: Was bedeuten solche technischen Innovationen für den Leistungssport? Neureuther: Im Leistungssport werden die Dinge getestet, die später im Breitensport Verwendung finden. Technologien können Risiken beim Sport reduzieren, beispielsweise im Skisport – immerhin eine der gefährlichsten Sportarten überhaupt. Beispiele sind Helme und Protektoren, die sich mit Luft aufblasen, bevor der Sportler auf den Boden knallt, oder Leistungsdiagnostiken, die schon während des Trainings Verbesserungen der angewandten Methoden ermöglichen. Ich glaube aber, dass im allgemeinen Gesundheitsbereich das größte Potenzial liegt.   VC Magazin: Wenn Sie noch einmal einen Neustart wagen würden – welches Unternehmen würden Sie gründen? Neureuther: Zeit und Geld kann man überall investieren, aber nur dort, wo die eigenen Neigungen liegen, macht es auch Spaß. Denn dort sammelt man automatisch das richtige Wissen an, um Erfolg zu haben. Deshalb würde ich mich ganz sicher im Bereich Smartphone-Anwendungen im Sport versuchen. Ich bin allerdings kein Technikexperte, also würde ich gute Berater um mich scharen, die mir die Richtung weisen können.   VC Magazin: Sie sind seit Jahrzehnten nicht mehr im Leistungssport aktiv, dennoch kennt Sie in Deutschland jedes Kind. Sie haben es erfolgreich geschafft, die „Marke Neureuther“ zu etablieren und zu pflegen. Was ist das Geheimnis Ihres Markenerfolgs?

Neureuther: Das Grundprinzip bei der Etablierung einer Marke ist die Unverwechselbarkeit. Man muss sich ständig fragen: Wofür stehe ich? Wie will ich wahrgenommen werden? Wie kann ich mich von anderen abgrenzen? Wo habe ich mein Alleinstellungsmerkmal, das jeder sofort mit mir verbindet? In meinem Fall beispielsweise ist mit dem Namen Neureuther auch sofort meine Frau verbunden: Christian Neureuther und Rosi Mittermaier (www.rosi-mittermaier.de) sind als Paar eine Marke, diese Konstellation ist einmalig. Und genau darauf kommt es an: nicht vergleichbar zu sein.   VC Magazin: Was bedeutet für Sie Erfolg? Neureuther: Erfolg ist das Wichtigste, was der Mensch braucht. Davon bin ich überzeugt. Der Mensch ist durch die Evolution so geprägt, dass er Erfolg braucht, sonst ist er nicht lebensfähig. Menschen, die nicht erfolgreich sind, werden oftmals krank, ein Kind, das ich nicht lobe, wird aggressiv. Deshalb ist es wichtig, die Leistungen anderer anzuerkennen. In der Kindererziehung beispielsweise hat das für mich schon immer bedeutet, meine Kinder da zu fördern, wo sie Talent haben, und Erfolgsmomente erleben können. Wichtig ist, trotz aller Kritik, die manchmal angebracht ist, immer auch das Positive herauszuarbeiten.   VC Magazin: Junge Unternehmer sind ähnlich wie Sportler immer auf der Suche nach Kapitalgebern bzw. Sponsoren. Was können Start-ups bei der Kapitalsuche von Sportlern lernen? Neureuther: Zwei Dinge sind bei der Sponsorensuche im Sport essenziell: Das eine ist Leidenschaft. Ich muss mir Ziele setzen und alles dafür tun. Nur wenn ich mit Leidenschaft dabei bin, kann ich Wirkung erzielen und auch andere von meinem Vorhaben begeistern. Die zweite Komponente ist die Risikobereitschaft. Ohne Risiken gibt es keinen Erfolg. Wenn ich als Leistungssportler nicht versuche, immer wieder meine Grenzen auszuweiten, werde ich nie schneller sein als andere. Natürlich bedeutet das auch Risiko – bei den ersten Testfahrten werde ich wohl erst einmal stürzen, so lange eben, bis ich meine Grenzen neu ausgelotet habe. Vergessen darf man dabei aber eines nicht: Erfolg stellt sich vor allem im Team ein. Im Team zu siegen ist noch schöner, als allein zu siegen.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Susanne Gläser.

Zum Gesprächspartner:
Der ehemalige deutsche Skirennläufer Christian Neureuther (de.wikipedia.org/wiki/Christian_Neureuther) errang in den 1970er-Jahren u.a. sechs Weltcupsiege und zwölf deutsche Meistertitel. Er ist heute Mitglied im Aufsichtsrat des Deutschen Skiverbandes, engagiert sich für den Breitensport und unterstützt wohltätige Organisationen wie die Kinder-Rheumastiftung.