Volatilität als neue Normalität
Stop and go: Höhere Volatilitäten und Volatilitätsniveaus sind Gift für den Primärmarkt. Klar, denn wie kann man in einem Angebotszeitraum mit deutlichen Schwankungen der Bewertungskennziffern fair und vorausschauend ein IPO bepreisen? Ausgemachte mögliche Ursachen sind vielfältig, wie die zunehmende Vernetzung internationaler Börsenplattformen oder der mittlerweile hohe Effizienzgrad der Kapitalmärkte mit Real Time-Informationen und grenzenlosem elektronischem Handel in Hochgeschwindigkeit und -frequenz. Auch 2012 wird die Volatilität ein bestimmendes Maß für die Transaktionswahrscheinlichkeit von Börsengängen sein. Lösungsansätze sind kleinere geplante Volumina in hochflexiblen Emissionskonzepten, größere Konsortien zur Ansprache eines weiten Investorenkreises und noch frühzeitigere Ansprache potenzieller Ankerinvestoren und sogenannter Opinion Leaders bestimmter Sektoren.
Höhere Flexibilität und Anforderungen
Moving Target: Während es früher zwei klare und planbare IPO-Fenster pro Jahr gab, sind diese heute nicht mehr vorherseh- und planbar. Es gibt vielmehr kleine enge „Schießscharten“. Diese öffnen und schließen sich schnell und häufig ohne Vorwarnung. Für Börsenkandidaten bedeutet das neue Herausforderungen in der Vorbereitung auf die heiße Platzierungsphase und den laufenden Kapitalmarktregelbetrieb. Die Unternehmensinfrastruktur muss schneller in der Lage sein, notwendige Informationen z.B. für die Due Diligence und den Prospekt zu liefern. Gute und frühzeitigere Vorbereitung sind wie das Timing das A und O, wenn sich Märkte wieder öffnen.
Zunehmende geografische Offenheit
Companies will go where the money is: Bisher war für viele der heimische Börsenplatz der „Home market by default“. Dies scheint sich zu ändern. Denn Börsenkandidaten und Private Equity-Manager schauen auch auf starke Primärmärkte, in denen die Platzierung eines Börsengangs kein Engpassfaktor zu sein scheint oder aktuell höhere Bewertungskennziffern geboten werden. Insbesondere dann, wenn es gute strategische und operative Gründe gibt, außerhalb des Heimatmarktes notiert zu sein. Die Erschließung neuer Märkte durch Internationalisierung und das bessere Erreichen der Kundenbasis und höhere Aufmerksamkeit im Zielmarkt sind hier wesentliche Überlegungen. So lassen sich die Geschäfts- und Finanzierungsstrategie ideal verbinden.
Private Equity setzt auf IPOs
Für Portfoliogesellschaften von Private Equity-Investoren gibt es demnach zwei wichtige Faktoren, diesen Trends erfolgreich unternehmensintern zu begegnen:
· frühzeitigere und gute Vorbereitung des Unternehmens
· Schnelligkeit der Prozesse in der Infrastruktur steigern
Ob IPO, Trade Sale oder Secondary: Viele Private Equity-Häuser sehen 2012 im Börsengang eine gleichwertige Option für Exits. Unabhängig von der finalen Entscheidung, welcher Weg beschritten wird, können in allen Fällen idealerweise Unterlagen mehrfach verwendet, Prozesse gleichgerichtet und zeitlich aufeinander abgestimmt werden.
Rechtzeitig starten mit IPO Readiness Assessment
Für viele Private Equity-Manager und Geschäftsleitungen stellt sich dabei zunächst die Kernfrage: Ist das Unternehmen kapitalmarktfähig und auf den Sprung aufs Parkett gut vorbereitet? Sie wollen sich aus erster Hand informieren, die kritischen Punkte und Pfade besser verstehen und erfahren, welche Aspekte wichtig für einen starken Auftritt am Kapitalmarkt sind. Der erfolgreichste Weg, frühzeitig Antworten hierauf zu finden, ist ein strukturierter und ganzheitlicher Ansatz zur Prüfung der Kapitalmarktfähigkeit – kurz ein IPO Readiness Assessment. Dieses führt im Rahmen eines initialen Workshops strukturiert durch wichtige Bereiche im Unternehmen, die für einen erfolgreichen Börsengang notwendig sind. Das Ergebnis des Assessments ist oft auch Basis für die Entscheidung im Gesellschafterkreis. Deshalb werden auch in der Strategiediskussion des IPO Readiness Workshops grundlegende Fragen wie geeigneter Börsenplatz und Motive bzw. Mittelverwendung geklärt.
Eine Bestandsaufnahme nimmt die Fitness des Börsenkandidaten auf. Dabei wird die Leistungsfähigkeit verschiedener Disziplinen, Prozesse und Infrastrukturen erfragt, die für die Erfüllung von Pflichten und für die Kür am Kapitalmarkt wichtig sind. Ergebnis ist ein ausführlicher IPO Readiness Report, der den aktuellen Status in den verschiedenen Bereichen aufnimmt, diesen mit der Zielstruktur der Anforderungen des Kapitalmarktregelbetriebs abgleicht und daraus die zu schließenden Lücken aufzeigt. Zudem beinhaltet er konkrete Empfehlungen und einen möglichen Zeitplan in einem Multi Track-Prozess für die interne Umsetzung mit dem Ziel der Exit- bzw. Kapitalmarktfähigkeit.
Fazit:
Nichts ist so stetig wie der Wandel. Das betrifft besonders den Kapitalmarkt, der sich in den letzten Jahren fundamental verändert hat. Hier gibt es neue Regularien, geänderte Transaktions-, Preisfindungs- und Platzierungstechniken, verändertes Investorenverhalten, höhere Geschwindigkeit von Börsenliquidität, neue attraktive Primärmärkte, alternative Finanzierungswege und neue Kapitalmarktteilnehmer in verschiedenen Disziplinen. Umso wichtiger sind aktuelles Know-how aus verschiedenen Transaktionen und ein Netzwerk von relevanten Intermediären und Institutionen. Dies eröffnet zugleich neue Chancen für Unternehmen, die Transaktionssicherheit in turbulenten Kapitalmärkten aktiv zu gestalten und zu erhöhen – mit guter Vorbereitung und IPO Readiness.
Zum Autor
Dr. Martin Steinbach ist Head of IPO and Listing Services der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (www.ey.com). Er hatte verschiedene Führungspositionen in den Bereichen Investment Banking und Private Equity inne, u.a. war er bis 2011 Head of Issuer & Investor Markets der Deutschen Börse AG.