Stetige Kurve
Das Jahr 2011 schloss der High-Tech Gründerfonds (HTGF) mit einem Rekordwert ab: Im vierten Quartal gab es so viele Finanzierungsanfragen wie nie zuvor. Diesen Schwung nahm Deutschlands aktivster Frühphasenfinanzier mit ins neue Jahr, denn im ersten Quartal 2012 gab es hier eine weitere Steigerung. Wachstum in neue Höhen gab es auch an anderen Stellen. Die Drittmittel, sprich das Kapital von externen Kapitalgebern bei Folgefinanzierungen, stiegen binnen Jahresfrist von 8,7 Mio. EUR im Jahr 2010 auf zuletzt 109,2 Mio. EUR. Und 20,5 Mio. EUR im traditionell schwachen ersten Quartal lassen auch für 2012 auf erneutes Wachstum hoffen. Mit 56 Mio. EUR kommen gut 14% der Drittmittel aus dem Ausland, vorrangig aus Großbritannien, Frankreich und der Schweiz.
Bei den Portfolio-Unternehmen kennt der HTGF ebenfalls nur die Kurve nach oben. Seit der Gründung wurden 281 Beteiligungsverträge unterzeichnet, 12 weitere befinden sich gerade im Closing. Einmal im Jahr wird diese beeindruckende Ansammlung von Zahlen dann zum Leben erweckt – beim Family Day des High-Tech Gründerfonds in Bonn. 750 Anmeldungen gab es, darunter 300 Gründer von 200 Portfolio-Unternehmen, 250 Investoren und je 50 Business Angels und Industrievertreter.
Vernetzung untereinander zählt…
„Der Erfolg von Start-ups ist genauso schwer zu verstehen wie eine Ameisenkolonie“, zeigte sich Dr. Michael Brandkamp, Geschäftsführer des High-Tech Gründerfonds, in seiner Begrüßungsrede überzeugt. Seine Analogie: In beiden Fällen entscheiden Akteure unabhängig voneinander in einem dynamischen Umfeld, das sie nur in einem kleinem Umfang kennen, und tragen dennoch zum Gelingen eines großen Ganzen bei – im Fall der Start-ups zu einer Volkswirtschaft. Allerdings sei es auch nicht wichtig, aus welchen Gründen genau die Erfolgswahrscheinlichkeit eines Start-ups steige. „Es kommt darauf an, die Gründer untereinander zu vernetzen, damit Effekte entstehen“, so Brandkamp.
Genau diesem Ziel kam die sechste Auflage des Family Day nach. Traditionell stand der erste Tag im Dienst der Fortbildung und des internen Netzwerkens. Nur wenige externe Investoren und Berater waren als Referenten für die acht Workshops zugelassen, die zahlreichen Portfolio-Unternehmen sollten sich untereinander kennenlernen und beispielsweise Chancen für gemeinsames Marketing oder Entwicklungspartnerschaften ausloten. Während des offiziellen Programms dienten schon hier einige der 1:1-Meetings dafür, später kamen sich die Entrepreneure beim Seed-Champions-Club (es wurde Tippkick gespielt) und der Party (Seed-Club) näher.
…aber auch mit Kapitalgebern
Eine wichtige Rolle nahm aber auch die Vernetzung der Start-ups mit den Industrieinvestoren in den High-Tech Gründerfonds ein. Waren es bei der ersten Auflage des Fonds noch sechs hiesige Konzerne, schossen bei der zweiten Auflage bereits 13 Investoren Geld bei. In gut einer Stunde duften diese sich den Portfolio-Unternehmen vorstellen.
„Mit dem Schnelldurchlauf bekommen Gründer einen guten, kompakten Überblick über die Partner und erfahren auch etwas über deren Motivation“, meinte Michael Seinmetzer von der KfW (www.kfw.de). Andi Rother, Geschäftsführer des Fotobuchservice Pictureplix (www.pictureplix.de), jedenfalls nutzte die Gunst der Stunde. „Ich habe eben ein gutes Gespräch mit Cewe Color geführt“, freute er sich. Sehr beliebt wurde im Vorfeld auch die Option wahrgenommen, solche Gespräche für den zweiten Tag zu planen: Rund 600 1:1-Meetings wurden vorab zwischen Gründern und Investoren bzw. Industrievertretern verabredet, um miteinander über Finanzierungen oder strategische Fragen zu sprechen.
Fazit:
Nachdem das Eigenkapitalforum Frühjahr als der größte Treffpunkt der Early Stage-Szene nach der 2010er-Auflage eingestellt wurde, klaffte eine große Lücke. Diese hat der High-Tech Gründerfonds mit seinem Family Day nachhaltig gefüllt. Denn unisono kamen über alle zwei Tage Gründer wie Investoren und Berater zu dem Schluss: „Das ist die wichtigste Veranstaltung ihrer Art in Deutschland.“ Für die nachhaltige Aufbauarbeit spricht auch der hohe Anteil an Geschäftsführern/Partnern unter den Investoren sowie von ausländischen Kapitalgebern. Von den vielfältigen Impulsen, die eine solche Veranstaltung mit sich bringt, kann die deutsche Gründerszene nur profitieren.
Torsten Paßmann