Auf der Suche nach Alternativen
Eine intelligente Alternative zum enger werdenden Kreditmarkt ist die Eigenkapitalbeschaffung durch Emission von Unternehmensbeteiligungen oder Genussrechten. In einigen Staaten gelten Unternehmensbeteiligungen, ob als Wagniskapital oder als Eigenkapital zur Verfügung gestellt, bereits als weit verbreitete Standardmöglichkeit zur Finanzierung. Und das gilt insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen, denen meist die Kapitalbeschaffung über die Börse nicht möglich ist. In den USA und einigen westeuropäischen Staaten wie Großbritannien und Frankreich haben Unternehmensbeteiligungen bereits einen nennenswerten Umfang erreicht. Deutschland hinkt dieser Entwicklung jedoch hinterher. Wurden im Jahr 2010 immerhin rund 40 Mrd. EUR an Beteiligungskapital in Europa vermittelt, so entfielen davon auf Deutschland gerade einmal eine halbe Mrd. EUR, kaum mehr als 1%. Das zeigt das enorme Potenzial.
Neuer Gesellschafter an Bord
Sicherlich, für einen gestandenen Unternehmer eines kleineren Betriebes klingen Begriffe wie Private Equity und Venture Capital verdächtig nach spekulativer Hochfinanz. Letztlich sind es aber nur über einen privaten Markt gehandelte Anteile an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft. Man holt sich einen Gesellschafter, nicht mehr und nicht weniger. Grundsätzlich sind Beteiligungen an profitablen Firmen ein Gewinn für beide Seiten, der Kapitalgeber erhält solide Erträge aus einer Anlage in der Realwirtschaft und der Unternehmer erhält wiederum vergleichsweise unkompliziert Eigenkapital und gegebenenfalls Know-how.
Notwendige Öffnung
Es bleibt die Frage, warum gerade in Deutschland diese Finanzierungsalternative so wenig verbreitet ist. Englische Ausdrücke, die geringe Transparenz im Markt für Beteiligungen, praktisch keinerlei Regulierung oder zumindest Aufsicht durch den Staat – alles Dinge, die das Vertrauen in Beteiligungsmodelle nicht gerade fördern. Andererseits muß sich auch der deutsche Mittelstand öffnen, über neue Wege der Finanzierung nachdenken, zumindest die Alternative einer Unternehmensbeteiligung prüfen. Er wird über kurz oder lang nicht darum herumkommen. Man stelle sich nur vor, die ohnehin angespannte Situation der Finanzmärkte spitzt sich noch zu.
Wir müssen umdenken
Noch erleben wir in Deutschland eine Sonderkonjunktur, während fast alle unsere europäischen Nachbarn bereits ernsthafte wirtschaftliche Probleme haben. Rückgang der britischen Wirtschaftskraft, steigende Arbeitslosenzahlen in Frankreich, Refinanzierungsprobleme in Spanien. Die Liste der Länder mit Problemen ist lang. Kurz: Ein Umdenken muss stattfinden. Die Herausforderung besteht hier vor allem in der weiteren Etablierung und Professionalisierung des Marktes für Beteiligungskapital in Deutschland. Viel zu oft finden Kapitalgeber und Unternehmen nicht zueinander. Hinzu kommen Vorbehalte und mangelhaftes Wissen um die Möglichkeiten. Nicht selten wird beim Thema Beteiligungskapital an die globalen Finanzinvestoren gedacht. Dabei kommen die meisten Gelder für solche Beteiligungen von ebenfalls als Unternehmer tätigen Kapitalgebern, die vor allem an strategischen Investitionen interessiert sind.
Ausblick
Das Ziel ist klar: Auch der Handwerksmeister von nebenan muss ganz selbstverständlich eine Unternehmensbeteiligung zur Kapitalbeschaffung in Betracht ziehen. Es gilt, einen Paradigmenwechsel umzusetzen und den Markt für private Unternehmensbeteiligungen aus seinem Schattendasein herauszuführen.
Zum Autor
Udo Goetz ist Vorstand der axanta AG (www.axanta.com). Die im Jahr 2006 gegründete Beratungsgesellschaft hat sich auf den Verkauf kleiner und mittelständischer Unternehmen sowie die Vermittlung von Beteiligungen spezialisiert. Das Unternehmen unterhält fünf Niederlassungen in Deutschland und wurde 2011 vom TÜV Nord nach ISO 9001 zertifiziert.