„Wir treffen über alle Parteien hinweg auf offene Türen“


VC Magazin:
Frau Hinrichs, Herr Kues, seit nunmehr gut einem Jahr führen Sie als Geschäftsführerin und als Vorstandsvorsitzender die Geschicke des BVK. Wie lautet Ihr Zwischenfazit?

Hinrichs: Wir haben ein sehr politisches Jahr hinter uns, von Steuer- und Standortfragen bis hin zu Gesetzesentwürfen. Wir konnten hier viele wichtige Dinge bewegen. Wir haben uns politisch gut positioniert und unsere Aktivitäten zum Beispiel durch parlamentarische Abende erweitert. Indem wir den Bundespräsidenten auf einer Auslandsreise begleiten durften, sind wir in die erste Reihe der Spitzenverbände in Berlin aufgerückt. Wir haben uns aber auch eng mit Unternehmern und Unternehmerverbänden zusammengeschlossen und so unseren Slogan „Wir investieren in Deutschland“ mit Leben gefüllt.

Kues: Der wichtigste Fortschritt aus meiner Sicht war bislang, dass wir ein sehr lebhaftes Netzwerk in Berlin aufgebaut haben. Heute treffen wir über alle Parteien und Ministerien hinweg auf offene Türen, und werden als ein wichtiges Glied in der Mittelstandsfinanzierung wahrgenommen. Dieses Vertrauen haben wir uns erarbeitet, indem wir immer wieder erklärt haben, was Private Equity ist und wie die Fonds vorgehen.

 

VC Magazin: Den Diskussionsentwurf des Bundesfinanzministeriums zur Umsetzung der AIFM-Richtlinie hat der BVK begrüßt, allerdings Nachbesserungen gefordert. Was sind Ihre Hauptkritikpunkte?

Kues: Wir begrüßen generell einen einheitlichen Rechtsrahmen und damit auch diese Regulierung. Wir bedauern allerdings, dass es offensichtlich Stimmen gibt, die bei der Umsetzung der Richtlinie über den Rahmen hinausgehen wollen, den Brüssel vorgegeben hat. Das betrifft vor allem den Bereich Privatanleger: Sie werden faktisch von Investitionen in Private Equity-Fonds ausgeschlossen. Die Diskussion wird unter dem Gesichtspunkt des Anlegerschutzes geführt, deshalb wird zwischen professionellen und nicht professionellen Anlegern unterschieden. Ein Family Office, das Privatvermögen verwaltet, ist aber kein schutzbedürftiger Kleinanleger! Der Anlegerschutz wird durch die bisher vorgelegten Regelungen sogar konterkariert, indem Fondsmanager als Non-Professionals eingestuft werden und nicht mehr in ihre eigenen Fonds investierten dürften – was aber gerade einen Interessensgleichklang mit den Investoren herstellen würde. Es würde eine Situation entstehen, wie man sie im Investmentbanking kritisiert, nämlich dass Fondsmanager bei Gewinnen mitverdienen, an Verlusten aber unbeteiligt bleiben.

Hinrichs: In anderen europäischen Ländern wie Frankreich oder Luxemburg, die ebenfalls gerade an der Umsetzung der Richtlinie arbeiten, gibt es keine solchen Bestrebungen. Damit entsteht für Deutschland ein echter Standortnachteil. Wie sollen wir einen ausländischen Kapitalgeber davon überzeugen, in einen deutschen Fonds zu investieren, wenn wir gleichzeitig unsere eigenen Privatinvestoren heraushalten?

Kues: Die AIFM-Richtlinie ist eigentlich eine Managerregulierung. Der jetzige Diskussionsentwurf verwandelt sie aber in eine Produktregulierung. Das ist das Kernproblem.

 

VC Magazin: Wie lautet der Gegenvorschlag des BVK?

Hinrichs: Die beste Lösung wäre, innerhalb der Brüsseler Bestimmungen zu bleiben. Wenn man aber unbedingt eine Unterscheidung zwischen professionellen und nicht professionellen Anlegern machen möchte, empfehlen wir eine zusätzliche Kategorie des semiprofessionellen Anlegers. Allerdings wären auch hier die Details höchst kompliziert und es wäre schwer, entsprechende Kriterien für die Kategorisierung festzulegen.

 

VC Magazin: Wie optimistisch sind Sie, Ihre Vorschläge zur Nachbesserung des AIFM-Entwurfs durchsetzen zu können?

Hinrichs: Derzeit sind die Verbände aufgefordert, ihre Stellungnahmen zum Diskussionspapier abzugeben, im September oder Oktober wird dann ein erster Gesetzesentwurf vorgelegt. Wir sind mit den Entscheidungsträgern auf Regierungsseite im Gespräch und leisten hier Überzeugungsarbeit. Gerade in den wirtschaftsnahen Ressorts wie dem Bundeswirtschaftsministerium, dem Bundesforschungsministerium oder der Wirtschaftsabteilung des Auswärtigen Amtes ist den handelnden Personen daran gelegen, die Rahmenbedingungen am Standort Deutschland nicht zu verschlechtern. Und auch bei den Abgeordneten treffen wir auf Unterstützung für unsere Branche. Das stimmt uns optimistisch, noch Spielräume nutzen und Veränderungen anstoßen zu können.

Kues: Bei anderen politischen Themen wie der Abzugsfähigkeit von Zinsen bei Firmenübernahmen oder der Carried Interest-Besteuerung ist es uns übrigens bereits gelungen, bis in die Spitze des Finanzministeriums Gehör zu finden. Diese Themen haben wir vom Tisch bekommen.

 

VC Magazin: In der Heimatstadt des BVK Berlin entsteht seit ein paar Jahren eine neue Szene von Seed- und Frühphasenfinanzierern. Inkubatoren wie Rocket Internet oder Team Europe sind aber bislang keine BVK-Mitglieder. Wie kann der Verband diese neue Gruppe von Investoren und Super Business Angels integrieren?

Hinrichs: Wir dürfen es nicht verpassen, diese Szene mit dem BVK zu verbinden. Deshalb haben wir bereits im vergangenen Jahr einen runden Tisch unter dem Arbeitstitel „Gründerfieber“ zusammengerufen. Dort diskutieren wir mit unseren Mitgliedern, aber auch mit Externen wie Unternehmensgründern. Diesen Stammtisch wollen wir fortsetzen. Gleichzeitig arbeiten wir gemeinsam mit unseren Frühphasenfonds an einer Venture Capital-Strategie. Auch dazu stehen wir in Dialog mit der Berliner Szene.

Kues: Wir weiten unsere Mitgliederbasis übrigens auch in anderer Hinsicht aus: Wir möchten auch die institutionellen Investoren stärker integrieren. Bis Jahresende soll eine entsprechende Fachgruppe etabliert werden. Wir bekommen mehr Schlagkraft, wenn wir bei Themen wie Solvency II oder Basel III mit institutionellen Investoren an einem Strang ziehen.


VC Magazin:
Welche weiteren Themen stehen bei Ihnen ganz oben auf der Agenda?

Kues: Als ein Hauptthema neben AIFM betrachten wir die Frühphasenfinanzierung. Wir wollen hier Anstöße geben, damit sich neue Teams etablieren können und Limited Partner sich wieder für Venture-Investitionen öffnen.

Hinrichs: Als weiterer großer politischer Schwerpunkt arbeiten wir auch am Thema Unternehmenssteuerreform. Im Moment herrscht hier eine Pattsituation zwischen Bund und Ländern, es kursieren aber einige Vorschläge, an denen wir dran sind. Außerdem müssen wir vermeiden, dass die Steuererleichterungsvorschläge der Länder nicht zur Verschlechterung der Rahmenbedingungen beitragen. Eine Mitgestaltung beim Jahressteuergesetz ist hier ganz wichtig.

 

VC Magazin: Vielen Dank für das Interview!

 

Zu den Gesprächspartnern:

 

Ulrike Hinrichs ist seit Mai 2011 Geschäftsführerin des BVK. Die ausgebildete Journalistin war u.a. als Sprecherin des damaligen Bundesministers Horst Seehofer und als Büroleiterin der Staatsministerin Cornelia Pieper im Auswärtigen Amt tätig. Matthias Kues ist Sprecher der Geschäftsführung der NORD Holding Unternehmensbeteiligungsgesellschaft (www.nordholding.de) und Vorstandsvorsitzender des BVK.