Wege zum internationalen Erfolg

 

 

Wachstum und Zukunft

58-59 Patrick Llewellyn 99designsZunächst gilt es, den Markt, in den expandiert werden soll, genau zu analysieren. Gibt es bereits einheimische Mitbewerber und wenn ja, in welchen Bereichen unterscheiden sie sich vom eigenen Unternehmen? Wie steht es um die Finanzkraft der Mitbewerber? Möglicherweise ist es sinnvoller, sich bei einem einheimischen Start-up einzukaufen und bestehende Infrastrukturen und Erfahrungswerte zu nutzen. „Wir hätten auch in Deutschland ein Büro eröffnen, ein paar fähige Leute anstellen können und dann sehen, wie weit wir kommen. Aber mit dem Kauf von 12designer und dem Wissen und den Erfahrungen, die Gründerin Eva Missling mitbringt, sind wir der Meinung, größere Erfolgschancen zu haben“, erklärt Patrick Llewellyn, Präsident und CEO des Online-Marktplatzes für Grafikdesign 99designs (www.99designs.de), den Einstieg seines Unternehmens in den deutschen Markt. Vor zwei Monaten übernahm 99designs das deutsche Start-up 12designer (www.12designer.com)und baut seither seine Europa-Zentrale in Berlin auf. Dass bei einer solchen Übernahme der Käufer nicht nur von den Marktkenntnissen des Targets profitiert, berichtet Gunnar Froh, Deutschland Geschäftsführer des Vermittlers für Privatunterkünfte Airbnb (www.airbnb.de) und Gründer von Accoleo, das 2011 von Airbnb übernommen wurde: „Wir haben auch lokale Kontakte und Investoren zu Airbnb gebracht.“

Aufgabe von Kontrolle

Eine Herausforderung für die meisten Gründer ist es, bei der Erschließung neuer Märkte die Kontrolle aus den Händen zu geben. Auch hier58-59 Gunnar Froh Airbnb kann es sich lohnen, den Markt nach Mitbewerbern zu überprüfen, die bereits eine vergleichbare Entwicklung wie das eigene Unternehmen genommen haben. Sie haben meist ähnliche Erfahrungen gemacht, Hürden erfolgreich gemeistert sowie Flexibilität und Durchhaltevermögen bewiesen. In den meisten Fällen gehen die Beweggründe jedoch über die messbaren Faktoren hinaus und werden aufgrund subjektiver Eindrücke entschieden: Wie sympathisch sind sich die Gründer? Traut man dem Gegenüber zu, die Expansion ebenso voranzutreiben, wie man es selbst tun würde? Wie weit die Vertrauensfrage geht, weiß Gunnar Froh aus eigener Erfahrung: „Für die Gründer von Airbnb war es ein großer Schritt, nach Deutschland zu expandieren.“

Internationalisierung von Anfang an

58-59 Christian Springub JimdoBereits bei der Gründung sollten sich Jungunternehmer Gedanken über die Expansion in andere Märkte machen. Denn so lassen sich bereits von Anfang an Strukturen schaffen, die später eine reibungslose Internationalisierung ermöglichen. Christian Springub hat genau das mit Jimdo (de.jimdo.com), einem von ihm 2007 mitgegründeten Webseiten-Baukasten, erfolgreich erprobt: „Wir wollten vom ersten Tag an international tätig sein. Zwei Wochen, nachdem wir Jimdo gegründet hatten, sind wir in den amerikanischen Markt eingetreten – vier Wochen später in den chinesischen.“ „Auch wir hatten von Beginn an den Fokus auf eine internationale Ausrichtung gelegt. Wir starteten sofort mit einer .com-Adresse, unsere ersten Designer und Kunden kamen aus Amerika und bei uns konnte man nur in USD bezahlen, weil uns das als eine Art Universalwährung erschien“, ergänzt Patrick Llewellyn von 99designs.

Erfolgreich vor Ort, vor Ort erfolgreich

Neben der Kundengewinnung zählt die Kundenbindung zu den wichtigsten und damit auch schwierigsten Aufgaben für Start-ups. Bei der Expansion ins Ausland sollte man daher besonderes Augenmerk auf den Kundenservice legen. Eine Website in der Landessprache ist Pflicht, für die Kür bedarf es deutlich mehr. Ein Management vor Ort sowie Kundenservice in Landessprache sind für eine erfolgreiche Expansion quasi unerlässlich. „Dank unseres Partners in China konnten wir uns dort sehr erfolgreich positionieren. Besonders im Marketing werden dort ganz andere Dinge als positiv betrachtet, als es beispielsweise in Amerika der Fall ist“, schildert Christian Springub die Erfahrungen von Jimdo. Auch Patrick Llewellyn sieht vor allem Vorteile in der räumlichen Nähe: „Durch den Kundenservice vor Ort verkürzt sich nicht nur die Reaktionszeit, sondern wir erhalten auch vermehrt Feedback, was uns hilft, unsere Website schneller zu verbessern.“

Offline präsent sein

Die meisten Start-ups stützen sich auf eine treue Community. Damit diese auch auf Dauer loyal zum Unternehmen steht, sind Offline-Veranstaltungen, bei denen sich Nutzer und Betreiber von Plattformen austauschen, ein probates Mittel. „Wir haben eine Vielzahl von solchen Events jeden Monat, dabei haben wir die Erfahrung gemacht, dass das nicht nur gut für die Community-Bindung ist, sondern dass wir gerade auf solchen Treffen auch immer wieder tolle Ideen von den Nutzern bekommen“, erzählt Gunnar Froh von Airbnb. „Außerdem fangen die Nutzer schnell an, auch eigene Events zu organisieren, sich dort auszutauschen und – was für uns natürlich toll ist – via Mund-zu-Mund-Propaganda die Seite weiterzuempfehlen“, ergänzt Patrick Llewellyn.

Bindung von Mitarbeitern

Die langfristige Bindung von Mitarbeitern an das Start-up stellt vor allem bei der Expansion in stark umkämpfte Märkte oder in Städte, in denen es zahlungskräftige Konkurrenz durch mittelständische Unternehmen gibt, eine große Herausforderung dar. Zumal junge Unternehmen meist nur über beschränkte Personaletats verfügen. Es gilt also, eine hohe Identifikation der Mitarbeiter mit dem Start-up zu schaffen. Der klassische Kicker-Tisch reicht da in den meisten Fällen nicht mehr aus. Beliebt und bewährt sind sogenannte Stand-up Meetings, kurze Treffen von zehn bis 15 Minuten vor Arbeitsbeginn, bei denen die Mitarbeiter kurz Ideen austauschen. „Wenn man dann Teile dieser Ideen umsetzt und das auch kommuniziert, schafft man bei den Kollegen eine unglaubliche Identifikation mit dem Unternehmen“, erklärt Christian Springub das Konzept, das sich bei Jimdo bewährt hat.