Mangelndes Vertrauen, aufkeimende Hoffnung

Sehr wenige Transaktionen

Inmitten eines verhaltenen M&A-Markts kommen Beteiligungsgesellschaften auch bei ihren Buy & Build-Strategien nicht richtig in Schwung. Die Anzahl der Folgeakquisitionen durch Unternehmen im Besitz europäischer Private Equity-Investoren lag im zweiten Quartal 2012 auf dem niedrigsten Stand seit Mitte 2009. Wie das Beteiligungshaus Silverfleet Capital in seinem gemeinsam mit dem Datendienstleister mergermarket erstellten Buy & Build-Monitor berichtet, gab es nur 63 abgeschlossene Zukäufe – genauso wenige wie im ersten Quartal. Im deutschsprachigen Raum waren es nur zehn (Vorquartal neun) Transaktionen. Erfasst wurden Zukäufe ab 5 Mio. EUR aufwärts. Im Sommer war die Tendenz auf schwachem Niveau stabil, weiß Silverfleet-Partner Guido May. Es gebe allerdings auch Hoffnung auf Besserung, denn seit Anfang September habe sich die Deal-Pipeline etwas stärker gefüllt. „Wir sehen inzwischen wieder mehr Investitionsopportunitäten, und auch die Finanzierungsbereitschaft der Banken im deutschsprachigen Raum ist gegeben“, sagt May.VC1210W Seite 40 Bild 0001

Hoffnungsschimmer im September

Offen ist, ob dies nur eine kurze Welle oder der Anfang eines nachhaltigen Trends ist. „Viele Akteure haben über den Sommer hin Transaktionen zurückgehalten“, so May. Es scheine wieder etwas mehr Vertrauen zu geben, nicht zuletzt wegen des Aufschwungs an den Börsen und beim Euro. Ob die leichte Stimmungsbesserung zu mehr Transaktionen führt, muss man abwarten. Tatsache ist, dass die Euro-Schuldenkrise und die damit einhergehende Unsicherheit seit langer Zeit die Investitionsfreude bremsen. Allerdings bemerkt Silverfleet seit den längerfristigen Refinanzierungsangeboten der Europäischen Zentralbank wieder „steigendes Interesse an fremdfinanzierten Unternehmenskäufen vonseiten einer größeren Anzahl von Kapitalgebern, vor allem in Deutschland und Frankreich“, so May. Dies hat auch dazu beigetragen, dass der durchschnittliche Wert der veröffentlichten Transaktionen im zweiten Quartal auf 55 Mio. EUR stieg, 72% über dem sehr schwachen ersten Quartal.

Signifikante Größe als Ziel

VC1210W Seite 40 Bild 0002Bei der Buy & Build-Strategie geht es um den Einstieg in ein Kernunternehmen, das anschließend mit weiteren Firmenzukäufen ergänzt wird. So können neue Kunden oder neue Märkte erschlossen und Synergiepotenziale realisiert werden. Ziel ist, eine signifikante Größe bzw. Marktposition zu erreichen. Damit vergrößert sich aus Sicht der Investoren auch die Chance eines Exits. Seit Langem im Mittelstandsmarkt mit Fokus auf den deutschsprachigen Raum aktiv ist die Beteiligungsgruppe Odewald & Compagnie. „Wir schauen uns einzelne Industriesektoren und deren Wachstumsraten an und fragen uns dann, welches Unternehmen als Plattform zur Konsolidierung geeignet ist“, sagt Odewald-Partner Torsten Krumm. „Das heißt: Welches Unternehmen hat schon einen größeren Marktanteil, ein gutes Managementteam und agiert in einem fragmentierten Markt mit attraktiven Wachstumspotenzialen?“

Leichtere Kapitalbeschaffung

Der Start mit einem Unternehmen als Plattforminvestition und nachfolgend kleineren Add-ons hat gerade in fragmentierten Märkten gute Erfolgschancen. Die am Ende gebildete größere Unternehmensgruppe kann nicht nur Mengenvorteile z.B. im Einkauf nutzen und international stärker wachsen, sie ist auch in der Kapitalbeschaffung eigenständiger. Kleine Unternehmen dagegen haben es oft schwerer, sich eine Wachstums- oder Restrukturierungsfinanzierung zu beschaffen. Aus Krumms Sicht läuft Buy & Build relativ zum gesamten Beteiligungsgeschäft zurzeit etwas besser. Kleinere Transaktionen seien leichter zu finanzieren, blieben aber oft unter der Wahrnehmungsschwelle offizieller Statistiken. „Allerdings scheitern auch hier Transaktionen oft noch an unterschiedlichen Bewertungsvorstellungen“, so Krumm. Das Target-Unternehmen habe teils deutlich höhere Preisvorstellungen als der Kaufinteressent, der die Prognose-Unsicherheit und das Auf und Ab der Märkte stärker gewichte.

Ausbau zum Marktführer

Krumm sieht die Banken weiterhin eher zurückhaltend, weshalb große Transaktionen nach wie vor schwierig seien. Besonders geeignet für Buy & Build seien zurzeit Zulieferindustrien wie beispielsweise im Maschinenbau und im Energieumfeld, außerdem Alten- und Pflegeheime. So hält Odewald beispielsweise mit der Oberberg-Klinikgruppe im Weserbergland eine Beteiligung, die mit Zukäufen ausgebaut werden soll. „Und wir sind vor längerer Zeit bei Mateco, einem Vermieter von Arbeits- und Hebebühnen, eingestiegen – ein extrem fragmentierter Markt“, so Krumm. Binnen fünf Jahren wurde Mateco durch Odewalds Buy & Build-Strategie zum Marktführer.

Internationale Risiken begrenzen

Ebenfalls auf Wachstum per Zukäufe als eine ihrer Strategien setzt die Beteiligungsgesellschaft Finatem, deren Partner Eric Jungblut den VC1210W Seite 41 Bild 0001derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch positive Seiten abgewinnt: „Dieses Umfeld bietet zum Teil auch gute Gelegenheiten für die Umsetzung von Buy & Build, da sich kleinere Unternehmen zusammentun wollen, um international besser agieren und das Risiko streuen zu können – insbesondere wenn man in südeuropäischen Märkten aktiv ist.“ Buy & Build gebe dem M&A-Geschäft immerhin noch ein wenig Schub, da kleinere Deals mit wenig Fremdkapital umgesetzt werden könnten – teils sogar mit 100% Eigenkapital. „Hier kommt es auf die strategische Wertsteigerung an und nicht auf Financial Engineering“, so Jungblut. In Deutschland gebe es in vielen Bereichen noch sehr viele kleine Unternehmen mit 4 Mio. oder 6 Mio. EUR Umsatz, die jeweils für sich zu klein für eine Internationalisierung seien. „Das Argument, hier mit Zusammenschlüssen besser voranzukommen, ist Mittelständlern leichter zu vermitteln als ein LBO“, sagt der Investor.

Exit-Chancen verbessern

Als Beispiel nennt Jungblut den stark fragmentierten Markt der Automobilzulieferer, die teils nicht alleine auf die Märkte nach Asien oder USA expandieren könnten. Zusammenschlüsse bildeten ein Gegengewicht zu den großen Autokonzernen. Ebenfalls als stark fragmentiert gelten Bäckereien, Sicherheitsdienste und auch die Verpackungsindustrie. Für außereuropäische Unternehmen, die einen Fuß in den europäischen Markt bekommen wollen, ist laut Jungblut eine Buy & Build-Strategie „aus der Ferne“ aber nur schwer umzusetzen. „Dann kaufen sie lieber gleich eine größere Unternehmensgruppe“, erklärt er. Mit einer gewissen Mindestgröße habe man als Beteiligungsinvestor einfach bessere Chancen auf einen Exit an größere Strategen. Mit einer Kombination aus Buy & Build und organischem Wachstum war Finatem 2011 sogar ein viel beachteter Börsengang des Fahrradherstellers Derby Cycle gelungen.

Fazit:

Vom insgesamt schwachen Beteiligungsgeschäft kann sich auch der Teilbereich Buy & Build nicht lösen. Vorteil ist immerhin die geringe Abhängigkeit von Fremdkapital bei den vielen kleineren Transaktionen. Deutschland ist aufgrund seiner mittelständisch geprägten Wirtschaft in jedem Fall prädestiniert für diese Strategie.