„Wir fördern die Technologien von morgen“

VC Magazin: Welche Rolle nimmt die Förderung von Unternehmensgründungen und Jungunternehmen in der Strategie der KfW ein?

Deißner: Dieses Geschäftsfeld gehört organisatorisch zu unserem Geschäftsbereich Mittelstandsbank, und hier kommt ihm eine zentrale Bedeutung zu. Die KfW bietet im Rahmen ihrer Gründungsfinanzierung sowohl Fremdkapital als auch Eigenkapital an. Mit unserer Gründungsfinanzierung wollen wir Wachstum und Beschäftigung stimulieren, Innovationen fördern, und dadurch den Strukturwandel in der deutschen Unternehmenslandschaft vorantreiben. Wie unsere volkswirtschaftlichen Untersuchungen immer wieder zeigen, haben Gründer und junge Unternehmen seit jeher besonders große Schwierigkeiten, externe Finanzierungen zu erhalten. Die Gründungsfinanzierung ist daher einer der Bereiche, bei dem der Geschäftszweck einer Förderbank besonders gut erkennbar ist. In noch stärkerem Maß gilt dies aber für die Förderung von technologieorientierten Gründungen, bei denen die Finanzierung aufgrund ihres hohen Risikogehaltes zumeist nur durch Venture Capital erfolgt.

VC Magazin: Wie sehen Ihre Angebote hier im Einzelnen aus?

Deißner: Junge Technologiefirmen mit Eigenkapitalbedarf fördern wir zum einen über unser Engagement im High-Tech Gründerfonds – hier sind wir nach dem Bund der zweitgrößte Investor – als auch über den ERP-Startfonds. Der High-Tech Gründerfonds ist der Finanzierungspartner für die Seed-Phase. Im nächsten Entwicklungsstadium eines Unternehmens, nämlich im Rahmen der ersten Finanzierungsrunde bis zum zehnten Jahr nach Gründung, tritt die KfW im Rahmen des ERP-Startfonds selbst als Eigenkapitalinvestor auf – allerdings nach dem Pari-passu-Prinzip, d.h. immer unter der Prämisse, dass sich ein privater Investor in mindestens gleicher Höhe und zu gleichen Bedingungen engagiert. Mit dieser Förderarchitektur werden Unternehmen aufgebaut und sukzessive in die Unabhängigkeit von öffentlichen Förderprogrammen entlassen. 

VC Magazin: Unter welchen Voraussetzungen können Start-ups Eigenkapital aus dem ERP-Startfonds erhalten?

Deißner: Unternehmen, die jünger als zehn Jahre sind, stellen wir im Rahmen der ersten Finanzierungsrunde bis zu 2,5 Mio. EUR zur Verfügung, immer unter der Voraussetzung, dass ein privater Investor sich in mindestens gleicher Höhe engagiert und die Finanzierungsreichweite mindestens zwölf Monate beträgt. Später können wir unsere Beteiligung auf 5 Mio. EUR erhöhen, sodass ein Unternehmen also insgesamt bis zu 10 Mio. EUR erhalten kann.  

VC Magazin: Wie zufrieden sind Sie mit der bisherigen Entwicklung des Programms?

Deißner: Der ERP-Startfonds ist das zentrale Finanzierungsangebot der KfW für Eigenkapital im Bereich Gründungsförderung. Seit dem Start des Fonds Ende 2004 ist er mehr als 400 Beteiligungen mit einem Volumen von 440 Mio. EUR eingegangen. Wir gehen dabei Hand in Hand mit dem privaten Venture-Markt, deshalb hat sich der Branchenschwerpunkt über die Jahre hinweg verlagert: Während vor Jahren noch das meiste Kapital in Biotechnologie-Unternehmen geflossen ist, liegen heute IT- und besonders Internetunternehmen an der Spitze. Besonders freuen wir uns jedoch über die gerade in letzter Zeit steigende Anzahl von Unternehmen mit innovativen Techniken und Geschäftsideen, die einen wichtigen Beitrag zum erfolgreichen Umsetzen der Energiewende leisten können. Das Pari-passu-Modell ist sehr erfolgreich. Unsere Koinvestoren haben die gleichen Chancen wie wir, tragen aber auch das gleiche Risiko – damit bieten wir einen Hebel für die privaten Investments im Venture Capital-Markt, partizipieren von einem fairen Chancen-Risiko-Profil und ebnen damit den Weg zu einem nachhaltigen Investment.

VC Magazin: Was bedeutet „nachhaltiges Investieren“ für Sie?

Deißner: Ziel der KfW ist es, den langfristigen Wandel in der Unternehmenslandschaft mit zu begleiten. Mit unseren Investitionen sollen nicht überholte Strukturen erhalten, sondern Innovationen angestoßen werden – wir fördern die Technologien von morgen. Im Rahmen des ERP-Startfonds wurden und werden insgesamt 722 Mio. EUR für Investments zur Verfügung gestellt, das bedeutet, wir haben den langen Atem, der nötig ist, um Unternehmen auch in Folgefinanzierungen in ihrer Entwicklung zu begleiten. Die KfW als Förderbank verfolgt zudem das Ziel, die Energiewende in Deutschland voranzutreiben. Diesen Wandel fördern auch die Investitionen in junge, innovative Unternehmen aus dem Bereich der Umwelttechnik, nachhaltigen Energieerzeugung und Energieeffizienz. 

VC Magazin: Welche Aufgabenteilung besteht zwischen KfW und den jeweiligen privaten Koinvestoren der einzelnen Beteiligungen?

Deißner: Erster Ansprechpartner für das Unternehmen ist ganz klar der private Lead-Investor. Er hat die Aufgabe, das Unternehmen zu begleiten, und informiert uns als Gesellschafter regelmäßig über die Firmenentwicklung. Dabei ist natürlich eine vertrauensvolle und zeitnahe Kommunikation von besonderer Bedeutung, die sich gerade in Krisensituationen in einem Beteiligungsunternehmen bewähren muss. Um die Beziehungen zu pflegen, haben wir für unsere wichtigsten Partner ein Key Account Management geschaffen: So erhalten private Investoren Projektmanager aus unserem Hause als feste Ansprechpartner. 

VC Magazin: Über welche weiteren Instrumente verfügt die KfW neben dem Eigenkapitalangebot, um Gründer zu unterstützen?

Deißner: Die KfW bieter Gründern ein vielfältiges Angebot an Fremdkapitalfinanzierungen sowie Zuschüsse zu den Honorarkosten für qualifiziertes Coaching und Beratung an. Neben unserer Funktion als traditioneller Financier im Venture Capital-Bereich sehen wir unsere Rolle aber auch als Marktentwickler und in der Kommunikation zwischen den jungen Unternehmern und Investoren. So unterstützen wir Businessplan-Wettbewerbe im ganzen Bundesgebiet und entsenden Mitarbeiter zum Beispiel als Coachs oder Jurymitglieder. Gemeinsam mit der Deutschen Börse ist die KfW Mitveranstalter des Deutschen Eigenkapitalforums, um junge Unternehmer und Investoren für Beteiligungskapital an einen Tisch zu bringen. 

VC Magazin: Welche Akzente wollen Sie in den kommenden Monaten im Bereich Beteiligungsfinanzierung setzen?

Deißner: Derzeit arbeiten wir an unserer neuen Online-Matching-Plattform „EuroQuity“, die wir gemeinsam mit der französischen Förderbank OSEO betreiben werden. Unternehmern und Gründern soll damit die Suche nach einem Investor und umgekehrt Investoren die Suche nach einem guten Target-Unternehmen erleichtert werden. In Frankreich wird die Plattform schon seit 2008 mit Erfolg betrieben. Jetzt wollen wir dieses Angebot auf den deutschen Markt erweitern. Wir sehen außerdem einen Bedarf an Beteiligungskapital über die frühe Phase hinaus und können uns vorstellen, auch für Unternehmen, die die Zehnjahresgrenze bereits überschritten haben, ein passendes Programm aufzulegen. Bereits Anfang dieses Jahres hat die Bank außerdem ein Social Venture-Programm aufgelegt. In diesem Rahmen werden Unternehmen mit Eigenkapital unterstützt, die sich der Lösung sozialer und gesellschaftlicher Probleme widmen und dabei nicht rein gewinnmaximierend arbeiten müssen. Auch hier investieren wir jeweils zusammen mit Partnerinvestoren und reichen Eigenkapital bis maximal 200.000 EUR pro Unternehmen aus. 

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch!

 

Zum Gesprächspartner:

Albrecht Deißner ist Abteilungsleiter Beteiligungsgeschäft der KfW. Die Bank investiert Gelder aus dem staatlichen ERP-Programm und bietet Gründern verschiedene Eigenkapital- und Fremdkapitalangebote zum Aufbau neuer Unternehmen.