Nicht blind agieren
Global Sourcing ist heute ein wesentlicher Bestandteil der strategischen und global operierenden Beschaffungspolitik in Unternehmen. Neben der Verfügbarkeit modernerer Technologien oder passender Sortimente bildet der Zugang zu preisgünstigen Bezugsquellen den Hauptvorteil, denen sich in Zeiten von internationalen Wettbewerben sowie Wirtschafts- und Finanzkrisen auch kleine und mittlere Unternehmen nicht verschließen können. „Ungeplante Kosten können insbesondere durch Versorgungsengpässe generiert werden, die durch Qualitätsmangel oder Lieferverzögerungen der Lieferanten entstehen“, fasst Duran Sarikaya, Geschäftsführer der auf Einkaufsberatung spezialisierten Kloepfel Consulting, die wesentlichen Risiken im Einkauf zusammen, die durch professionelles Global Sourcing minimiert werden könnten. Doch sollten insbesondere die Folgen von Währungsschwankungen, Insolvenzrisiken oder politischen Unruhen bedacht und im Ernstfall durch alternative Bezugsquellen neutralisiert werden. Auch Spekulationen an den Finanzmärkten oder künstlich herbeigeführte Rohstoffverknappungen können gravierenden Einfluss auf die Kosten ausüben.
Wider die deutschen Tugenden
Zunächst sollte zwischen technologieinduziertem und kosteninduziertem Global Sourcing unterschieden werden. „Sind die Motive für das Global Sourcing erst einmal identifiziert, sind Analysen zu den Produkten und Beschaffungsmärkten notwendig“, ergänzt Sarikaya. Zwar lassen sich beispielsweise in Niedriglohnländern besonders hohe Kostenersparnisse realisieren, doch muss man auch Lieferzeiten, Transportkosten, den mitunter hohen Koordinationsaufwand, unklare Rechtslagen oder kulturelle Verständigungsprobleme bedenken. Vor allem sollten die Produkte identifiziert werden, die am ehesten für Global Sourcing geeignet sind. Die strategische Bedeutung dieser Entscheidung ist immens, geht es doch auch darum, in welchem Umfang wichtiges Know-how nach außen abgegeben wird. „Nur in Abhängigkeit von Produkten und Zielen können die konkreten Einsparpotenziale seriös definiert werden“, unterstreicht Sarikaya und verweist auf das Beispiel Werkzeugbau: „Hier können in Südeuropa zwischen 15 und 25% Kostenvorteile generiert werden, in der Türkei zwischen 20 und 35% und in Asien zwischen 30 und 50%.“ Ein gut funktionierendes Projekt- und Risikomanagement kann helfen, Beschaffungsmärkte zu analysieren und eine effektive Chancen-Risiko-Bewertung vorzunehmen. „Häufig ist jedoch neben den globalen Märkten die Frage der DNA des jeweiligen Unternehmers zu sehen“, warnt Sarikaya. „Wer beispielsweise nicht gewillt ist, die ‚deutschen Tugenden‘ einmal zu verlassen und den jeweiligen Markt und dessen Charakteristika zu akzeptieren, der wird sich dauerhaft in Indien über unterschiedliches Verständnis von Zeitmanagement ärgern, in China über Versprechungen für alles und in Russland über sprachliche Probleme.“ Es sei daher sinnvoll, schon im Vorfeld Abstand von überheblichen Erwartungshaltungen zu nehmen.
Investoren operativ immer aktiver
Welche Rolle spielen Investoren? Ihre umfangreichen Netzwerke zu Unternehmen und Organisationen in den internationalen Märkten sollten für jedes Portfoliounternehmen eine nützliche Hilfe sein. „Außerdem verfügen Investoren oft über Kontakte zu spezialisierten Beratern, die bei Bedarf schnell tätig werden können und gezielt etwa im Einkauf das Unternehmen unterstützen“, sagt Dr. Markus Bergauer, Vorstand der Unternehmensberatung Inverto. „Zudem sollten Investoren mit dem Management Ziele vereinbaren, die unmittelbar das Global Sourcing betreffen, beispielsweise den Anteil von Low Cost Country-Lieferanten“, so Bergauer. Überhaupt scheint die Auseinandersetzung von Investoren mit dem operativen Geschäft ihrer Portfolios einem Wandel zu unterliegen. So setzt die Branche bei ihren Portfoliounternehmen vermehrt auf operative Wertsteigerungen als etwa auf reine Finanzierungshebel, meint Bergauer und verweist auf eine aktuelle Inverto-Umfrage: „Einkauf und Supply Chain Management spielen dabei eine wichtige Rolle“, so der Inverto-Vorstand.
Mehr Know-how für Investoren
Probleme sieht Bergauer im mangelnden Know-how auf Investorenseite, wenn es etwa um Rohstoffkostenmanagement oder die internationalen Beschaffungsmärkte geht. Ein Investor könne nur dann dauerhaft attraktive Renditen erzielen und Chancen im Einkauf eines Unternehmens erkennen, so Bergauer, wenn er bereit sei, tiefer in das Know-how für operative Wertsteigerungen im Beteiligungsunternehmen einzusteigen und sein Team mit Spezialisten für Unternehmensfunktionen wie den Einkauf zu ergänzen. Andererseits sollte ein Investor auch nicht Gefahr laufen, zu tief in das operative Geschäft seiner Portfolios einzutauchen, wenn etwa die Einkaufsabteilung im Unternehmen die gewünschten Sourcing-Schritte nicht konsequent umsetzt.
Fazit
Der Schlüssel zum Erfolg bleibt in erster Linie ein gut funktionierendes internationales Netzwerk sowie die Bereitschaft, auch neue Wege zu gehen. Das Erlernen fremder kultureller Fähigkeiten ist dabei gerade für Investoren mitunter eine große Herausforderung: „Die global interessanten Beschaffungsregionen sind in der Regel nicht identisch mit den Investoren vertrauten weltweiten Finanzzentren“, warnt Bergauer. „Der Erfolg von Global Sourcing hängt von ständiger Beziehungspflege und Qualitätskontrolle vor Ort ab“, unterstreicht er. „Das geht nicht vom heimischen Schreibtisch aus.“