Der unsichere Marktausblick, der volatile Finanzsektor und technologische sowie regulative Veränderungen lassen mehr und mehr Unternehmen entscheiden, diese Herausforderungen in einer Partnerschaft anzugehen. Als wir vor drei Jahren den schweizerischen Ringier-Verlag bei der Strategie für seine Osteuropa-Aktivitäten berieten, wurde schnell klar, dass die Transformation der markführenden Geschäfte von Print zu Online extrem viel Kapital und Know-how für Akquisitionen sowie Eigenentwicklungen erfordern würde. Statt eines Alleinganges wurde ein 50:50 Joint-Venture mit dem Axel-Springer-Verlag für Osteuropa eingegangen, das den Marktführer in Mittel- und Osteuropa formte.
Die Skepsis war groß, ob ein Joint-Venture zwischen einem Familienunternehmen und einem mehrfach größeren, börsennotierten Medienkonzern funktionieren kann. Nach zwei Jahren kann man feststellen, dass dieses sehr gut geht – trotz des sehr schwierigen Marktumfeldes. Mehrere sogenannte Game Changer-Akquisitionen wurden gemeinsam durchgeführt, der Abstand zu Wettbewerbern ausgebaut. Alleine wäre dies nicht möglich gewesen.
Entscheidend für den Erfolg war die genaue Festlegung von Strategie, Management und Corporate Governance bei der Entwicklung des Joint Ventures. Der Aufbau von Geschäften in den BRIC-Staaten stellt oftmals selbst für Großunternehmen eine Herausforderung dar, die sie bevorzugt in einer Partnerschaft angehen. Dieses Jahr hat E.On mit dem brasilianischen Konzern MPX ein Joint Venture geformt zur Geschäftsentwicklung in Lateinamerika, die Otto Group hat mit dem brasilianischen Distanzhändler Posthaus ein gemeinsames Unternehmen gegründet, um in dem südamerikanischen Land Markführer im E-Commerce-Geschäft zu werden, der deutsche Getriebehersteller Getrag hat mit dem chinesischen Autokonzern Dongfeng ein Gemeinschaftswerk für den chinesischen Markt gestartet, und es gibt viele Beispiele mehr.
Sicherlich, gerade aus Asien kommen auch viele negative Nachrichten, beispielsweise Geschichten darüber, wie der Joint Venture-Partner nebenher eigene Geschäfte macht, Technologie absaugt oder Produkte kopiert. Evonik hat dieses Jahr sein Joint Venture in Yingkou nach Problemen mit dem chinesischen Management beendet, Bosch sich aus der gemeinsamen Akku-Produktion mit Samsung zurückgezogen. Joint Ventures sind schwierig zu formen und noch schwieriger zu leben, können aber, wenn sie richtig gemanagt werden und die Partner das Gemeinschaftsunternehmen nicht als Notlösung oder Bereicherungsmodell sehen, erstaunliches Potenzial entfalten.
Auch Finanzinvestoren können gefragte Partner sein. KKR unterhält Joint Ventures mit Bertelsmann für den Musikrechtesektor sowie mit Wild Flavors für den Sektor natürliche Geschmacksstoffe. Die Konzerne bringen ihre Sektoraktivitäten und Know-how ein, der Finanzinvestor Transaktionskompetenz, Finanzkraft und ein globales Netzwerk. Ähnliche Transaktionen im Jahr 2012 sind das Gemeinschaftsunternehmen zur Entwicklung von Offshorewindparks zwischen Ventizz Capital Partners und Hochtief Solutions oder die gemeinsame Akquisitionsplattform Axel Springer Digital Classifieds mit einer Marktbewertung von 1,5 Mrd. EUR von Axel Springer und dem Wachstumsinvestor General Atlantic. So können kreative Joint Ventures für Private Equity eine Quelle proprietärer Transaktionen und ein Weg aus dem derzeitigen M&A-Tal sein.