VC Magazin: Auf die aktuelle Lage am Arbeitsmarkt für Private Equity Professionals bezogen: War 2012 ein gutes Jahr?
Kühne: Es war ein durchschnittliches Jahr in Westeuropa. Es gibt Möglichkeiten, in den Markt einzusteigen oder innerhalb des Marktes zu wechseln, aber die sind begrenzt. Insgesamt sehen wir mehr Möglichkeiten auf Junior- als auf mittlerer Ebene, der Bedarf auf Juniorlevel, also die Nachfrage nach Professionals mit zwei bis drei Jahren Erfahrung in Investmentbanken oder Unternehmensberatungen, ist gestiegen. Ein Wechsel von einer Top-Investmentbank zu einem Top-Beteiligungsfonds ist nach wie vor möglich. Wir beobachten außerdem, dass einige Investment Professionals, die mehrere Jahre bei einem Large Cap-Fonds tätig waren, nun ins Mid bis Small Cap-Segment wechseln, da die Deal-Volumina in diesem Segment höher sind und sie hier mehr Deal-Erfahrung sammeln können, als dies im Large Cap-Bereich mit seiner begrenzten Anzahl von Assets möglich wäre.
VC Magazin: In Deutschland treten Family Offices vermehrt auf der Käuferseite auf. Wie ist es um deren Personalbedarf bestellt?
Kühne: Family Offices sind aktive Player im deutschen Private Equity-Markt und kontinuierlich dabei, sich in der Assetklasse Direktinvestitionen noch professioneller aufzustellen. Wir haben hier in Deutschland 2012 erstmals vermehrt Kunden aus diesem Bereich betreut, während meine Kollegen in Großbritannien schon seit mehreren Jahren Personal an Family Offices vermitteln. Wir beobachten regelmäßig, dass die Teams für den Bereich Direktinvestitionen bei Family Offices aus einer Mischung von familiennahen und familienfremden Investmentmanagern bestehen. Der Personalbedarf wird zum einen über das eigene Netzwerk und eigene Bestände sowie additiv über Recruitment-Prozesse abgedeckt.
VC Magazin: Wie schätzen Sie die derzeitigen Einstiegsmöglichkeiten für Universitätsabgänger ein?
Kühne: Chancen haben vor allem Kandidaten von Top-Universitäten mit exzellenten akademischen Leistungen gepaart mit Private Equity-relevanter Praxiserfahrung im Bereich M&A oder Private Equity. Uns fällt auf, dass die Lebensläufe der Kandidaten aktuell vermehrt auch Praktikumsstationen bei Private Equity-Häusern beinhalten. Die typischen Studienfächer für Private Equity sind Wirtschaftswissenschaften oder im Venture Capital-Bereich naturwissenschaftliche Hintergründe sowie Ingenieursstudiengänge. Anders als in England, wo ein Quereinstieg aus anderen akademischen Bereichen nicht ungewöhnlich ist, ist das hierzulande nahezu unmöglich. Oft sehen wir eine Mischung aus Bachelorstudiengang in Deutschland und Master an renommierten ausländischen Universitäten.
VC Magazin: Sind mit der Finanzkrise und dem anhaltend ungewissen konjunkturellen Ausblick die Anforderungen an die Kandidaten gestiegen?
Kühne: Das kann man so pauschal nicht sagen. Die Anforderungen sind insofern gestiegen, als den Kandidaten hohe Flexibilität abverlangt wird, insbesondere bei der immer intensiveren Betreuung der Portfoliounternehmen. Daher werden aktuell insbesondere Kandidaten gesucht, die einen Finanzhintergrund mit operativer Erfahrung vereinen. Allgemein lässt sich sagen, dass jedes Team anders zusammengestellt ist und sehr individuelle Anforderungen an die der Suche des nächsten Teammitglieds stellt, so wird zum Beispiel präzise festgelegt, welchen Hintergrund und Erfahrungen der Kandidat mitbringen muss. Generell suchen Fonds, die in der DACH-Region agieren, Personal, das im diesem Markt schon aktiv war und sich mit den Gegebenheiten der Region auskennt. Obwohl wir auch immer wieder sehr gute ausländische Kandidaten in den Prozessen haben, fällt die Entscheidung letztendlich meist auf die deutschen Bewerber.
VC Magazin: Wie unterscheiden sich die Anforderungen, die Private Equity-Gesellschaften an Bewerber stellen, in den unterschiedlichen Investmentsegmenten?
Kühne: Das Venture Capital Business ist schnelllebig, es ist nicht unüblich, dass ein Venture Capital-Fonds einen Dealflow von mehr als 1.000 Businessplänen innerhalb eines Jahres zu bewältigen hat – dazu kommt die Tatsache, dass bei den Unternehmen im Frühphasensegment eine Finanzierungsrunde die nächste jagt und kaum Zeit für lange Due Diligence-Projekte besteht, wie dies im Private Equity-Bereich in der Regel der Fall ist. Zudem muss man im Venture-Geschäft nicht nur eng mit Gründern und Unternehmern zusammenarbeiten, sondern auch kooperativ mit anderen Investoren umgehen. Ein Venture Capital-Investor sitzt eben nicht allein im Boot. Ganz anders ist das im Buyout-Bereich. Mit meist 100%igen Beteiligungen nehmen Buyoutmanager ihre Gesellschafterinteressen aktiv wahr; die Schwierigkeit hier ist die Gratwanderung, sich als Investmentmanager zwar mit der Geschäftsführung der Beteiligung strategisch abzusprechen, nicht aber ins operative Geschäft einzudringen. Investmentmanager müssen in der Lage sein, auf Augenhöhe mit dem Top-Management der Portfoliounternehmen umgehen zu können. Dementsprechend werden für die einzelnen Segmente Mitarbeiter mit unterschiedlichen Qualitäten gesucht.
VC Magazin: Worauf müssen sich Private Equity-Gesellschaften einstellen, die einen Recruiting-Prozess starten?
Kühne: Arbeitsgeber müssen vor allem Zeit mitbringen. Den richtigen Kandidaten zu finden, kann mehrere Monate dauern. Die Private Equity-Gesellschaften führen immer wieder Bewerbungsgespräche, um sich den Top-Kandidaten vorzustellen. Meist findet dabei eine Kombination aus Interviews, Financial Modelling Test und Präsentation vor einem fiktiven Investment Committee statt. Die Kandidaten sollen idealerweise nicht nur die Entscheidungsträger, sondern möglichst das gesamte Team kennenlernen, mit dem sie später zusammenarbeiten. Das erfordert einiges an Logistik, welche auf Kandidatenseite in der Regel durch die Recruitment-Firma arrangiert wird.
VC Magazin: Welche Trends erwarten Sie für den Private Equity-Jobmarkt 2013?
Kühne: Das dominierende Thema ist sicher das Fundraising – und damit auch Investor Relations. Gerade bei kleineren Fonds werden sich kleinere Management Fees auf das Recruiting auswirken. Hier werden sich die Entscheidungsträger sehr genau überlegen, wie ihre Teams aufgestellt sein sollen, und eventuell eher Mitarbeiter einstellen, die sich um die Investorenansprache kümmern. Bei den Large Cap-Fonds dürfte der Personalbedarf auf Associate-Ebene aber stabil bleiben. Hier wird erfahrungsgemäß regelmäßig eingestellt, unabhängig vom Fundraising-Zyklus. Sektorspezifisch betrachtet wird Infrastruktur weiterhin eine wichtige Rolle spielen, außerdem Pensions- und Sovereign Wealth-Fonds. Ein neuer Trend tut sich zudem bei Kreditfonds auf, die ebenfalls Personal suchen.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Simona Schamper.
Zur Gesprächspartnerin:
Nikola Kühne ist Consultant beim Personalberater Private Equity Recruitment PER. Von Büros in London und München aus unterstützt das Unternehmen Private Equity-Gesellschaften europaweit bei der Besetzung offener Stellen.