„Österreichische Unternehmen wagen früh den Blick über den Tellerrand“

VC-Magazin: Seit wann beobachten Sie den österreichischen Markt intensiver und wie ist Ihr aktueller Eindruck?

Dr. Hennigs: Wir beobachten den Markt seit der Gründung von Finatem, also zwölf Jahren. Er gehört schließlich zum deutschsprachigen Raum und somit zu unserem Investitionsfokus. Intensiv beschäftigen wir uns seit rund einem Jahr mit Österreich und seinen unterschiedlichen Regionen. Wir haben den Eindruck, dass sich, was das Beteiligungsangebot betrifft, Veränderungen ergeben haben. Einige bisherige Marktteilnehmer sind ausgeschieden, insofern ist hier in unseren Augen ein Bedarf für etablierte deutschsprachige Mittelstandsfonds entstanden.

VC-Magazin: Aktuell sind Sie noch kein Investment in Österreich eingegangen. Wann könnte es soweit sein?

Dr. Hennigs: Bis jetzt haben wir tatsächlich noch kein Investment getätigt, sind aber mit einigen interessanten Beteiligungsmöglichkeiten in Verhandlungen. Wir sind hoffnungsvoll und zuversichtlich, dass wir im kommenden Jahr eine erste Beteiligung abschließen können.

VC-Magazin: Was zeichnet österreichische Unternehmen bzw. Unternehmer in Ihren Augen aus?

Dr. Hennigs: Zunächst eine hohe technologische Kompetenz und große Beweglichkeit. Sicherlich hängt das auch mit der sehr guten Ausbildung zusammen, die mit der in Deutschland vergleichbar ist. Das betrifft die Fachkräftebasis, vor allem in Ingenieursberufen, aber auch in anderen Bereichen. Auf Grund der begrenzten Größe des Landes besteht für Unternehmer häufig die Notwendigkeit, den Blick über den Tellerrand sehr früh zu wagen und sich schnell international zu bewegen. Das bedeutet auch, dass man von Beginn an mit innovativen Lösungen und Produkten die internationalen Märkte adressiert und auch das Personal dahingehend ausbildet.

VC-Magazin: Welche Branchen und Unternehmensgrößen hat Finatem im Fokus?

Dr. Hennigs: Was die Branchen angeht, sind wir opportunistisch, mit Schwerpunkt auf dem traditionellen, produzierenden Mittelstand. Bei der Unternehmensgröße liegt unser Schwerpunkt auf Umsatzgrößen zwischen 20 und 50 Mio. EUR, regelmäßig aber auch darüber. Zukäufe zu bestehenden Portfoliounternehmen können aber auch deutlich kleiner sein, z.B. auch im einstelligen Millionenbereich.

VC-Magazin: Ihre Investmentphilosophie sieht grundsätzlich Mehrheitsbeteiligungen vor – auch in Österreich?

Dr. Hennigs: Im Prinzip ist das richtig. Die Investmentphilosophie aus Deutschland gilt genauso in Österreich. Wir gehen in der Regel Mehrheitsbeteiligungen ein, können diese aber auch mit anderen Investoren zusammen tätigen, wenn die Interessen kompatibel sind.

VC-Magazin: Wie gestalten Sie die aktive Zusammenarbeit mit neuen Beteiligungen in Österreich? Planen Sie eine Niederlassung?

Dr. Hennigs: Wir sind viel in Österreich unterwegs. Letztendlich macht es vom Aufwand her keinen Unterschied, ob man von Frankfurt nach Hamburg oder nach Wien reist. Weil wir ein kleiner, mittelständischer Fonds sind, ist eine Niederlassung in Österreich zunächst nicht angedacht, aber eine Option für die Zukunft.

VC-Magazin: Vielen Dank für das Interview. 

 

Zur Person:

Dr. Robert Hennigs ist seit 2004 Partner und Geschäftsführer bei der Finatem Fonds Management Verwaltungs GmbH und hat rund 20 Jahre Erfahrung im mittelständischen Beteiligungsgeschäft. Finatem investiert in mittelständische Unternehmen im deutsch-sprachigen Raum.