Die derzeit vielerorts zu konstatierenden rückläufigen Monatszahlen bei Unternehmen und die damit einhergehende Unsicherheit hinsichtlich der Businesspläne sind Gift für das Transaktionsgeschäft. Auch wenn sich Firmeneigner, Konzerne und Investoren wieder verstärkt mit Firmenverkäufen und -übernahmen beschäftigen, ist es nach wie vor herausfordernd, die in der Regel stark divergierenden Preisvorstellungen in Einklang zu bringen.
Somit werden die getrübten Konjunkturaussichten und die anhaltende Schuldenkrise in Südeuropa im laufenden Jahr 2013 erneut die Hoffnungen auf einen bereits seit längerem erwarteten Aufschwung am deutschen M&A-Markt dämpfen. Im Ergebnis erwartet Lincoln International lediglich eine geringe Zunahme bei der Anzahl M&A-Deals sowie beim Transaktionsvolumen.
Im Mittelpunkt des Geschehens werden primär mittelgroße Deals mit Unternehmenswerten in einer Bandbreite von 25 Mio. EUR bis 500 Mio. EUR stehen. Dagegen bergen Großfusionen für viele Publikums-AGs infolge volatiler Aktienkurse und aktiver Hedgefonds nach wie vor schwer kalkulierbare Risiken. Trotz Rekord-Cash-Beständen in ihren Bilanzen werden die DAX- und MDAX-Konzerne daher lieber hohe Dividenden an ihre Aktionäre ausschütten und sich auf mittelgroße Übernahmen fokussieren. Jüngstes Beispiel für eine solche strategisch sinnvolle Add-on-Akquisition ist die von Bilfinger im Januar bekanntgegebene Übernahme der amerikanischen Johnson Screens. Das Unternehmen generiert mit Filtern und Sieben, die in Wasserwerken und Kläranlagen eingesetzt werden, einen Umsatz von 160 Mio. EUR; mit der Übernahme wird Bilfinger in diesem Segment seinen Umsatz verdoppeln und damit eine kritische Größe erlangen können.
Viele Unternehmenseigentümer, die bereits seit längerem einen Verkauf ihrer Firma planen und das günstige Exit-Fenster Ende 2011/Anfang 2012 verpasst haben, kommen zunehmend unter Druck, 2013 ihre Beteiligungen zu verkaufen. Infolge der steigenden Risiken eines Stand-alone-Szenarios in einer immer globaleren Welt erwarten wir, dass in den kommenden Monaten zahlreiche Veräußerungsprozesse angestoßen werden. Zugleich wirft dies die spannende Frage auf: Welche Käufergruppen werden hier in erster Linie in Erscheinung treten?
2013 wird zweifelsohne das Jahr der ausländischen Strategen, die ihren Anteil im deutschen Mid-Cap-Segment von derzeit knapp 50% auf mindestens 60% ausbauen werden. Deutsche Mittelstandsfirmen sind weltweit en vogue. Neben Technologievorsprung und der relativ robusten deutschen Volkswirtschaft ist es auch der schwache Euro im Vergleich zu den Leitwährungen USD, Yen und Yuan, die das Akquisitionsinteresse steigern. Bereits 2012 gab es erstmals einige prominente Beispiele für Übernahmen aus China oder Indien – wie die Beispiele Putzmeister oder Rütgers eindrucksvoll gezeigt haben. Diese Deals sind aber erst die Spitze eines Eisbergs, der die deutsche M&ALandschaft in den nächsten Jahren prägen wird. Wichtigste Käufer- und Target-Nation für deutsche Firmen bleiben aber die USA. Zugleich wird der Abstand zu den asiatischen Staaten in Zukunft jedoch signifikant abnehmen.
Dagegen wird der Anteil von Private Equity auf der Investorenseite bei Transaktionen mit einem Volumen von mindestens 25 Mio. EUR trotz des immensen Anlagedrucks auf dem aktuellen Niveau von etwa 10% bleiben. Schließlich werden bei den meisten Prozessen die Strategen mit aggressiveren Bewertungs-Multiplikatoren das Rennen machen.