Neun Fragen an Michael Sauer von Flip4New

VC Magazin: Wie kam es zu der Idee für Ihr Start-up?

Sauer: Die Idee für Flip4New (www.flip4new.de) kam uns, als wir beim Kauf eines neuen Navigationsgeräts merkten, dass das gut erhaltene alte Navi ungenutzt im Auto liegen blieb. Es gab damals keine Möglichkeit, direkt beim Kauf von neuer Unterhaltungselektronik seine nicht mehr gebrauchten Artikel in Zahlung zu geben. So kamen wir auf die Idee, das Geschäftsprinzip der Inzahlungsnahme, welches man aus dem Gebrauchtwagenmarkt kennt, auf die Unterhaltungselektronik zu adaptieren. In der ersten Version von Flip4New gab es für unsere Kunden die Möglichkeit, Neuprodukte zu kaufen und dabei direkt ihre Altgeräte in Zahlung zu geben. Später konzentrierten wir uns ganz auf den Ankauf der gebrauchten Artikel und realisieren den Inzahlungsnahmegedanken insbesondere durch zahlreiche Partner im online und stationären Handel.

VC Magazin: Wie haben Sie erste Finanzierung Ihrer Gründungsidee gestemmt und wie verlief die weitere Suche nach Kapital(-gebern)?

Sauer: Den proof of concept und die ersten Monate nach Launch unserer Webseite haben wir mit unseren privaten Ersparnissen finanziert. Durch unsere vorherige Arbeit als Investmentbanker hatten wir bereits gute Kontakte zu Business Angels aufbauen können und diese vom Start von Flip4New immer wieder über die Geschäftsentwicklung informiert. Nachdem sich die ersten Ankaufsvolumina verstetigt hatten, konnten wir dann glücklicherweise relativ schnell eine erste Finanzierungsrunde mit namhaften Business Angels auflegen.

VC Magazin: Was sprach gegen die Karriere als Angestellter und wie hat sich das Gründerteam zusammengefunden?

Sauer: Mein Mitgründer Lennart Kleuser und ich haben uns über einen Zeitraum von fast fünf Jahren vor der Gründung auf zahlreichen Projekten im Investmentbanking sehr gut kennen gelernt. Uns wurde dann die Arbeit einfach zu eintönig, die anfangs steile Lernkurve flachte ab. Der Gedanke, etwas eigenes aufzubauen hat uns sehr fasziniert, so war es am Ende eine leichte Entscheidung gegen eine Karriere als Angestellter. Als wir gestartet sind, hatten wir mit Ausnahme unseres Beraterwissens im Investmentbanking faktisch wenig direkte Erfahrung im Internet und E-Commerce. Hier haben uns unsere Business Angels stark unterstützt. Dafür hatten wir eine erhebliche Erfahrung, Projekte zu strukturieren und Dinge in rapider Geschwindigkeit nach vorne zu treiben. Das ist unseres Erachtens sowieso eines der wichtigsten Eigenschaften in einem Start-up.

VC Magazin: Wenn Sie auf Ihre bisherigen unternehmerischen Erfahrungen zurückblicken: Welche Entscheidungen würden Sie erneut treffen?

Sauer: Wir haben sehr früh unser AUgenmerk darauf gelegt, unseren Service auch anderen Partnern wie Online Retailern oder dem stationären Handel anzubieten. Hierdurch konnten wir ein großes Partnernetzwerk akquirieren, welches unser Wachstum nochmals hat schneller werden lassen.

VC Magazin: Verbrannte Finger gelten als gute Lehrmeister. Aus welchen schmerzhaften Erfahrungen konnten Sie besonders viel lernen?

Sauer: Extrem schnelles Wachstum ist nicht zwangsläufig förderlich für effiziente Prozesse. Oft musste hinterher aufgeräumt werden.

VC Magazin: Was sind aus Ihrer Sicht bei den Rahmenbedingungen hierzulande der größte Pluspunkt und das größte Manko für junge Unternehmen?

Sauer: Deutschland ist einfach ein fantastisches Land was Rechtssicherheit und ausdefinierte Regularien angeht. In anderen Ländern ist es teils erheblich schwieriger, ein Geschäft zu betreiben. Dies sehen wir gerade bei unserer internationalen Expansion. Allerdings kann es nicht sein, dass ein komplett privat finanziertes Start-up, welches direkt oder indirekt fast 100 Arbeitsplätze geschaffen hat, dieselben bürokratischen Hürden auferlegt bekommt, wie ein über Jahrzehnte profitables und etabliertes Unternehmen. Dies verhindert Wachstum und Innovationen!

VC Magazin: Gibt es (Internet-)Unternehmer, die Sie als Vorbilder oder Idole sehen?

Sauer: Elon Musk, Jeff Bezos und in Deutschland natürlich unser Investor Lars Hinrichs.

VC Magazin: Welche drei bis fünf Apps für Smartphones sind die wichtigsten Helferlein in Ihrem Alltag?

Sauer: Deutsche Bahn Navigator/ DB Tickets: Fahrplanauskünfte und Tickets für alle unsere Bahnfahrten. Pivotal Tracker: Hilft uns, unseren Entwicklungsprozess zu strukturieren. Kayak: Beste Vergleichs-App für Flüge. Booking.com & justbook.com: Einfachste Hotelbuchungen & last minute Hotelbuchungen – wenn ein Meeting mal wieder länger dauerte…

VC Magazin: Wie sehen die mittelfristigen Planungen für Ihr Start-up und Ihre unternehmerische Zukunft aus?

Sauer: In nicht mal vier Jahren haben wir uns zu einem der führenden Re-Commerce Unternehmen etabliert, wir kaufen mittlerweile als einziger Anbieter fast das komplette Sortiment der Unterhaltungselektronik an. Damit haben wir schon einen großen Meilenstein erreicht. Auch die zahlreichen Kooperationen mit führenden Unternehmen der Branche waren ein wichtiger Schritt für uns.

Die nächste Zeit wird ganz im Zeichen der internationalen Expansion stehen. In ganz Europa haben wir uns ähnlich ambitionierte Ziele gesteckt wie in Deutschland. Langfristig ist es unser Ziel, unser Geschäftsmodell als komplett integrierten Bestandteil des Kaufens in den Köpfen der Verbraucher sowie im Handel zu etablieren. Verbraucher sollen idealerweise den Wert ihrer Altgeräte direkt beim Neukauf eines Produktes berücksichtigen. Genau so, wie es fast alle beim Neuwagenkauf machen. Ein Verkauf des Unternehmens steht für uns nicht zu Debatte, dazu haben wir noch zu viele Pläne und Ziele, die wir gemeinsam mit unserem Team erreichen wollen. Der Re-Commerce Markt steht erst bei 1% seines Potenzials!

VC Magazin: Vielen Dank für das Interview.

Die Fragen stellte Torsten Paßmann.

Zum Gesprächspartner
Michael Sauer hat im Oktober 2009 gemeinsam mit Lennart Kleuser die Flip4New GmbH (www.flip4new.de) gegründet, deren Geschäftführer beide sind. Das Start-up mit Sitz in Friedrichsdorf im Taunus hat sich auf den Ankauf gebrauchter Elektronikgeräte spezialisiert. Vor der Gründung von Flip4New war Sauer knapp fünf Jahre Associate im Investment Banking der Deutschen Bank.