VC Magazin: Wie kam es zu der Idee für Ihr Start-up?
Wittek: BoxCryptor ist eine Verschlüsselungssoftware, die für die Speicherung von Dateien in der Cloud bei Anbietern wie z.B. Dropbox, Google Drive oder Microsoft SkyDrive optimiert ist. Die Idee für BoxCryptor entstand aus der eigenen Not heraus: Wir wollten ursprünglich für ein anderes Projekt sensible Daten in der Dropbox speichern und hatten aber Bedenken bezüglich der Sicherheit unserer Daten. Wir sahen uns dann nach Möglichkeiten um, mit der wir unsere Daten schützen können, bevor wir diese in der Cloud speichern und haben dabei diverse Verschlüsselungslösungen evaluiert. Allerdings erfüllte keine bestehende Lösung unsere Anforderungen wie z.B. Zugriff über mobile Geräte, sicheres und funktionierendes Sharing im Team. Daher haben wir kurzentschlossen selbst eine eigene Verschlüsselungssoftware entwickelt. Nachdem wir einen ersten Prototypen in einem Dropbox-Forum veröffentlichten, und dieser Prototyp innerhalb von einer Woche über 1.000 mal heruntergeladen wurde, hatten wir die Idee für unser Start-up gefunden.
VC Magazin: Wie haben Sie erste Finanzierung Ihrer Gründungsidee gestemmt und wie verlief die weitere Suche nach Kapital(-gebern)?
Wittek: Zu Beginn waren wir vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Rahmen des EXIST Gründerstipendiums gefördert. Diese Förderung hat uns auch die weitere Kapitalsuche erleichtert, da diese für viele Investoren ein Gütesiegel darstellt. Das Gründerstipendium lief insgesamt über ein Jahr, und nach sechs Monaten fingen wir an uns nach einer Anschlussfinanzierung umzusehen. Dabei pitchten wir auf diversen Veranstaltungen vor Business Angels und Investoren. Nach vier Monaten und unendlichen Präsenationen, hatten wir mehrere konkrete Angebote von verschiedenen Investoren vorliegen. Wir entschieden uns dann für die drei ehemaligen Gründer der Astaro AG als Business Angels, da diese selbst aus der Security-Branche kamen und auch eigene Erfahrungen als Gründer und erfolgreiche Unternehmer mitbrachten.
VC Magazin: Was sprach gegen die Karriere als Angestellter und wie hat sich das Gründerteam zusammengefunden?
Wittek: Der Diplom-Informatiker Robert Freudenreich und ich haben uns bereits 2009 während des Studiums im Rahmen des EXIST-PriME-Cups kennengelernt. Dieser deutschlandweite Entrepreneur- und Gründerwettbewerb wurde an der Uni Augsburg an einem Wochenende als freiwilliges Seminar angeboten und dort wurden wir in ein Team gewürfelt. Wir durchliefen den Wettbewerb auf allen Ebenen als Vierer-Team mit zwei weiteren Kommilitonen und konnten sogar das bundesweite Finale für uns entscheiden. Im Rahmen dieses Wettbewerbes lernten wir bereits im spielerischen Umfeld wie man unternehmerische Entscheidungen trifft und – was ganz besonders wichtig war – wie wir als Team zusammenarbeiten und wie sich der andere in schwierigen Situationen verhält. Während ich dann noch meine Diplomarbeit bei der SAP AG schrieb, arbeitete Robert als Freelancer u.a. für das Bundesamt für Wasserbau, und nachdem ich mein Studium beendet hatte, haben wir gegründet.
VC Magazin: Wenn Sie auf Ihre bisherigen unternehmerischen Erfahrungen zurückblicken: Welche Entscheidungen würden Sie erneut treffen?
Wittek: Ich würde definitiv jederzeit wieder die Entscheidung für das Unternehmertum treffen. Ich habe die Entscheidung zu gründen, noch keine Minute lang bereit. Natürlich gab und gibt es bei uns auch schwierige Situationen in denen man manchmal zweifelt, ob man die richtige Entscheidung getroffen hat, aber bisher hielten diese Zweifel zum Glück nie lange an. Aus heutiger Sicht war auch die Entscheidung für eine Finanzierungsrunde die richtige. Zu Beginn der Finanzierungssuche hatten wir auch überlegt, ob wir es nicht auch ohne zusätzliches Geld schaffen können. Allerdings sind wir heute sehr froh, denn dank der Finanzierungsrunde konnten wir unser Team schnell erweitern und unseren Wettbewerbsvorsprung halten.
VC Magazin: Verbrannte Finger gelten als gute Lehrmeister. Aus welchen schmerzhaften Erfahrungen konnten Sie besonders viel lernen?
Wittek: Eine richtig schmerzhafte Erfahrung musste ich bisher zum Glück noch nicht machen. Was ich allerdings gelernt habe ist, dass viele Personen oder Unternehmen gerne schnell Zusagen machen z.B. für Kooperationen oder Unterstützung, diese aber dann in 90% der Fälle dann im Sand verlaufen. Oft hören wir, dass jemand unglaublich gerne mit uns kooperieren möchte, sobald es dann aber konkret wird oder ein Vertrag erstellt wurde, dann hört man entweder nichts mehr von der anderen Partei oder es wird ein Rückzieher gemacht. Dadurch mussten wir leider lernen, dass wir uns über solche Aussagen zwar freuen, aber erst eigene Anstrengungen bemühen, sobald tatsächlich etwas konkretes wie in Vertrag vorliegt.
VC Magazin: Was sind aus Ihrer Sicht bei den Rahmenbedingungen hierzulande der größte Pluspunkt und das größte Manko für junge Unternehmen?
Wittek: Der größte Pluspunkt für junge Unternehmer in Deutschland sind definitiv die Fördermöglichkeiten wie in unserem Fall das EXIST-Gründerstipendium. Dank des Stipendiums konnten wir direkt nach dem Studium gründen, ohne ein großes finanzielles Risiko einzugehen. Gerade auch das Netzwerk, dass wir uns dank des Stipendiums mit anderen Gründern aufbauen konnten, war uns von großem Wert. So konnten wir uns früh mit anderen Start-ups über Fehlentscheidungen, Probleme und Herausforderungen austauschen.
Eine große Hürde hier in Deutschland ist hingegen leider häufig die Einstellung der Öffentlichkeit und auch der Presse gegenüber der Start-up-Szene in Deutschland. Sobald es um das Thema Gründen geht, wird leider noch viel zu oft auf die USA geblickt. Start-ups aus den USA werden in Deutschland sehr stark gehypt und hervorragende junge Unternehmen aus Deutschland haben es so leider oft sehr schwierig sich auf dem Heimatmarkt gut zu positionieren. Wenn dann die Sprache auf Deutschland kommt, wird dann leider auch noch hauptsächlich von Berlin gesprochen, obwohl auch in anderen Ecken Deutschlands einzigartige und erfolgreiche Unternehmen aufgebaut werden. Sehr oft werden wir so leider mit Sätzen wie „Gibt es in München eigentlich auch eine Start-up-Szene?“ konfrontiert. Oftmals werden wir auch gefragt, ob wir nicht nach Berlin umziehen möchten.
VC Magazin: Gibt es (Internet-)Unternehmer, die Sie als Vorbilder oder Idole sehen?
Wittek: Ich habe kein bestimmtes Idol oder Vorbild. Vielmehr bewundere ich Menschen, die für eine bestimmte Sache brennen und dies auch an andere weitergeben können. Ob das nun ein Internetunternehmer, der Inhaber eines Friseurladens oder ein Umweltschutzaktivist ist, ist dabei egal. Ich bewundere die Begeisterungsfähigkeit die Menschen an den Tag legen können und hoffe, dass ich auch noch in zehn oder 20 Jahren die Kraft habe, mich und andere mit Herz und Seele für ein Thema zu begeistern.
VC Magazin: Welche drei bis fünf Apps für Smartphones sind die wichtigsten Helferlein in Ihrem Alltag?
Wittek: BoxCryptor natürlich, um jederzeit sicher auf meine Daten zuzugreifen. Evernote: Ohne Evernote müsste ich wahrscheinlich hunderte Notizbücher zuhause horten und diese per Hand durchblättern um eine bestimmte Notiz zu einem Thema zu finden. Runtastic: Laufen ist der ideale Ausgleich zur Arbeit und dank dieser App habe ich einen guten Überblick über meine Leistung – oder sehe sofort wenn ich einen schlechten Tag hatte. DB Navigator: da ich meistens die Bahn dem Auto vorziehe, habe ich mit dieser App immer einen Überblick über meine Zugverbindungen.
VC Magazin: Wie sehen die mittelfristigen Planungen für Ihr Start-up und Ihre unternehmerische Zukunft aus?
Wittek: Im Moment arbeiten wir gerade an einer ganz neuen und besseren Version von BoxCryptor, die unseren Nutzern viele neue Features und Funktionen bringen wird. Der Release soll im Laufe der nächsten Monate erfolgen und darauf freuen wir uns alle schon sehr. Des Weiteren möchten wir auch unsere Bekanntheit in den USA steigern. Aktuell kommen zwar bereits schon über 50% unserer Kunden aus dem Ausland, aber gerade die USA ist im Verhältnis zu den potentiellen Nutzern noch deutlich unterrepräsentiert.
VC Magazin: Vielen Dank für das Interview.
Die Fragen stellte Torsten Paßmann.
Zur Gesprächspartnerin
Andrea Wittek gründete im Jahr 2011 gemeinsam mit Robert Freudenreich die Secomba GmbH, welche die cloud-optimierte Verschlüsselungssoftware BoxCryptor (www.boxcryptor.com) entwickelt. Sie hat an der Universität Augsburg Rechts- und Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Unternehmen & Management studiert und ist bei Secomba für die Bereiche Finanzen, Personal sowie Marketing und Vertrieb zuständig. Nebenbei ist sie auch als Trainerin und Coach für den EXIST priME-Cup tätig, bei dem sie Studenten bei der Erstellung von Businessplänen sowie dem professionellen Präsentieren unterstützt.