VC Magazin: Wie ist aus Ihrer Sicht der Venture Capital-Markt in der Schweiz aufgestellt?
Haemmig: Der Schweizer Frühphasenmarkt bleibt leider deutlich unter seinen Möglichkeiten. Es gibt durchaus einige Player, die sich auf Early Stage-Investments konzentrieren, aber wenn es um Anschlussfinanzierungen geht, hapert es meistens. Gerade in der kleinen Schweiz brauchen Investoren ein internationales Netzwerk, um ausländische Investoren auf ihre Portfoliounternehmen aufmerksam zu machen und gemeinsam größere Runden stemmen zu können. Das fehlt den hiesigen Playern leider völlig. Es spricht ja eine deutliche Sprache, dass große, international erfolgreiche Player wie Index Ventures oder Emerald Ventures so gut wie nicht in der Schweiz investieren.
VC Magazin: Worauf führen Sie das zurück?
Haemmig: Investoren und Unternehmer denken hierzulande in allzu kleinen Maßstäben. Das amerikanische „Think Big“ fehlt völlig. Sobald das Wachstum einer Firma an die Sprachgrenzen stößt – und das passiert in der Schweiz sehr schnell –, hört die Expansion in vielen Köpfen bereits auf. Den Investoren fehlt das Netzwerk, und die Unternehmer haben oft nicht ausreichend große Ambitionen, sie geben sich mit einer gewissen Größe sehr schnell zufrieden. Wenn ich manchmal höre, dass Geschäftsführer sich glücklich schätzen, weil sie nach zehn Jahren nun endlich Gewinn machen, bin ich entsetzt! Wachstum findet heutzutage nicht mehr in der Schweiz oder Europa statt, sondern in den Growth Markets wie China oder Indien. Es kommt mir teilweise allerdings so vor, als hätten die Schweizer geradezu Angst davor, diese globalen Wachstumsmärkte anzugehen.
VC Magazin: Welche Maßnahmen könnten die Situation verbessern?
Haemmig: Die hiesigen Venture Capital-Gesellschaften sollten endlich anfangen, internationale Netzwerke zu knüpfen. Ausländische Kapitalgeber müssen bereits in frühen Unternehmensphasen hinzugezogen werden, damit sie den Unternehmen den Weg zu einer raschen Expansion ebnen können. Außerdem mangelt es den Schweizer Wagniskapitalgebern an Kreativität. Sie fokus sieren sich völlig auf das klassische Venture-Finanzierungsmodell. Die Welt hat sich aber verändert, und das verlangt auch den Investoren Innovationen ab. Beispielsweise wurde das Start-up Friendster für 100 Mio. USD an einen strategischen Käufer aus Malaysia weiter verkauft, der dann 18 Patente für 40 Mio. USD an Facebook weiterverkaufte. Auch solche Arten von internationalen Finanzierungslösungen werden immer wichtiger. Ich bin manchmal schon überrascht, wie unkrea tiv die Schweizer Branche vorgeht.