VC Magazin: Und welche Exit-Strategie verfolgen Sie?
Nägler: In diesem Punkt unterscheiden wir uns von anderen Investoren. Wir haben einen sogenannten Evergreen-Fonds, was heißt, dass wir den Fonds nicht nach beispielsweise zehn Jahren schließen müssen, was den Exit-Druck erhöhen würde. Natürlich suchen wir auch gute Exit-Möglichkeiten, haben über unseren Fonds aber die Option, in Unternehmen auch länger investiert zu bleiben. Bei Investitionen, bei denen die technologische Innovation im Mittelpunkt steht, ist die meist genutzte Strategie nach wie vor der Trade Sale. Bei den Later-Stage-Fällen ist es häufig der Kauf durch einen Strategen, ein Secondary Deal oder ein Börsengang.
VC Magazin: Personalisierte Medizin scheint einen immer höheren Stellenwert einzunehmen. Wo steht dieser Bereich heute und wo könnte die Reise hingehen?
Nägler: Der Bereich ist auf jeden Fall wichtig und interessant. Bei fast jedem Drug Development-Projekt und fast jeder Biotech-Firma spielt dieses Thema mittlerweile eine gewisse Rolle: Lässt sich eine Patientenpopulation definieren, die von diesem Präparat besonders profitiert? Gimv war zum Beispiel bei der Plexxikon beteiligt, deren Krebsmedikament Zelboraf nur bei Patienten verwendet wird, deren Tumore eine Mutation im „BRAF“-Gen aufweist. Doch bei Start-ups, welche sich auf die Entwicklung von Companion Diagnostics spezialisiert haben, ist das Geschäftsmodell oft problematisch. Die Frage ist, ob man damit Geld verdienen kann, denn am Ende steht das Medikament im Mittelpunkt und gilt als werthaltiger als das Companion Diagnostic. Gleichzeitig besteht häufig eine Abhängigkeit von den Anbietern diagnostischer Plattformen. Das macht es für diese Unternehmen nicht gerade leicht, ein Erfolg versprechendes Geschäftsmodell zu etablieren.
VC Magazin: Neben Biowissenschaften und Medizintechnik liegt der Fokus von Gimv auch auf Gesundheits- und Pflegediensten. Wie bewerten Sie diesen Bereich aktuell? Und welche Trends zeichnen sich hier ab?
Nägler: Dabei handelt es sich auf jeden Fall um ein wichtiges Segment, schließlich geht es hier um 10 bis 15 Mrd. EUR, die bis 2030 investiert werden müssen, um der steigenden Nachfrage zu begegnen. In Deutschland sind die meisten Pflegeheime noch in öffentlicher oder gemeinnütziger Trägerschaft, und nur 10% gehören zu den großen privaten Ketten. Daher wird der Markt auch künftig sehr dynamisch bleiben. Die Effizienzsteigerung steht dabei im Fokus. Diese kann man aber nur erreichen, wenn man konsolidiert, Best Practices ausweitet und die Auslastung sichert, ohne dass die Qualität darunter leidet. Ein großes Problem ist auf jeden Fall das mangelnde Pflegepersonal.
VC Magazin: Herr Dr. Nägler, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Maximiliane Worch.
Dr. Karl Nägler ist Partner bei der Beteiligungsgesellschaft Gimv.