VC Magazin: Aber von Seiten des BVK kamen auch immer wieder Klagen hinsichtlich der Standortbedingungen in Deutschland…
Hinrichs: Ich sehe eine Benachteiligung beim Thema Umsatzsteuer, weil Private Equity-Fonds in den Nachbarländern umsatzsteuerfrei behandelt werden, aber das liegt beim Bund. Beim Thema AIFM bin ich heute vorsichtig optimistisch. Grundsätzlich glaube ich aber, dass wir in Deutschland die Einstellung gegenüber Beteiligungskapital ändern müssen. Wer eine Gründerrepublik sein möchte, mit innovativen Start-ups und funktionierenden Nachfolgelösungen, der muss auch unsere Finanzierungsform positiv bewerten. Hier sehe ich noch große Defizite. Das Bekenntnis zu Beteiligungskapital fehlt in vielen Wahlprogrammen. Ich finde überall das Bekenntnis zu Gründung und Start-up-Finanzierung, für mich gehört das zusammen. Zum Thema ‚Wie bezahlen wir das?‘ finde ich jedoch wenig. Wir müssen klar formulieren, wie wir einen strukturell schwierigen Markt wie Venture Capital staatlich unterstützen können – und hier meine ich gezielt Anreize für das private Wagniskapital.
VC Magazin: Wenn wir über Private Equity sprechen, reden wir auf der einen Seite über Frühphasenengagements, wie sie z.B. in Biotechunternehmen in Martinsried getätigt werden, und auf der anderen Seite über die Finanzierung von mittelständischen Unternehmen, u.a. in Wachstums- und Nachfolgeprozessen. Wo sehen Sie bei den bayerischen Unternehmen heute den größten Kapitalbedarf?
Pschierer: Ich sehe den größten Bedarf bei den kostenintensiven Gründungen, z.B. im Bereich Biotechnologie. Für die Kapitalgeber sind in dieser frühen Phase die Risiken am höchsten und Erträge kaum vorhanden. Banken stehen einer Finanzierung daher leider meistens ablehnend gegenüber. Hier gibt es aktuell eine Finanzierungslücke, die nur öffentliche Förderbanken oder privates Beteiligungskapital schließen können.
VC Magazin: Wie beurteilen Sie die Offenheit des bayerischen Mittelstands gegenüber Private Equity?
Pschierer: Im Mittelstand gibt es natürlich noch eine gewisse „Herr-im-Haus-Mentalität“, aber bei Nachfolgeregelungen in Familienunternehmen sehe ich Private Equity immer stärker im Fokus. In meinem Stimmkreis beobachte ich Unternehmen, die z. B. von der BayBG eine Minderheitsfinanzierung erhalten haben und sehr glücklich darüber sind, weil sie Herr im Haus bleiben und die Öffentlichkeit nicht informiert ist. Hinzu kommt: Private Equity-Unternehmen stellen ja nicht nur Kapital, sondern auch Netzwerk und Management-Unterstützung zur Verfügung, das darf nicht vergessen werden.
Hinrichs: Ich möchte ergänzen, dass zunehmend Unternehmerverbände auf uns zukommen, weil sie von den Mitgliedern eine verstärkte Nachfrage nach Private Equity verspüren. Dieses Thema gehört zu den großen Herausforderungen der nächsten Jahre.