Hausbesuch bei der Softwareschmiede twentyZen

 

Nun begann die wirklich harte Zeit. Zwei Monate nach Antrag kam die Zusage, das Trio hatte das Gründerstipendium in der Tasche. „Zuvor war alles nur halbernst und man konnte sich auf Alternativen zurückziehen“, erzählt Machleidt. Seine stechend blauen Augen mustern das Gegenüber aufmerksam, mit seiner ruhigen und konzentrierten Art verrät er sofort: Er ist der Entwickler im Team. „Doch als wir das Exist-Stipendium gewonnen hatten, war allen klar: Jetzt gibt es keine Entschuldigungen mehr“, erzählt der 32-jährige. Es begann ein Marathon von Workshops und kontinuierlicher Weiterentwicklung des Prototyps, gleichzeitig mussten weitere Testkunden akquiriert werden. Und natürlich galt es, viele Rückschläge zu bewältigen. Die Technologie hinter webzunder ist hochkomplex, anfangs mussten sich die Informatiker viel anlesen. „Auf eine deprimierende Woche folgte eine, in der alles plötzlich wieder wie von selbst lief, wir mussten also einfach nur durchhalten und weitermachen“, erzählt Machleidt mit festem Blick. Und natürlich schweißt so etwas zusammen. In vielen Bereichen sind Spannaus und Co. mittlerweile Experten. Selbst wenn es mit webzunder nicht klappen sollte, wird das Team auf jeden Fall weiterbestehen, ist er sich sicher.

Die Bedeutung des Plan B

„Das Team ist sowieso das Wichtigste“, sagt Spannaus. In der Anfangsphase 2011, als es darum ging, den ersten Antrag für das Exist-Schild Fleischer 1 kleinStipendium zu stellen, sprang der damalige Geschäftspartner ab. „Die Aussicht auf eine Festanstellung bei einem großen Software-Unternehmen war dann doch zu verlockend, was man ihm nicht verübeln kann“, so Machleidt. Man müsse eben wissen, man will. Und natürlich ist auch bei ihnen nicht geplant, die derzeitige Situation ohne festes Einkommen bis ins Ungewisse fortzusetzen. Wenn sich bis Mitte oder Ende dieses Jahres nichts Passendes in punkto Finanzierung erreichen lässt, scheuen sie sich nicht davor, vorerst nur als Dienstleister für Agenturen aufzutreten. „Es geht um den Cashflow, es wäre idiotisch, keinen Plan B in der Tasche zu haben“, sagt Spannaus. Und so lange müssen alle zusammenhalten.

Start-up-Betrieb à la Mittelstand

Macht das nicht Angst? Wie geht man mit solch schwierigen Lebensverhältnissen um? „Wenn wir nicht so felsenfest an unser Produkt glauben würden, hätten wir schon längst aufgegeben“, sagt Machleidt. Sein Blick sticht, ihm glaubt man das sofort. Der Erfolg gebe ihnen Recht, anfangs hätten ihnen beispielsweise die wenigsten zugetraut, das begehrte Exist-Stipendium zu gewinnen. „Die größte Entschädigung bleibt jedoch immer die Selbstverwirklichung“, so der Jungunternehmer. Auf übertriebenes Turbo-Wachstum legen sie keinen Wert, lieber generisch mit der Nachfrage expandieren. Für die nächsten zwei Jahre rechnen sie mit einem Finanzierungsbedarf von mindestens 600.000 EUR – für die meisten Frühphaseninvestoren schon wieder zu wenig. Für Spannaus liegt die Zurückhaltung auch im Geschäftsmodell begründet, man plane nicht „the next big thing“. „Wir nutzen bestehende Strukturen und wollen sie einer unerfahrenen Zielgruppe näher bringen“ – eben dem Zahnarzt oder dem Friseur, der nicht täglich auf allen Kanälen eingeloggt sein kann. Für andere Geschäftsmodelle mag schnelleres Wachstum und riskoreichere Kalkulierung angemessen sein, aber nicht für webzunder von twentyZen. Start-up-Betrieb à la Mittelstand – es geht auch so.