Evonik-Börsengang: Kohle fürs Wasserabpumpen

Nur ein kleiner Teil des Unternehmens kommt damit an die Börse. RAG und CVC waren einzig deswegen bereit Aktien abzugeben, weil der Konzern mittlerweile mit rund 15 Mrd. EUR bewertet wurde. Vor einem Jahr, als ein IPO-Termin Ende Juni praktisch schon in Stein gemeißelt schien, sackte der investorenseitig geduldete Börsenwert des vermeintlichen Spezialchemieunternehmens auf nur noch 10 bis 12 Mrd. EUR ab, was den Akteuren dann doch zu niedrig schien. Damaliger Mindestbewertungswunsch: 15 bis 20 Mrd. EUR. Und: 5 Mrd. EUR Erlös erhofften sich die Alteigner aus einem Going Public – wie sich die Zeiten ändern. 2012 hätte dies das größte Emissionsvolumen in Europa seit dem Debüt von Glencore (ca. 10 Mrd. EUR) bedeutet, nunmehr wählten die Essener die Sparversion einer Notierungsaufnahme ohne jegliches öffentliches Angebot (IPO).

Mischkonzern mit Basis Ruhrkohle AG (RAG)
Evonik entstand 2007 aus den „weißen“ Aktivitäten der RAG, darunter die Altaktionäre E.on, RWE, ThyssenKrupp und Arcelor Mittal. CVC Capital stieg Mitte 2008 ein und kaufte für 2,4 Mrd. EUR ein Viertel der Anteile und wartet seit nunmehr fünf Jahren auf einen halbwegs profitablen Exit. Auch 2011 schon – sowie 2008 – hätte es ein IPO geben sollen. Ähnlich wie Talanx (Mission accomplished 2012) galt Evonik seit vielen Jahren als Dauer-IPO-Kandidat mit extrem zittriger Hand.

Ewigkeitslasten
Das Essener Unternehmen erzielte mit über 33.000 Mitarbeitern 2012 einen Umsatz von rund 13,6 Mrd. EUR (-6% ggü. Vj.). 2018 läuft die Förderung der Steinkohle endgültig aus, dann müssen die Folgelasten („Ewigkeitslasten der Kohleförderung“) gemanagt sein. Bezahlt werden soll das aus den Mitteln eines Börsengangs bzw. aus Dividenden. Mit anderen Worten: Etwaige IPO-Erlöse wären ohnehin keineswegs in das Unternehmen geflossen, sondern hätten die Abdeckung der Ewigkeitslasten bedienen müssen. Dazu zählt das dauerhafte Abpumpen von Wasser in den ehemaligen Abbaugebieten: Eine attraktive Equity Story sieht womöglich doch leicht anders aus.

Einen Titel hat sich Evonik indes gesichert: Die im Februar/März erfolgte Pre-IPO-Privatplatzierung unter Führung von Skadden Arps war die größte jemals in Deutschland durchgeführte. 12% des Grundkapitals auf besagter Bewertung von 14 Mrd. EUR wurden platziert, Abnehmer war u.a. Singapurs Staatsfonds Temasek (4,6%). Direkt vor der Notierungsaufnahme platzierte Evonik weitere rund 2% seiner Aktien bei ausgewählten Investoren auf Basis von 32,20 EUR. Der Streubesitz liegt damit je nach Auslegung zwischen 2 und 10%. Die Alteigner werden weitere Anteile abgeben müssen, damit Evonik in die Indizes (MDAX / DAX) aufrücken kann, da hier Mindestquoten gefordert sind.

Um sich als reinrassiges Spezialchemieunternehmen aufzuhübschen, will sich Evonik auch seinen Immobilienarm abschneiden, zumindest rechtlich. Den Ballast der Altlastensparte Industrieruße („Carbon Black“) hatte der Mischkonzern schon 2011/12 abgeworfen.

Fazit
Es ist vollbracht! Die Sparvariante mag aus „IPO-Gesichtspunkten“ enttäuschend sein, aber immerhin. Ein Blick auf die letzten großen Börsengänge von z.B. Telefónica Deutschland (o2), Talanx und speziell Kabel Deutschland zeigt: Big is beautiful.

 

Der Autor Falko Bozicevic ist Chefredakteur des GoingPublic Magazins. Lesen Sie weitere Analysen zu aktuellen Emissionen hier.