Rösler im Valley
Bundeswirtschaftsminister Rösler indes setzt seine Bemühungen um die deutsche Start-up-Landschaft fort: Um von der Pike auf zu lernen, wie Start-ups funktionieren, reiste er im Februar zu einer Stippvisite ins Silicon Valley, für Mai ist eine längere Tour durch das Gründermekka geplant. Dann wird auch Florian Nöll wieder dabei sein. Der Vorstand des Bundesverbands Deutsche Startups begleitete Rösler bereits bei der ersten Valley-Tour. „Ich habe den Eindruck, dass der Minister in einer sehr hohen Detailtiefe im Thema steckt“, freut sich Nöll. „Er ist ernsthaft an den Themen interessiert und kam auch bei den mitreisenden Start-ups sehr gut an.“ Doch damit nicht genug: Anfang des Jahres stellte Rösler einen Beirat „Junge Digitale Wirtschaft“ zusammen. 25 Persönlichkeiten aus der Start-up-Landschaft, von Gründern über Investoren bis hin zu Verbandsvertretern, sollen den Minister „aus erster Hand zu aktuellen Fragen der Informations- und Kommunikationswirtschaft, insbesondere zur Entwicklung und zu den Potenzialen der jungen digitalen Wirtschaft und neuer digitaler Technologien in Deutschland sowie zur Schaffung besserer Wachstumsbedingungen von Start-up-Unternehmen“ beraten, wie es anlässlich der konstituierenden Sitzung hieß.
Umdenken in der Politik
Harald Summa, Geschäftsführer von eco – Verband der deutschen Internetwirtschaft, ist in das Gremium berufen worden. Die Einrichtung des Beirats führt er auf ein Umdenken in der Politik zurück: „Der Beitrag, den die Internetwirtschaft innerhalb der deutschen Volkswirtschaft leistet, wurde lange Zeit nicht verstanden. In dieser Legislaturperiode hat sich jedoch ein Wandel vollzogen, der allerdings nicht auf einzelne Personen zurückzuführen ist. Im Bundestag wie in den Ministerien hat man Chancen und Risiken der Branche zunehmend erkannt“, meint Summa. Der erste Arbeitsschritt im Beirat war die Entwicklung einer Liste von Forderungen, die die Branchenvertreter an die Politik stellen.
Verständnis in der Breite fehlt
Die Sorge, dieser Austausch könne mit einem personellen Wechsel im Bundeswirtschaftsministerium nach der Bundestagswahl im September einschlafen, hält Summa für unbegründet: „Die Arbeit des Beirats ist auf Dauer angelegt, zehn Personen sind für einen Zeitraum von zwei Jahren berufen, die anderen für ein Jahr. Dadurch ist klar: Der Beirat ist personenunabhängig und wird in der nächsten Legislaturperiode fortgesetzt.“ Auch Nöll vom Bundesverband Deutsche Startups hält das Interesse Röslers an der Gründer- und Internetszene nicht für eine Wahlkampfshow. „Die Start-up-Branche in Deutschland ist sicherlich zu klein, als dass sie die Wahl in die eine oder andere Richtung beeinflussen könnte“, gibt Nöll zu Bedenken. Wahlkampf hin oder her – es sei positiv, dass die politische Führungsebene das Thema für sich entdeckt habe, „denn dann können sich die anderen politischen Ebenen dem auch nicht mehr verschließen“, betont der Verbandsvorstand. In der Breite sei das Verständnis für die Bedeutung und die Anliegen von jungen Unternehmen nämlich noch nicht besonders ausgeprägt. Im gesamten Bundestag hätte vielleicht eine Handvoll Abgeordneter das Thema verinnerlicht, schätzt Nöll. „Oberflächlich finden alle Start-ups natürlich immer toll. Wenn es aber um konkrete Maßnahmen geht, wendet sich das Blatt. Beispielsweise sprechen viele gerne über eine Kultur der zweiten Chance. Aber Änderungen im Insolvenzrecht will letztlich niemand angehen“, berichtet Nöll von seinen Erfahrungen.
Fazit
Die deutsche Politik hat die Start-ups entdeckt und unternimmt einige ernsthafte Bemühungen, Unternehmensgründern unter die Arme zu greifen. Doch noch herrscht kein breiter politischer Konsens über die Bedeutung von jungen Firmen. Wer es wirklich ernst meint, wird sich nach der Bundestagswahl herausstellen.