Drohende Finanzierungslücke
Deutschland ist im weltweiten Cleantech-Geschäft nach den USA und China der drittwichtigste Standort. Auch für Klaus Lehmann, Senior Investmentmanager beim High-Tech Gründerfonds (HTGF), ergeben sich nach wie vor sehr große Chancen für Start-ups. „Wir sehen bei unserem Dealflow viele interessante Unternehmenskonzepte“, so Lehmann. „Vor vier, fünf Jahren ging es dabei noch vorrangig um die Primärenergieerzeugung mittels neuer Technologien wie Fotovoltaik. Heute sind es eher spezialisierte Technologien wie beispielsweise Smart Grid- und Smart Home-Anwendungen.“ Durch die schnellen Entwicklungszyklen seien Start-ups am ehesten in der Lage, sich nach neuen Gegebenheiten auszurichten. „Wir beobachten, dass Venture Capital-Fonds – auch aus dem Ausland – oft lieber in reifere Unternehmen investieren.“ Es gibt aber auch Investorengruppen, die bereits in früheren Unternehmensstadien aktiv sind: Venture-Gesellschaften, die etwas risikofreudiger sind, dazu Privatinvestoren und auch Corporate-Investoren wie z.B. RWE Innogy, Evonik, T-Venture (Bereich Smart Home) oder auch Dürr (Energiespeicherung), die mittels eigener Fonds oder aus der Bilanz heraus strategische Investitionen tätigen. Der HTGF selbst hat aktuell insgesamt 20 Unternehmen aus dem Bereich Cleantech im Portfolio, 16 davon kamen seit Anfang 2010 dazu. Für Lehmann ist aber nicht zu übersehen, dass es nach der Seed-Phase Herausforderungen bei der Finanzierung gibt, die Investorenszene sei hier nicht so virulent wie z.B. bei Internetfirmen. „Dadurch besteht die Gefahr, dass etliche tolle Technologien in Finanzierungslücken hineingeraten“, befürchtet Lehmann.
Top-Thema Energieeffizienz
Immerhin: Laut VC-Panel der Beratungsgesellschaft FHP wurden auf Venture Capital-Ebene 2012 in Deutschland rund 107 Mio. EUR (Vorjahr: 68 Mio. EUR) in den Bereich Cleantech investiert – mehr als in Biotechnologie oder Internet. Dr. Torsten Wipiejewski, Partner der Beteiligungsgesellschaft VNT Management Oy, sieht den großen Trend ebenfalls ungebrochen. Die derzeitigen Investmenttrends sieht Wipiejewski eher abgekoppelt von politischen Vorgaben wie etwa der Einspeisevergütung. Er nennt die Energieeffizienz mit der Optimierung von Prozessen – um hier erfolgreich zu sein, sollten sich die Investitionskosten aber schon in wenigen Jahren amortisieren. „Bei der LED-Beleuchtung beispielsweise lassen sich die Vorteile, nämlich eine schnelle Amortisation, relativ gut darstellen“, sagt er. VNT Management hat gerade erst Ende Januar 2013 das Final Closing seines aktuellen Cleantech-Fonds „Power Fund III“ bekannt gegeben – mit Commitments in Höhe von 77 Mio. EUR. „Das Fundraising war allerdings schon etwas mühsam, weil doch viele Anleger zurückhaltend sind“, berichtet Wipiejewski.
Mehr Corporate Ventures
„Insgesamt hat Cleantech bei den Geschäftsmodellen, die bei uns präsentiert werden, zugenommen“, sagt Albrecht Deißner, verantwortlich für das Beteiligungsgeschäft der KfW Mittelstandsbank. Bei der Finanzierung von Technologieunternehmen ist die KfW sowohl in der Seed- als auch in der Start-up-Phase als Co-Investor dabei. Bei Cleantech sieht Deißner insbesondere in der Weiterentwicklung bestehender Technologien – z.B. Windkraftanlagen – und in der Energieeinsparung durch optimierte Steuerung großes Potenzial. 2012 ging die KfW Beteiligungen in junge Technologieunternehmen in Höhe von rund 60 Mio. EUR ein, ein Teil davon in Cleantech – Tendenz steigend. Auch für 2013 geht Deißner davon aus, „dass wir mehr in Cleantech investieren“. Letztlich hänge das aber von der Nachfrage der Lead-Investoren und den Unternehmen selbst ab, die ihre Projekte bei der KfW vorstellen. Bei den Lead-Investoren, die bei der Förderbank um eine Co-Finanzierung anfragten, stagniert laut Deißner allerdings die Zahl der klassischen Venture Capital-Gesellschaften, während die der Business Angels und der Corporate Ventures zugenommen habe.