(Kein) Venture Capital für Cleantech-Start-ups

Politik bremst Investoren

Zahlreiche Gründe für die Investitionszurückhaltung gegenüber Cleantech-Unternehmen konnten jüngst im Aprilheft des Magazins Capital wieder nachgelesen werden, doch sie sind schon viel länger allgemein bekannt und gelten international als überall recht ähnlich, nur in Deutschland etwas intensiver in der Ausprägung. Am bedeutendsten stellt sich aus Investorenperspektive die starke Abhängigkeit der Umwelttechnologieunternehmen von der Regulierung in der Energiewirtschaft als Wettbewerbsnachteil gegenüber konventionellen Technologien dar. Viele Venture Capital-Geber sind zwar bereit, Technologie- und Marktrisiken zu übernehmen, nicht jedoch politische oder regulative. So unterbleiben beispielsweise Investitionen in Unternehmen, die Lösungen für Smart Grids entwickeln, da die Anforderungen an solche Produkte zu großen Teilen politisch bestimmt sind. Auch die Kürzung von Einspeisevergütungen (auf Altanlagen) und die völlig unklare Zukunft des Emissionsrechtehandels zählen zu dieser Gruppe von Risiken bei Investitionen in Umwelttechnologieunternehmen, die kaum abschätzbar sind und deshalb gemieden werden.

Finanzierungsprobleme als größte Herausforderung

Aber auch jenseits der politischen Risiken zeigt sich der Cleantech-Sektor als schwieriges Investitionsumfeld. So sorgen auch die Kapitalintensität und die hohen Forschungs- und Entwicklungskosten für spezifische Marktfriktionen und Finanzierungsprobleme. Diese übersteigen insbesondere in Europa, wo Venture Capital-Fonds durchschnittlich kleiner sind als in Amerika, häufig die Größenkriterien für Einzelinvestitionen von VC-Fonds oder machen diese durch den hohen Kapitalbedarf wirtschaftlich unattraktiv. Konsequenterweise nennen zwei von drei Innovatoren in der Cleantech-Industrie Finanzierungsprobleme als Hauptproblem bei der Entwicklung ihres Unternehmens und verweisen zudem darauf, dass vielen Investoren darüber hinaus die Expertise fehlt, um Umwelttechnologien in der notwendigen Tiefe zu bewerten.

Schwierigkeiten bereits in der Frühphase

Die Finanzierungsprobleme des Sektors fangen aber schon sehr viel früher an, wenn in der frühen Wachstumsphase und nachdem der Finanzierungsbedarf die Gründungs- und, gegebenenfalls, Business Angel-Finanzierung überschritten hat das gesuchte Volumen noch zu gering für viele Venture Capital-Investoren ist. Dies wird meist auf Einzelinvestitionen bzw. einen Kapitalbedarf zwischen 150.000 EUR und 5 Mio. EUR beziffert. Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass Finanzierungsprobleme insbesondere bei Unternehmen auftreten, die die Risiko-Rendite-Erwartungen von Venture Capital-Fonds nicht erfüllen. Bei Ablehnungsraten von über 95% ist dies eine bedeutende Größenordnung. Viele Unternehmen beklagen außerdem die Komplexität der Finanzierungsoptionen. Die Finanzierungslücke in der frühen Wachstumsphase ist historisch bekannt. Als „Valley of Death“, ein Begriff, der durch einen Bericht an die amerikanische Umweltbehörde 1994 geprägt wurde, gilt diese Phase zwischen der Produktentwicklung, die meist durch öffentliche Quellen oder Garantien finanziert wird, und der Kommerzialisierung der Innovationen. Die Finanzierungslücken sind hier so groß, weil erforderliche Investitionen die Fördergrenzen überschreiten, für formelle Eigenkapitalgeber jedoch noch zu gering sind. Die Bundesregierung hat die großen Defizite in diesem Bereich inzwischen erkannt und will bei der künftigen Förderung von Cleantech-Forschungsallianzen auf eine angemessene Begleitforschung zu Finanzierungsfragen achten.

Regionale Unterschiede

Offensichtlich ist das Ausmaß der Kapitallücke nicht stabil, sondern schwankt unter anderem mit dem (Industrie-)Fokus der Finanzgeber-/Venture Capital-Branche, der Mittelallokation auf diese Vermögensklasse und nach Regionen. Es gibt auch in Deutschland regionale Unterschiede in der Wagniskapitalverfügbarkeit, und die in großen Städten zentrierten Fondsmanager investieren vorwiegend lokal. Es gibt wohl eine dynamische Interaktion in Form eines Lernprozesses zwischen Innovatoren und Venture Capital-Investoren, die sowohl Angebot als auch Nachfrage stimulieren kann. Die Umwelttechnologiebranche ist in Deutschland durch die vorwiegend kleine und mittelgroße bzw. junge Struktur ihrer Mitgliedsunternehmen besonders von solchen Marktfriktionen betroffen, denn der Lernprozess der Investoren gilt hier als besonders schwierig und langwierig.

Fehlende Exit-Möglichkeiten

Neben den bislang adressierten Risiken, die den Einstieg von befristeten Kapitalgebern infrage stellen, kommt gerade für Deutschland die unsichere Ausstiegsoption hinzu. Nicht nur, dass sich die Situation für Börsengänge selbst für etablierte größere Unternehmen seit Jahren schwierig gestaltet, auch Technologiekonzerne, die als Industriekonsolidierer den Venture Capital-Fonds einen Exit ermöglichen, sucht man hierzulande inzwischen vergeblich, nachdem Bosch, Siemens und Würth ihren Abschied aus der Solarindustrie verkündet haben.

Ausblick

So schwierig die gegenwärtige Situation erscheint, so hell leuchten doch die Zukunftsperspektiven. Endliche Vorkommen fossiler Brennstoffe, der global wachsende Wunsch nach sauberer Luft und die Notwendigkeit, den Prozess der Wohlstandsangleichung zwischen alten und neuen Wirtschaftsmächten energieseitig zu begleiten, zeigen die langfristige Alternativlosigkeit zur Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen. Um den Standort Deutschland als technologisches Zentrum in diesem Bereich zu festigen, gelten als Lösungsansätze insbesondere langfristig stabile Regulierungen, um Risiken für Investoren zu verringern. Da in Deutschland Venture Capital-Fonds durchschnittlich kleiner sind als in Amerika, müssen kapitalintensive Investments in Umwelttechnologieunternehmen durch Syndizierung mehrerer Venture Capital-Fonds ermöglicht werden. Eine bedeutsame Unterstützung kann dabei die Beteiligung des Staates als Co-Investor in PPP-Fonds oder auch in Form von Direktinvestments sein. Die offensichtliche Einsicht in die Notwendigkeit, technologische Innovationsforschung mit finanzwirtschaftlicher Begleitforschung in der politischen Forschungsagenda zu verzahnen, ist jedenfalls ein bemerkenswertes positives Signal, das hoffen lässt.