„In der Medizintechnik brauchen die Dinge etwas Zeit“, gibt CEO Christoph Reschreiter zu. „Deshalb braucht man auch einen Investor, der nicht nach zwei Jahren nervös wird.“ In PP Capital und tecnet haben Reschreiter und sein Mitgründer Bernhard Ronacher so einen Investor gefunden. „Da ist ein gemeinsames Verständnis da“, erklären sie. In zwei Finanzierungsrunden – 2009 und 2011 – erhielt Anagnostics insgesamt 4 Mio. EUR. Hinzu kamen 1 Mio. EUR als Kredit. Das Modell nennt sich in Österreich Double Equity: Sobald Firmengründer eine Equity-Finanzierung erhalten haben, können sie die gleiche Summe als Kredit aufnehmen. Dieser ist über die österreichische Förderbank aws gesichert.
Vom Anwender her gedacht
Bis dahin war es allerdings kein leichter Weg. Für beide ist es das erste eigene Unternehmen. „Am Anfang war es deshalb schwer, die Investoren von uns zu überzeugen. Wir haben uns sehr technologisch präsentiert“, so Reschreiter. „Wenn wir heute noch mal starten würden, täten wir uns schon leichter.“ Ronacher ist Molekularbiologe, Genetiker und Biochemiker – bei Anagnostics nennt man ihn „the brain“. Er war es, der die Idee zu der neuen Technologie hatte. In seiner alten Firma allerdings ließ sie sich aber nicht umsetzen. Denn sein Motto war von Anfang an: Je weniger Anforderungen die Technik an den Anwender stellt, desto besser. Und so gründete er kurzerhand sein eigenes Unternehmen – zusammen mit Christoph Reschreiter, der sich ohnehin gerade beruflich umorientieren wollte. Über den oberösterreichischen Hightech-Inkubator tech2b lernten sich die beiden kennen und gründeten 2006 die Anagnostics GmbH.
Sepsisdiagnostik in Teilen marktreif
Das erste Produkt auf dem Markt war 2011 das Drogenscreening. „Die Arbeit mit den ersten Kunden ist für ein Start-up immer auch eine Lernphase. Deshalb wollten wir mit so einem Nischenprodukt anfangen, bei dem wir noch nicht so viel Konkurrenz haben“, erklärt Reschreiter. Die Kunden: Therapieeinrichtungen, die so mit wenig Aufwand prüfen können, ob der drogenabhängige Patient therapietreu ist. Herzstück von Anagnostics ist allerdings nach wie vor die Sepsisdiagnostik. Das Problem: Es gibt viele Keime, die wegen ihrer geringen Konzentration im Blut schwer nachzuweisen sind. Das gilt gerade zu Beginn der Sepsis. „Unsere Konkurrenz sagt: Wir diagnostizieren schnell. Wir aber sagen: Wir diagnostizieren früh. Denn für den Patienten ist es überlebenswichtig, dass in einem möglichst frühen Stadium diagnostiziert wird. Das schaffen wir mit unserer Technologie.“ Seit Ende 2012 ist der erste Test in der Sepsisdiagnostik marktreif. Damit lässt sich eine breite Palette von Bakterien nachweisen, also die Hauptverursacher einer Sepsis. Der Test auf Pilze wird gerade an Unikliniken erprobt.
Ausblick
Momentan agieren die Unternehmer noch hauptsächlich im deutschsprachigen Raum. „Unsere Vision ist aber, dass unsere Technologie zum internationalen Standard wird.“ Derzeit bereitet sich Anagnostics für die dritte Finanzierungsrunde Ende des Jahres vor. „Wir wollen die Investorenbasis erweitern“, erklärt der 39-Jährige. „Denn wir brauchen jetzt etwa 10 Mio. EUR, um uns in den nächsten dreieinhalb Jahren als europäischer Hersteller etablieren zu können.“ Zweites Ziel: der größte Life Sciences-Markt weltweit, die USA. „Wir knüpfen gerade Kontakte. Allerdings scheint es in den USA zurzeit schwierig zu sein, neue Produkte einzuführen.“ Reschreiter bleibt aber gelassen: „Schauen wir mal“, sagt er. „Man kann nicht alles vorhersehen, das ist ja auch das Schöne.“
Christine Schaller