Neun Fragen an Dr. Lukas Steinbacher von Cleverlize

VC Magazin: Wie kam es zu der Idee für Ihr Start-up?
Steinbacher: Als mein Geschäftspartner An Tran für sich selbst eine Englisch-App zum Lernen programmierte, bekam er umgehend Anfragen für Apps anderer Fachrichtungen, z.B. für Mathe. Darauf hin überlegte er sich, eine Software zu entwickeln, die es jedem ohne Programmierkenntnisse ermöglicht, seine eigene Lehre auf mobile Endgeräte zu bringen. Die Idee für einen ersten Prototypen war geboren. Und jetzt, gut ein Jahr später haben wir unsere Software (SaaS) zur Erstellung mobiler Lerninhalte am Markt, haben unsere Marktplatz-Apps für iOS gelauncht und haben erste zahlende Kunden. Heute sprechen wir auch von der „Demokratisierung mobiler Bildung“.

VC Magazin: Wie haben Sie erste Finanzierung Ihrer Gründungsidee gestemmt und wie verlief die weitere Suche nach Kapital(-gebern)?
Steinbacher: Zu Beginn waren wir selbstfinanziert. Nach etwa einem dreiviertel Jahr haben wir mit Wayra unser erstes externes Investment an Land gezogen. Damit konnten wir unser Basisprodukt launchen und haben erste zahlende Kunden gewonnen.

VC Magazin: Was sprach gegen die Karriere als Angestellter und wie hat sich das Gründerteam zusammengefunden?
Steinbacher: Vor meiner Promotion habe ich bereits fünf Jahre als Berater und Trainer in der Industrie gearbeitet. Der Verlockung, nach meiner Promotion wieder in ein Angestelltenverhältnis mit attraktiven Aufgaben und gutem Lohn einzusteigen, war natürlich groß. Der Wunsch, etwas in Eigenregie und voller Verantwortung mit allen Konsequenzen umzusetzen war aber größer. Auf einer Start-up-Veranstaltung haben mein Geschäftspartner und ich uns dann kennengelernt. Mehrere Treffen folgten dem initialen Erstkontakt „der nicht länger als 30 Sekunden war“. Nachdem wir die Idee von verschiedenen Seiten bewertet haben war für uns klar, die Umsetzung kann beginnen, mit 100% Commitment.

VC Magazin: Wenn Sie auf Ihre bisherigen unternehmerischen Erfahrungen zurückblicken: Welche Entscheidungen würden Sie erneut treffen?
Steinbacher: An Trans Idee von Anfang an offen zu kommunizieren, ansonsten kann dir keiner weiterhelfen. Frühzeitig die Leute mit Prototypen testen lassen, vermeidet Entwicklungsaufwand den später keiner benutzt. Und natürlich die Zusammenarbeit mit meinem Geschäftspartner, An Tran!

VC Magazin: Verbrannte Finger gelten als gute Lehrmeister. Aus welchen schmerzhaften Erfahrungen konnten Sie besonders viel lernen?
Steinbacher: Gründe dort, wo der Bedarf deiner Lösung bereits erkannt wird! Mit Cleverlize haben wir ein Produkt in einem international sehr stark wachsenden Markt (CAGR bis 2020 von 30%, in manchen Regionen sogar 50%). Das Verständnis zum Nutzen von digitalen und vor allem mobilen Lernformen setzt in Deutschland aber erst jetzt nach und nach ein. Dies hat es uns insbesondere zu Beginn sehr erschwert, Investoren vor Ort für unsere Idee und vor allem dessen großes Potenzial zu überzeugen. Die Not machte uns vor gut einem Jahr erfinderisch und wir haben eine Lern-Test-App gelauncht, um Investoren den Bedarf aufzuzeigen. Die Test-App („Practice English Grammar“) hat nun 55.000 aktive Nutzer pro Monat und in Summe 1,7 Mio. Downloads. Wir können also nun anhand eines Beispiels den internationalen Bedarf mobiler Lernlösungen aufzeigen. Obendrein haben wir mit der Test-App ein Cross-Marketing-Vehikel geschaffen, das die Traction auf unserem eigentlichen Marktplatz erhöht.

VC Magazin: Was sind aus Ihrer Sicht bei den Rahmenbedingungen in Deutschland der größte Pluspunkt und das größte Manko für junge Unternehmen?
Steinbacher: Gut finde ich, dass sich die Politik bewegt und die Bedeutung von Start-ups erkennt. So z.B. mit der Möglichkeit, dass 20% des Business Angel-Investments durch den Staat ergänzt werden. Vor allem im Anfangsstadion kann dies das Investmentverhalten sehr gut fördern. Als größtes Manko finde ich, dass in Deutschland sehr risikoscheu investiert wird. Für Start-ups hierzulande, die nicht im unmittelbaren Mainstream tätig sind, ist es deutlich erschwert, mit amerikanischen Startups mitzuhalten.

VC Magazin: Gibt es (Internet-)Unternehmer, die Sie als Vorbilder oder Idole sehen?
Steinbacher: Ich finde die Leistung und den Werdegang u.a. von Bill Gates sowie Mark Zuckerberg sehr spannend. Ansonsten denke ich, jeder Gründer sollte sich auf die Entwicklung seiner eigenen Persönlichkeit fokussieren, den jeder befindet sich in einer individuellen Situation. Vorbilder lenken dabei häufig ab, da versucht wird, Analogien trotz unterschiedlichem Kontext herzustellen.

Welche drei bis fünf Apps für Smartphones sind die wichtigsten Helferlein in Ihrem Alltag?
Steinbacher: Mail, Kalender, Twitter, Facebook und natürlich die Cleverlize-App.

VC Magazin: Wie sehen die mittelfristigen Planungen für Ihr Start-up und Ihre unternehmerische Zukunft aus?
Steinbacher: Aktuell suchen wir nach einem Folgeinvestment von 550.000 EUR. Mittelfristig wollen wir unser Start-up zu einem etablierten Unternehmen im Bildungsbereich ausbauen. Die Demokratisierung mobiltauglicher Bildung ist unser großes Ziel! Lokale Grenzen sind für uns dabei nicht wichtig. Wir denken und agieren bereits heute international, haben einen Großteil internationaler User und unsere Teammitglieder kommen ebenfalls aus den verschiedensten Regionen dieser Welt.

Zum Gesprächspartner:
Der Österreicher Dr. Lukas Steinbacher ist CEO der Cleverlize GmbH (www.cleverlize.com) mit Sitz in München. Nach seinem Studium hat Lukas Steinbacher bei einem Tochterunternehmen eines schwäbischen Automobilherstellers als Berater gearbeitet. Parallel dazu hat er seine Promotion begonnen. Nach Abschluss seiner Promotion wurde Cleverlize gegründet.