Regionale Neuausrichtungen, Auflagen von Kartellämtern oder Liquiditätsprobleme – die Gründe für einen Spin-off sind vielfältig und auch für Investoren reizvoll. Denn häufig handelt es sich bei den betreffenden Konzernteilen um Rohdiamanten, die, einmal geschliffen, den Einstieg in wachsende Märkte und damit hohe Renditen versprechen. Doch müssen im Vorfeld unzählige Details hinterfragt und gelöst werden, selbstverständlich bei laufendem Tagesgeschäft. „Spin-offs sind alles andere als ein triviales Geschäft, die Anforderungen an den Käufer hinsichtlich eines tiefergehenden Geschäftsverständnisses sind sehr hoch“, unterstreicht Florian Meise, Vorstand der Münchener Industriegruppe Adcuram AG. „Wo sind die Schnittstellen für eine erfolgreiche Trennung vom Mutterkonzern? Welche Verbindungen bleiben erhalten? Wie sind die Geschäftschancen des neuen Unternehmens?“ Auch für die Belegschaft brechen bewegte Zeiten an. Da sind Sorgen um Arbeitsplätze und ehemals leitende Angestellte finden sich plötzlich in der Rolle der Geschäftsführung wieder. Da braucht es ein fähiges Management, welches den Spin-off auch als persönliche Herausforderung betrachtet, im positiven Sinn. Denn plötzliche Entscheidungsfreiheiten als Chance zu sehen und nicht vor dem Risiko zurückzuschrecken, ist für mach einen „Neugeschäftsführer“ eine hohe Hürde. Und nicht selten kommt es vor, dass ein Ausgründungsteam schon kurz nach dem Spin-off vor der Scheidung steht.
Mutterkonzerne als Gesellschafter
Nicht immer ist eine Abspaltung vom Mutterkonzern endgültig. „Spin-offs garantieren den Firmen, am Innovationsprozess sowie an der Innovation selber zu partizipieren, sofern die Altgesellschafter weiterhin in einem gewissen Rahmen am Unternehmen beteiligt bleiben“, sagt Dr. Peter Wolff, Geschäftsführer der EnjoyVenture Management GmbH. „Innovationszyklen drehen sich immer schneller, da wollen sich viele Unternehmen den Zugriff auf die Produkte von morgen erhalten, auch wenn sie vorerst nicht zum Kerngeschäft gehören und ihre Marktfähigkeit erst noch unter Beweis stellen müssen“, ergänzt Wolff. Interessenkonflikte zwischen Investor und Altgesellschafter kennt er nicht. „Wir haben eher positive Erfahrungen gemacht.“ Mitunter unterstützen Verbindungen zum Alteigentümer sogar die Außenwirkung eines Spin-off-Unternehmens. Abgesehen von einem seriösen Verkaufspreis müssen darüber hinaus weitere relevante Assets und Schnittstellen zum Alteigentümer identifiziert werden. Was bei der gemeinsamen Nutzung von Betriebskantinen oder Firmenparkplätzen anfängt, setzt sich über unzählige Dienstleistungen, Namens-, Logo- oder Firmenrechte bis hin zu komplexen Patentrechten fort. Je selbstständiger der Konzernbereich schon vor dem Spin-off agieren konnte, desto reibungsloser funktioniert der Spin-off. Doch wenn vormals viele Abteilungen oder Posten mit dem Mutterkonzern oder anderen Tochtergesellschaften verbunden waren, wird es kompliziert. „Nicht immer ist die nötige Zahlentransparenz gegeben“, erklärt Meise die Herausforderung. Manch ein Deal ist an solchen Problemen gescheitert. „Ein Investor muss ein wirksames Zukunftskonzept für das neu entstehende Unternehmen erarbeiten“, betont Meise. Ungelöste Patentfragen beherbergen weitere Stolpersteine. Taugt das Produkt für die Märkte von morgen? Hier gehen technische Analysen und Finanzierungspläne Seite an Seite. Auch Controlling, Marketing oder Vertrieb müssen vielerorts erst neu installiert werden. Dann ist das operative Geschick des Investors gefragt.