VC Magazin: Games sind nach wie vor bei Investoren beliebt. Welche Anforderung stellen Venture Capital-Geber an eine potenzielle Beteiligung?
Reul: Grundsätzlich gibt es viele verschiedene Faktoren, die letztlich eine Entscheidung für oder gegen ein Investment ausmachen. Wir legen besonderen Wert darauf, dass ein ausgereiftes Geschäftsmodell mit entweder einer klaren Strategie zur Monetarisierung existiert oder aber ein Start-up die Bereitschaft zeigt, sie gemeinsam zu erarbeiten. Auch reicht eine gute Idee und ein tragfähiges Geschäftsmodell alleine nicht aus: ein exzellentes und engagiertes Team, ein Prototyp mit nachweisbarer Qualität und ersten Erfolgen (KPIs) sowie eine realistische Planung zum Erreichen des Break-even innerhalb von zwei bis drei Jahren setzen wir voraus.
Lesser: Wir meinen, dass Games noch deutlich beliebter bei Investoren sein könnten. Zu den Anforderungen: Man sollte Erfahrung und einen Track Record haben, ein glaubhaftes Portfolio und Differenzierbarkeit zum Wettbewerb vorweisen können und ein Team mit Kernkompetenzen in allen relevanten Aspekten in der Verwertungskette mitbringen. Natürlich muss das Business Model Sinn machen und einen klaren Pfad zur Profitabilität aufweisen. Dazu gehört auch eine realistische Exit-Route in einem Vier-bis-sechs-Jahres-Zeithorizont.
VC Magazin: Gibt es in hierzulande genug Venture Capital-Geber, die ihren Beteiligungen einen echten Mehrwert bieten, also „Smart Money“ investieren?
Lesser: Es gibt sehr engagierte und smarte Venture Capital-Gesellschaften. Allerdings wenige bis keine im Games-Bereich oder mit Games-Erfahrung. Traditionell liegt der Schwerpunkt in Deutschland in Hightech und Biotech, neuerdings auch in B2C-Internet, Stichwort Berlin. Top-Deals wie Rovio oder Supercell werden von englischen Investoren gemacht. Viele Investoren sehen ihr Engagement in Gaming rein opportunistisch. Ein Binary Bet – wenn’s gut läuft, dann richtig gut. Zudem gibt es für viele Fonds das Thema, dass bestimmte Bereiche Beschränkungen durch die Investoren-LP unterliegen. Daher kann es sein, dass verschiedene Modelle nicht durch klassische Venture Capital-Gesellschaften finanzierbar sind.
Reul: IVentureCapital fährt mit seinem Smart Money sehr gut. Als erfahrene Entrepreneure setzen wir darauf, unsere langjährige Expertise im Online-Geschäft an Start-ups weiterzugeben: unter anderem unterstützen wir in den Bereichen Online-Marketing, User-Generierung, Monetarisierung, Payment, KPI-Analyse und generell Unternehmertum, um erfolgreiche Firmen aufzubauen. Synergieeffekte und den Austausch von Erfahrungen zwischen den Portfoliounternehmen fördern wir ebenfalls gezielt. Alle Spieleentwickler in unserem Portfolio profitieren etwa von der Zusammenarbeit mit dem von uns gegründeten Performance Games Network TrafficCaptain, das bei der User-Generierung unterstützt. Wie andere Venture Capital-Geber hierzulande Investments mit weiterführenden Services unterstützen, können wir nicht beurteilen.
Zu den Gesprächspartnern:
Hendrik Lesser ist Geschäftsführer des 2005 gegründeten Videospiele-Produktionshauses remote control productions mit Sitz in München. Er ist Executive Producer des Entwicklungsstudios Chimera Entertainment, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des G.A.M.E. Bundesverbandes und Board Member der European Games Developer Federation. Michael Reul ist Mitgründer und CEO des Frühphasenfinanzierers iVentureCapital. Der auf die Games-Branche spezialisierte Investor ist u.a. an den Spieleentwicklern Farbflut Entertainment, Infernum, MobileBits, Pro 3 Games und Kamicat sowie an den Spieleportalen Games.de und allvatar.com beteiligt und hat das Games Performance Network TrafficCaptain gegründet.