Die Befürworter des Antrags argumentieren, dass die zunehmende Anzahl von Schutzrechten auf computerimplementierte Erfindungen den Innovationsprozess eher hindert als fördert. Die Parlamentarier streben die Aufnahme einer Klausel im Gesetz an, wonach der patentrechtliche Schutz auf „softwareunterstützbare“ Lehren zu beschränken ist. Solche Lehren sind Fälle, bei denen das Computerprogramm „als austauschbares Äquivalent“ eine mechanische oder elektromechanische Komponente ersetzt. Beispiele sind die softwarebasierte Waschmaschinensteuerung, ein elektromechanisches Programmschaltwerk aus drehbaren Walzen oder die Steuerungsschaltkreise für einzelne Waschprogrammschritte. Software-Lösungen auf dem Gebiet der reinen Datenverarbeitung, der softwarebasierten Wiedergaben von Informationen und der programmgestützten Steuerungsaufgaben dürfen nach der Meinung der Antragsteller ausschließlich urheberrechtlich geschützt werden.
Vorbild Amerika
Dieser Beschluss der deutschen Volksvertretung spiegelt zum Teil die Diskussion in anderen Ländern wider. Das oberste amerikanische Gericht hat zum Beispiel klargestellt, dass eine Software zur Durchführung eines geschäftlichen Prozesses nicht patentfähig sei. Auch das Weiße Haus hat sich vor einigen Wochen mit neuen Verordnungen („Executive Orders“) eingeschaltet. Die Besorgnis der amerikanischen Regierung ist der Einfluss von Firmen, die Schutzrechte aufkaufen, um Patentverletzungsklagen gegen erfolgreiche Software-Firmen einzureichen. Diese Praxis wurde mehrmals in der Vergangenheit als innovationshemmend bezeichnet, obwohl zumindest ein erfahrener Richter die Problematik als „übertrieben” betrachtete. Die Vorschläge aus Nordamerika sehen allerdings kein allgemeines Verbot von Patentschutz für Software vor. Im Gegenteil ist eine Verschärfung der Prüfungspraxis des Patentamts angestrebt sowie Änderungen der Verfahrensregeln vor den amerikanischen Gerichten. Künftig soll die Verliererpartei die Kosten des Rechtsstreits tragen, wie es in Europa üblich ist. Derzeit hat man die absurde Situation, dass es häufig für beklagte Unternehmen günstiger ist, eine Lizenzgebühr an den Patentinhaber zu zahlen, auch wenn das Schutzrecht offensichtlich ungültig ist. Sonst müssen die Unternehmen die immensen Kosten für das Nichtigkeitsverfahren allein tragen.
Problematische Diskussionsgrundlage
Die Diskussion über den Sinn von Patentschutz für Software wird sehr lebhaft und teilweise unsachlich geführt. Bei der Anhörung im Bundestag über das Thema gab es nur einen Vertreter der deutschen Großindustrie und mehrere Vertreter von Verbänden mit Mitgliedern aus dem Mittelstand. Diskutiert wurden mehrere (bekannte) Problemfälle aus der Praxis. Dabei wurde der ursprüngliche Zweck des Patentschutzes, Investition in Technologien zu fördern, gar nicht angesprochen. Die zitierten Studien über den wirtschaftlichen Schaden waren ausschließlich in Amerika geführt worden und haben aufgrund der unterschiedlichen Rechtslage in Europa nur bedingte Relevanz. Solche Studien leiden auch unter der Tatsache, dass nur bekannte Streitfälle vor den Gerichten untersucht worden sind. Weniger als 1% der erteilten Patentrechte werden vor den Patentgerichten erstritten. Die sonstigen Schutzrechte bleiben weitgehend unberührt und werden entweder vom Wettbewerber beachtet oder im Rahmen einer Vereinbarung benutzt. Es ist daher schwierig, aus der kleinen Stichprobe der Klagen allgemeine Schlussfolgerungen zu ziehen.