VC Magazin: Anfang des Jahres haben Sie sich mit 25,1% an Tausendkind.de beteiligt. Welche Investmentstrategie verfolgt G+J und wo liegt der Fokus?
Sugarman: Unsere Minderheitsbeteiligung an Tausendkind.de ist ein gutes Beispiel, wie ein junges Unternehmen uns beim Ausbau von „Communities of Interest“, in diesem Fall „Family“, unterstützen kann, indem es eine zu unserer Kernkompetenz passende Facette beisteuert. Im Bereich „Family“ sind wir damit jetzt sehr gut aufgestellt, schließlich halten wir hier auch eine Beteiligung an Urbia, haben die Marke Eltern und ein europaweites Parenting-Netzwerk zum Austausch der G+J Redaktionen weltweit.
Gleichzeitig ist Tausendkind.de ein gutes Beispiel für unsere Investmentstrategie: Wir müssen nicht von Anfang an mit einer Mehrheitsbeteiligung dabei sein. Durch die Minderheitsbeteiligung lernen wir das Geschäft kennen, lassen den Gründern weiterhin genügend Luft zum Atmen und können so eine ideale Entfaltung des jeweiligen Geschäftsmodells ermöglichen. Später kann man darüber nachdenken, ob eine Aufstockung der Anteile sinnvoll ist. Dieser Ansatz hat sich bei uns bereits mehrfach erfolgreich bewährt.
Wir sehen uns eher in der Rolle eines strategischen Investors. Deshalb beteiligen wir uns auch nicht an Unternehmen im Later Stage-Bereich, sondern investieren aktuell hauptsächlich in B- und C-Runden. Ich möchte aber nicht ausschließen, dass wir in Zukunft über andere Vehikel in früheren Phasen aktiv werden. Hier könnte insbesondere das Thema „Media for Equity“ interessant werden. So haben wir schon bei zwei aktuellen Beteiligungen Werbeflächen in Print, Online und Mobile einfließen lassen. Geografisch liegt unser Schwerpunkt in Europa und China.
VC Magazin: Wie affin sind aus Ihrer Perspektive Jungunternehmen, wenn es um eine Beteiligung durch einen eher „langsam“ geltenden Konzern wie den Ihren geht?
Sugarman: Große Unternehmen sind aufgrund der dahinter stehenden Strukturen und Prozesse ohne Frage langsam. Das ist aber ein ganz natürlicher Vorgang, auch Start-ups werden, so sie erfolgreich sind, mit der Zeit langsamer. Das liegt an der gestiegenen Mitarbeiterzahl, wachsenden Hierarchien, zusätzlichen Geschäftszweigen und einer größer werdenden Produktpalette.
Zur Affinität: Konzerne, die über riesige finanzielle Ressourcen verfügen wie Mircosoft, Apple oder Google laufen bei den Start-ups naturgemäß offene Türen ein. Für alle anderen wird es schon etwas schwieriger. Trotzdem können auch wir uns nicht über einen mangelnden Dealflow beklagen. Das hat mehrere Gründe: Zum einen ist bekannt, dass wir sehr fokussiert in Bereichen unserer zentralen Kernkompetenzen investieren, in denen wir über die notwendige Marktrelevanz verfügen. Die meisten der Mitarbeiter, die bei Gruner + Jahr die digitale Transformation vorantreiben, haben früher selbst in Start-ups Erfahrungen gesammelt. Entsprechend sind ihnen die Unterschiede in den Kulturen und im Management bewusst. Sie wissen, wie wichtig es ist, sich gegenseitig zu ergänzen, ohne dabei die Start-up-Stärken kaputt zu machen. Dass die Führungsriegen von Checfkoch.de oder Tausendkind.de nach wie vor an Bord ihrer Unternehmen sind, ist für uns der Beleg für den Erfolg unserer Vorgehensweise – und gleichzeitig eine schöne Bestätigung unserer Attraktivität als Investor für solche Jungunternehmen!