Private Equity-Industrie in Österreich auf Suche nach sich selbst

„Rechtliche Brennpunkte“ lautete das Tagungsthema am ersten Tag des zweitägigen Branchenkongresses, zu dem die Austrian Private Equity and Venture Capital Association (AVCO, www.avco.at) einmal im Jahr lädt – und es brennt tatsächlich für AIFs in Österreich. Nachdem das AIFM-Gesetz (AIFMG) im Juli nach einer legislativen Hauruck-Aktion verabschiedet worden ist, muss die Branche sich nun kurzfristig auf die veränderten Rahmenbedingungen einstellen. Für einige Player könnte das neue Gesetz sogar das Aus bedeuten: Der Vertrieb von Beteiligungsfonds an Privatanleger wird in Österreich bald nicht mehr erlaubt sein. Andere Punkte wie der EU-Pass für Drittland-Manager oder das Auslaufen der nationalen Private Placement-Regime sind weiterhin ungeklärt. Mag. Elisabeth Lucius (Deloitte Financial Advisory, www.deloittefinancialadvisory.at) und Dr. Andreas Zahradnik (Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte, www.dbj.at) erläuterten die Einzelheiten des AIFMG. In einer Podiumsdiskussion stellte Dipl.-Ing. Ursula Federsel von der FMA die Position der Aufsichtsbehörde dar. Sie zeigte Verständnis für Nachbesserungswünsche der Beteiligungsgesellschaften und forderte die Industrie auf, aktiv Feedback zu geben und den Dialog aufzunehmen.

Einen Blick über den Tellerrand bot Dr. Björn Böckenförde (Zurmont Madison, www.zurmontmadison.ch), der über die Situation in der Schweiz informierte. Ein Update über die Entwicklung der Branche in Deutschland gab Dr. Peter Güllmann (NRW.Bank, www.nrwbank.de). Am zweiten Tag der Konferenz rückte die Frühphasenfinanzierung in den Mittelpunkt: Mit dem Business Angels Institute (www.businessangelinstitute.org) und dem aws Gründerfonds (www.gruenderfonds.awsg.at) präsentierten sich zwei neue Player am Markt. Eine Podiumsdiskussion erörterte die Situation von Gründern im Land und kam zu dem Schluss, dass Start-ups immerhin auf viele öffentliche Förderangebote zurückgreifen können. Allerdings fehlt es weiterhin an kapitalstarken Beteiligungsfonds. Dennoch dürfe sich die Branche nicht um sich selbst drehen, betonte Mag. Oliver Holle (Speedinvest, www.speedinvest.com): „Einige VCs arbeiten hauptsächlich an der Transaktion – sie sollten aber lieber an der Wertschöpfung im Unternehmen arbeiten!“ Auch Dr. Doris Agneter vom Frühphasenfinanzierer tecnet equity (www.tecnet.co.at) wünschte sich „mehr Zeit fürs Portfolio“: „Wir dürfen nicht so viel Zeit mit den Vehikeln verlieren, sondern mehr in die Entwicklung des Portfolios investieren. Der Wunsch nach mehr und größeren Fonds ist nun mal ein frommer Wunsch an das Christkind von über-übermorgen.“ Wie Wertschöpfung im Unternehmen erreicht werden kann, zeigte Mag. Beate Rupp eindrucksvoll: Sie stellte das Investment ihrer Beteiligungsgesellschaft Alpine Equity (www.alpineequity.at) in den Private Label-Produzenten Feintechnik GmbH (www.feintechnik.com) dar.

Fazit:

Die Stimmung der österreichischen Private Equity-Industrie war schon einmal besser. Das AIFMG kam für einige unerwartet und stellt manch einen Player vor Existenzfragen. Es liegt nun an den Beteiligungsgesellschaften selbst, aus der Not eine Tugend zu machen und den Dialog mit der FMA zu suchen, die deutlich Gesprächsbereitschaft signalisiert hat. Einen Lichtblick bietet das Frühphasensegment, dem der aws Gründerfonds neues Leben einhauchen könnte.