Viel Seed-, wenig Wachstumsfinanzierung
Zunehmende Schwierigkeiten für Jungunternehmen sieht Seibold jedoch beim Einwerben von Wachstumsfinanzierungen: „Nach dem Beginn der Finanzkrise 2008 sind die Volumina im Seed- und Series A-Segment einigermaßen stabil geblieben. Die Wachstumsfinanzierungen sind dagegen zwischen 2008 und 2012 um fast 60% zurückgegangen.“ Gerade Ticketgrößen zwischen 5 und 10 Mio. EUR seien bei inländischen Investoren sehr schwer zu bekommen, erklärt der BVK-Vorstand. Dagegen gibt es im Bereich der Seed-Finanzierungen ein breites Angebot. Hier tummeln sich neben Business Angels, Acceleratoren und Inkubatoren eine Vielzahl kleinerer Fonds, die Unternehmen in der frühesten Phase unterstützen. Auch Gründer, die ihre Unternehmen erfolgreich verkauft haben, sind mit vergleichsweise kleinen Fonds in diesem Segment aktiv, wie beispielsweise die Brüder Fabian und Ferry Heilemann, die nach dem Exit von DailyDeal an Google Heilemann Ventures gründeten und sich an Start-ups beteiligen.
Fehlende Exit-Kanäle
Die Zurückhaltung deutscher Investoren bei größeren Volumina rührt von der Tatsache her, dass es noch zu wenig gute Exit-Kanäle gibt, vermutet Dr. Michael Brandkamp, Geschäftsführer des High-Tech Gründerfonds (HTGF). Der Königsweg eines Exits, der Börsengang, ist aktuell in Deutschland fast nicht möglich. Zwar wird der Online-Versender Zalando seit geraumer Zeit als Kandidat gehandelt, doch seit dem IPO des Business-Netzwerks Xing im Jahr 2006 blieben prominente Nachahmer aus. Denn aufgrund der Finanzkrise hat die Zahl der Börsengänge insgesamt stark nachgelassen und vor diesem Hintergrund tun sich junge Technologieunternehmen besonders schwer. „Wir brauchen aber gute IPOs als Leuchttürme für andere Unternehmen und um große europäische Firmen zu schaffen. Ideal wäre eine europäische Börse, die offen ist für junge Technologieunternehmen mit hohem Wachstumspotenzial“, erläutert Brandkamp. Prinzipiell sind in Deutschland mit dem Entry Standart an der Frankfurter Börse die Voraussetzungen für ein IPO eines Wachstumsunternehmens gegeben. Brandkamp könnte sich allerdings auch weitgreifendere Maßnahmen vorstellen, beispielsweise einen eigenen Index, der diese Hightech-Unternehmen abbildet und wieder mehr in den Vordergrund stellt. „Die Bereitschaft der Anleger, in solche Unternehmen zu investieren, scheint unserer Ansicht nach gegeben zu sein, das sieht man auch an den vielen Crowdinvesting-Aktivitäten“, führt er aus.
Trade Sale als Exit-Weg
Der aktuell am häufigsten genutzte Exit-Kanal ist der Verkauf des Unternehmens an einen Konzern. Für Corporates eröffnen diese sogenannten Trade Sales die Möglichkeit, innovative Lösungsansätze und Geschäftsmodelle zu integrieren, ohne sie selbst entwickeln zu müssen. Ein solcher Exit mit einem gewissen Leuchtturmcharakter in diesem Bereich ist der Trade Sale von Novaled an Cheil Industries und Samsung Electronics im August 2013. Das Unternehmen wurde unter anderem von eCapital finanziert. Brandkamp merkt allerdings an, dass es mehr deutsche Wagniskapitalgeber bräuchte, um Projekte dieser Größenordnung bis zum Ende durchzufinanzieren. Bei Novaled sei dies nur mithilfe ausländischer Investoren gelungen.