VC-Magazin: Mit Retailo haben sie innerhalb von drei Jahren den zweiten Exit einer deutschen Beteiligung an einen internationalen strategischen Investor realisiert. Wie offen sind solche Kapitalgeber für deutsche Tech-Start-ups? Aus welchen Branchen kommt die stärkste Nachfrage?
Dr. Krause: Deutschland ist für die Meisten ein sehr spannender Markt. Deutschland ist das wirtschaftliche Schwergewicht in Europa, zusammen mit Großbritannien der wichtigste Internetmarkt und diese Perspektive hat sich natürlich durch die Eurokrise weiter geschärft. Ich selbst kann nur für meinen Bereich sprechen, das heißt Software, Internet und innovative Servicemodelle. Im Prinzip gibt es hier immer wieder zwei Gründe zu kaufen: sich den Zugang zum deutschen Markt zu sichern oder aus technologischen Erwägungen.
VC-Magazin: Sind nach der erfolgreichen Veräußerung von Retailo bereits weitere Exits in ihrem deutschen Portfolio geplant?
Dr. Krause: In meinem Portfolio befindet sich eine Reihe von sehr schnell wachsenden und spannenden Firmen. Einige haben schon jetzt unter Beweise gestellt, dass sie auf dem Weg sind, ihre Branche nachhaltig zu verändern. Teilweise haben sie auch schon eine gewisse kritische Größe erreicht. Das ist natürlich für mögliche Käufer immer interessant.
VC-Magazin: Die zukünftige Bundesregierung kündigt in ihrem Koalitionsvertrag an, die Einführung eines Börsensegments „Markt 2.0“ zu prüfen. Hat eine solche Maßnahme das Potenzial, den schwierigen Exit-Markt zu beleben?
Dr. Krause: Ich würde erst mal hinterfragen, ob der Exit-Markt schwierig ist. Das ist nicht meine Wahrnehmung. Wenn Firmen Umsatz generieren, evtl. schon profitabel sind oder ihre Hausaufgaben gemacht haben, gibt es auch attraktive Kaufangebote. Trotzdem könnte ein neues Segment der Branche als Ganzes helfen. Als Gründer hat man dann eine echte Alternative und ist nicht nur auf einen M&A-Exit fokussiert. Man kann langfristig planen, denn die Frühinvestoren, die ja einen begrenzten Investitionshorizont über ihre Fonds haben, können dann im Rahmen des Börsengangs aussteigen. Auch könnten dadurch M&A-Prozesse beschleunigt werden, denn oft wirkt allein die Ankündigung eines Börsengangs bei potenziellen Käufern Wunder.
VC-Magazin: Gerade größere Finanzierungsrunden lassen sich heute in Deutschland oftmals nur mit internationalen Investoren realisieren. Was müsste sich hierzulande verändern, damit die Start-up-Szene für diese Investoren attraktiver wird.
Dr. Krause: Ich finde sie schon jetzt attraktiv. Gerade in den letzten Jahren finden vermehrt große Finanzierungsrunden mit top internationalen Geldgebern statt. Und mein Bauchgefühl sagt mir, dass das Verhältnis von investiertem Seedkapital zu Late Stage Growth Capital in Deutschland nicht so viel anders ist, als in den USA. Richtig ist allerdings, dass es so gut wie keine deutschen Investoren gibt, die Runden über 20 Mio. EUR, 30 Mio. EUR oder 40 Mio. EUR darstellen können. Das kommt aber sicher noch. Im Vergleich zu den USA sind wir immer noch mindestens noch zwei Investitionsgeneration hinten dran.
VC-Magazin: Wie beurteilen Sie als internationaler Investor das Bewertungsniveau deutscher Start-ups im internationalen Vergleich?
Dr. Krause: Nicht grundsätzlich anders, als auch im Rest von Europa. Allerdings habe ich den Eindruck, dass hierzulande besonders effizient mit dem Geld umgegangen wird und es auch weniger Konkurrenz um die Deals gibt. Spannende Themen bekommen immer Geld, wenn auch oft nur von einem einzigen Interessenten.
VC-Magazin: Vielen Dank für das Interview!
Zum Gesprächspartner:
Dr. Wolfgang Krause ist seit 2008 Partner bei Seventure Partners, einem paneuropäischen Fonds mit Büros in Paris und München. Er ist für die ICT-Beteiligungen im deutschsprachigen Raum verantwortlich. Von 2003 bis 2007 hielt er diverse Führungspositionen in Technologie-Start-ups und war von 1998 bis 2003 bei den Venture Capital-Fonds Telesoft Partners sowie DVC tätig.