VC Magazin: Wie bereitet sich ein Unternehmen auf Shistorms vor, also auf heftige Negativreaktionen in Social Media?
Eicher: Als Erstes sollte ein Unternehmen für optimale interne Kommunikationsabläufe zu Social Media sorgen, insbesondere zwischen Corporate Communication und Marketing. Man sollte klare Social Media-Richtlinien haben. Für ein wirkungsvolles Krisenmanagementsollte man Fragen der Nutzer und mögliche Kritikpunkte identifizieren und z.B. nach dem Ampelprinzip in rot, orange und grün einordnen. Man sollte Antworten thematisch vorbereiten und Abläufe für den Fall eines Shitstorms definieren. Dazu zählen auch Social Media Medientrainings für alle relevanten Unternehmens-Akteure. Ich plädiere dafür, dass alle an der Kommunikation Beteiligten sich regelmäßig Social Media-Tests unterziehen und einen „Online-Führerschein“ machen. Das haben wir bereits für Unternehmen durchgeführt. Hilfreich sind auch Module, die unsachliche Diskussionen wieder versachlichen.
VC Magazin: Was sind solche Module?
Eicher: Das können z.B. Erklärvideos, Infografiken oder Videostellungnahmen sein oder Microsites, um Diskussionen zu bündeln. Man sollte die Multiplikatoren und relevante Umfelder wie z.B. re:publica und andere Social Media Events identifizieren, um die Diskussionen zu kennen und Stellung beziehen zu können. Im Falle eines Shitstorms ist wichtig, dass eine Orchestrierung der Maßnahmen über die verschiedenen Kanäle erfolgt und jeder die Social Media Guidelines kennt. Man sollte an der Diskussion teilnehmen – ob online oder auf Events. Oft muss man sachliche Argumente liefern für Dinge, die in der Community falsch dargestellt werden. Wir haben festgestellt, dass man die Eskalation meist stoppen kann, wenn man mit mindestens 10 bis 15% der Posts aktiv an den Diskussionen teilnimmt. Gegebenenfalls kann man eigene Events kreieren, z.B. Social Media Roundtables oder Videokonferenzen mit vielen Teilnehmern wie z.B. Hangouts bei Google+ etc. Neben einem permanenten Monitoring der Shitstorm-Aktivitäten sollte man Mitarbeitern über das Intranet Infos zum Umgang mit den Themen geben.
VC Magazin: Unternehmen haben bei Social Media auch vor rechtlichen Konsequenzen Angst. Welche rechtlichen Risiken sehen Sie?
Eicher: Hier gibt es mehrere Dimensionen, so z.B. die Haftung für Fremdbeiträge auf eigenen Profilen oder die Haftung, wenn beim Verlinken Vorschaubilder gezeigt werden, oder vermutlich auch eine Haftung im Zuge des Liken/Kommentierens von anderen Beiträgen. Denn juristisch gesehen macht man sich im Augenblick der Kommentierung „den Beitrag zu eigen“. Interessanterweise gibt es auch eine Haftung bei Gewinnspielen, bei denen Inhalte von den Nutzern erzeugt werden. Nutzer sollen z.B. Rezepte hochladen und per Foto zeigen: Oft werden dann Fotos einfach gegoogelt, für die der Nutzer selbst keine Rechte hat, das gilt aber als zu eigen gemachter Content. Hier müssen sich Unternehmen gut vorbereiten z.B. durch AGBs und Teilnahmebedingungen. Grundsätzlich sollten Unternehmen Inhalte erst nach Prüfung aufladen, die Inhalte und Posts der Nutzer kontinuierlich verfolgen und prüfen und gegebenenfalls Inhalte entfernen, wenn sie rechtlich bedenklich sind oder nicht mehr benötigt werden.