Hatz: Haben Sie als Business Angel schon einmal Verlust gemacht?
Reindl: Ja, das ist mir einmal passiert. Daher weiß ich jetzt: Wo das Management nicht funktioniert, verbrennt man sich die Finger. Diese Beteiligung endete in einer Insolvenz – die gar nicht nötig gewesen wäre, denn das Produkt war gut, und der Markt war auch da – aber das Gründerteam war nicht in der Lage das zu handlen. Da gab es einfach kein Gespür für die Bewältigung von Krisen, die übrigens jedes Unternehmen hat. Als Unternehmer muss man einfach einen Instinkt dafür haben, was in der Luft liegt oder was kommt – sowohl im eigenen Unternehmen als auch am Markt. Das gehört für mich zu unternehmerischem Denken und Handeln.
Bei meinem gescheiterten Portfolio-Unternehmen hat außerdem der Beirat nicht auf den Tisch gehauen. Man sollte bei jedem Invest darauf bestehen, dass ein solches Gremium installiert wird und dass man als Business Angel einen Sitz bekommt. So ist man immer über aktuelle Entwicklungen und Probleme informiert. Der Beirat sollte meiner Meinung nach unbedingt aus Unternehmern und nicht aus Juristen und Steuerberatern bestehen. Das beschleunigt meist die Entscheidungsfindung. Ist ein Beirat nicht nur beratend tätig, sondern übernimmt auch eine Kontroll- und Aufsichtsfunktion, haftet er für sein Handeln. In diesem Fall ist es empfehlenswert, dass das Portfolio-Unternehmen für Geschäftsleitung und Beirat eine Rechtsschutzversicherung abschließt. „Die Finger von Anfang an drin lassen!“ ist mein Rat an alle Business Angels.
Hatz: Welche (Charakter-)Eigenschaften muss ein Business Angel mitbringen?
Reindl: Unternehmerische Lebenserfahrung und Marktkenntnis. Im Interesse der zu finanzierenden Unternehmen bringen Business Angel vor allem umfangreiche Lebens- und Unternehmererfahrung – wenn möglich im gleichen Branchensegment – mit. Neben der Freude an der Übernahme von neuen Aufgaben und Verantwortung und einem Interesse an neuen Entwicklungen sollte ein Business Angel insbesondere Spaß daran haben, sich mit den Herausforderungen des jeweiligen Marktes auseinanderzusetzen, da den jungen Unternehmern die ausreichende Markterfahrung häufig fehlt. Die Business Angel-Tätigkeit verlangt auch ein gewisses Maß an Kommunikations- und Vermittlungsfähigkeit, wie es letztlich immer erforderlich ist, wenn mehrere Menschen gemeinsam an einem Projekt arbeiten. Ich finde es wichtig, dass man für „seine“ Start-ups auch Kontakte zu potenziellen Partnern und Kunden macht, um das Unternehmen geschäftlich weiterzubringen. Mein Adressbuch hat auf diese Weise schon häufig den ein oder anderen Euro an Akquisitionskosten erspart, glaube ich.
Hatz: Welche Aufgaben eines Angels machen Ihnen Spaß und welche empfinden Sie als lästig?
Reindl: Wenig erfreulich finde ich, wenn das Management beratungsresistent ist. Das kommt tatsächlich immer wieder vor. Aber wenn ich mit meinem Input etwas bewirken kann, dann macht mir das viel Freude. Denn ich gebe meine Lebenserfahrung als Unternehmer gerne weiter. Wenn die Start-ups mit großem eigenen Engagement zuhören und dann in der Lage sind ihr Business zu treiben, dann ist das die schönste Erfahrung. Daher sollte man vor einem Engagement als Business Angel zu klären, ob das jeweilige Team überhaupt Wert legt auf die Ratschläge eines Angels. Wenn das Team blockiert gibt es nur sehr wenige Möglichkeiten rechtzeitig korrigierend einzugreifen. Es braucht also ein Mindestmaß an Kooperationsbereitschaft und Formbarkeit des Teams.
Wenn sich ein Start-up zu viel Zeit lässt mit der Produktentwicklung und es bis zur Marktreife zu lange dauert, verliert das Team an Begeisterung. Als Business Angel muss man hier rechtzeitig eingreifen und den Markteintritt forcieren. Oder für einen radikalen Neustart sorgen.