Erwerber, sei es Big oder Medium Pharma, wollen keine Gebäude oder Infrastruktur kaufen. Es geht um ein strategisch passendes Wirkstoffprogramm, vielleicht noch eine Pipeline. Das ist, was virtuelle Biotechs bieten können. Die Erfahrung zeigt, dass dabei besonders mit Stoffpatent geschützte NCEs (New Chemical Entities) im Fokus des Interesses stehen. Es sein denn, das Biotech übernimmt auslizensierte Kandidaten wie Arteaus von EliLilly, entwickelt sie erfolgreich bis zum Proof of Concept und hat die Option, das Programm – ausreichend incentiviert – wieder zu übergeben.
Virtuelle Biotechs haben sich bewährt
Noch 2009 wurde in der Fachzeitschrift Nature Biotechnology die Frage gestellt, ob es zu virtuos sei, weitgehend virtuell zu sein. Heute ist diese Frage klar zu beantworten: Start-up-Manager mit guten Projektmananger-Qualitäten, Business Development-Unterstützung – gern durch einen international vernetzten Beirat – und gegebenenfalls regulatorischer Expertise finden eine Servicelandschaft vor, in der es keinen weißen Fleck mehr gibt. Egal ob Orphan, Vet oder Gentherapie – CROs (Contract research organizations), CMOs (Contract Manufacturing Organizations)& Co. haben bereits Programme durch EMA (European Medicines Agency )oder (Fast Track) FDA (US Food Drug Administration) gebracht.
Deutsche Unternehmen im Nachteil
Das muss in Europa derzeit in kleineren Schritten ablaufen als eingangs geschildert. Aber auch kleinere Budgets, solange sie zu werterhöhenden Resultaten führen, sind in virtuellen Biotechs besser und flexibler einzusetzen. Darüber hinaus ergibt sich eine Reihe von Vorteilen, wie beispielsweise die Zusammenarbeit mit hoch spezialisierten CRO/CMO, die Experten sind für das, was gerade benötigt wird. Und obwohl die Programme einfacher abgebrochen werden können, liegt die Herausforderung im virtuellen Konstrukt bei der Ausgestaltung des Vertragswerkes mit den Partnern und der klaren Behandlung entstehender IP. In Deutschland ergibt sich ein weiterer Nachteil: Virtuelle Biotechs mit weitgehend internationalen Partnern fallen durch (fast) alle Förderprogramme, die wenigstens einen Teil des hier eher kleinteiligen Venture Capital-Fundings ergänzen könnten.
Fazit
Lean & Mean in der Kombination Venture Capital und Stratege: Dieser Ansatz kann eine Option sein, um auch in Europa die dramatisch gesunkene Finanzierung von Biotech Start-ups zumindest teilweise zu verbessern. Dafür ist nicht nur das Frühphasen-Engagement bei (Big) Pharma, Diagnostik oder jüngst Chemie gefragt – auch Gründer brauchen eine neue Sichtweise auf die Option, ein zeitlich begrenztes virtuelles Konstrukt in Zusammenarbeit mit einem potenziell übernahmewilligen Strategen voranzutreiben, das möglicherweise nicht die größten Übernahmevolumen verspricht, aber einen interessanten Multiple für alle Beteiligten.