Vor diesem Hintergrund erlangen vermögende und investitionsbereite Privatpersonen (Business Angels) eine deutlich höhere Bedeutung als zuvor. Da diese Investorengruppe meist Beträge zwischen 100.000 EUR und 1 Mio. EUR investiert, bestehen Finanzierungskonsortien mittlerweile nicht mehr nur aus zwei oder drei Partnern und die Abstimmung und Strukturierung des Investments muss nunmehr mithilfe einer deutlich höheren Anzahl von Parteien stattfinden. In einer derartigen Konstellation gibt es auch nicht mehr den klassischen Lead Investor, der den Prozess steuert, sondern die Abstimmungsprozesse sind diffiziler und benötigen somit auch mehr Zeit.
Es entsteht eine neue Rollenverteilung, auf die sich sowohl die noch verbleibenden Venture Capital-Investoren als auch die Business Angels, aber auch das Management rechtzeitig einstellen müssen. Die Diskussionen zur allgemeinen Strukturierung und den Konditionen der Runde laufen vermehrt unter Einbeziehung des Managements des Zielunternehmens, welches wiederum in der Lage sein muss, die Vielzahl an teilweise sehr verschiedenen Einzelinteressen zu berücksichtigen. Das Management muss somit neben den entsprechenden Moderationsqualitäten vor allem auch die zeitlichen Kapazitäten für diese neue Rolle aufbringen.
Um trotz der komplexen Gesellschafterstrukturen weiterhin operativ erfolgreich sein zu können, müssen in so einer Situation strukturelle Instrumente implementiert werden, die dem Management dem Umgang mit der großen Gesellschafterschar erleichtert. Klassische Tools, wie die Einberufung eines Beirats oder Aufsichtsrats und die nicht immer populären Stimmbindungsvereinbarungen, sind unabdingbar. Dennoch wird es immer noch einen erhöhten Investor Relations- und Reporting-Aufwand geben, der durch ein nachvollziehbares Informationsbedürfnis jedes einzelnen Gesellschafters entsteht.
Um diesen zusätzlichen Anforderungen gerecht werden zu können, wird die gerade in Frühphasenunternehmen fast schon ausgestorbene Spezies eines CFO benötigt. Er sollte nicht nur in der Lage sein, Zahlentabellen zu erstellen, sondern auch eine konsistente Finanzierungsstrategie zu entwickeln – wobei ihm dann auch die zeitlichen Kapazitäten verbleiben sollten, diese nachvollziehbar seinen Investoren zu erläutern. Da, wo bisher das leidige Thema der Finanzen und des Reportings immer weiter in den Hintergrund gerückt worden ist und durch externe Berater bzw. durch Teilzeitbeschäftigte bearbeitet wurde, wird es wohl zukünftig verstärkt wieder den klassischen CFO und Investor Relations Manager geben müssen, der zusammen mit dem CEO die Gesellschafter auf dem komplexen und steinigen Weg der Unternehmensentwicklung mitnehmen kann.