Was wird aus Deutschlands Inkubatoren?

In der Start-up-Szene fiel die Reaktion auf die Pressemeldung von Epic Companies nicht gerade positiv aus, die Beschwichtigungsstrategie ob der anstehenden Mitarbeiterentlassungen hat mehr schlecht als recht funktioniert. Zu hoch scheint vielen Marktteilnehmern der Unterschied zwischen tatsächlicher Lage und den Pressestatements. Wie bei den meisten inzwischen geschlossenen Brutkästen nennt auch Epic Companies ein unprofitables Kosten-Nutzen-Verhältnis als Grund für das Zurückschrauben der Inkubatoraktivität. Die Mitarbeiter würden nicht direkt gekündigt, sondern sollen laut Epic-Chef Mato Peric großteils bei den sieben Portfoliounternehmen einsteigen. Fortan will sich Epic Companies ausschließlich auf Investments fokussieren.

Ende der Hochkonjunktur
Mit diesem Sinneswandel ist Perics Unternehmen nicht allein: Schon im Herbst 2013 wurde aus dem Inkubator Team Europe ein Company Builder. Seitdem reduzierte Team Europe die Anzahl der Portfoliounternehmen und initiiert neue Geschäftsmodelle selbst. Wer Anfang Mai 2014 auf die Website von Bevation zugreifen wollte, hatte Pech: Der Inkubator der Bertelsmann Gruppe hatte seine Website offline gestellt und die Aufnahme neuer Portfoliounternehmen wurde gestoppt. Man fragt sich, was dieser Sinneswechsel zu bedeuten hat. Einerseits war 2013 das Jahr des Inkubatoren-Hypes, dementsprechend musste es – wie schon Ende des Vorjahres prognostiziert – wieder zu einer Konsolidierung kommen. Andererseits wurde die gesamte Marktsituation härter: Durch konkurrierende Inkubatoren, Wettbewerb mit Acceleratoren und guten Förderprogrammen für Start-ups. Indem sich viele Gründer mit innovativen Ideen für ein anderes Modell entschieden, verminderte sich für die Inkubatoren die Anzahl der Jungunternehmen, bei denen sie mit hohen Exits ihre Kosten wieder einspielen konnten. Wurden diese allerdings gleich ganz oder teilweise an die Start-ups abgewälzt, so hemmte dies das Wachstum ihrer Schützlinge, was wiederum einen lukrativen Exit erschwert.

Schwimmen gegen den Strom
BHC img 11Der Abkehr vom Inkubationsmodell widersetzt sich aktuell die Bayer AG: Im Frühjahr 2014 beteiligte sich Bayer als erster Investor aus der Pharmabranche am High-Tech Gründerfonds II, nun gründete die Tochter Bayer Healthcare mit dem CoLaborator in Berlin ihren ersten Inkubator in Europa. Schon vor zwei Jahren eröffnete sie in San Francisco einen Brutkasten für Biotech-Start-ups. Laut Prof. Dr. Stefan Jaroch, zuständig für externe Innovationstechnologien und Zusammenschlüsse bei Bayer HealthCare, will Bayer damit Start-ups nun schon in früheren Phasen begleiten. Die Jungunternehmen mieten im Inkubator Labor- und Büroräumlichkeiten, der Added Value des Inkubators liegt nach Ansicht von Jaroch im Standort. Hier würden die Start-ups in unmittelbarer Nähe zur Charité, den Universitäten sowie den Forschungseinrichtungen von Bayer und dadurch in einem attraktiven Forschungsumfeld arbeiten. Weiter führt er aus: „Mit den Experten von Bayer Healthcare können sich die Gründer austauschen und an Weiterbildungs- und Informationsveranstaltungen teilnehmen. Außerdem profitieren die jungen Unternehmen im CoLaborator durch die Gemeinschaft untereinander.“ Den Strategiewechsel vieler deutscher Inkubatoren sieht Jaroch im Life Sciences-Bereich nicht: „Bei Life Sciences geht der Trend eher in eine andere Richtung – in San Francisco beispielweise gibt es einige neue Inkubatoren. Und auch Berlin bietet mit seiner starken Forschungsinfrastruktur und viel Gründergeist ein günstiges Umfeld.“ Ein weiterer Neuzugang ist der main incubator in Frankfurt, über den die Commerzbank Veränderungen in der Bankenbranche mitgestalten will. In dem im Frühjahr 2014 gestarteten Inkubator erhalten junge Fintech-Unternehmen neben Kapital und Infrastruktur Zugang zum Netzwerk der Commerzbank Gruppe – und die Bank schafft sich ein Tor zu einer äußerst lebhaften Szene.

Fazit
Für Inkubatoren scheint es also zurzeit zwei Strategien zu geben: Entweder eine spezifische Zielgruppe zu adressieren, die sehr nahe am Kerngeschäft liegt, oder zu diversifizieren. Von eigenen Ideen bis Fremdkonzepten und reinem Investment bis aktiver Beteiligung erweitert sich das Kompetenzspektrum. Denn betrachtet man die Vorzeigeinkubatoren Rocket Internet und Project A, scheint die Trennlinie zwischen Inkubator und Company Builder sowieso schon zu verschwimmen: So beschreibt sich Rocket Internet auf der Startseite seiner Homepage ganz klar als Inkubator, Project A nennt sich Company Builder.